Landwirtschaft 14.09.2025, 12:15 Uhr

Produziert Weizen seinen Dünger bald selbst?

Durch Genmanipulation gibt die Pflanze eine Chemikalie an den Boden ab, der Bakterien zur Umwandlung von Stickstoff animiert, sodass der Weizen ihn als Nährstoff nutzen kann.

Weizen

Produziert Weizen bald seinen Dünger selbst? Forschenden aus den USA sind auf einem guten Weg dorthin.

Foto: Smarterpix / NewAfrica

Der Weizen der Zukunft produziert seinen Stickstoffdünger selbst, und zwar genauso viel, wie er benötigt. Heute gehen 30 bis 50 Prozent der Nährstoffe, die die Landwirte auf ihre Äcker streuen, durch Auswaschung verloren. Das geht nicht nur zu Lasten des Einkommens. Es belastet auch die Umwelt.

Das Übermaß an Nährstoffen, die in Fließgewässer, Seen und letztlich ins Meer gelangen, lassen Wasserpflanzen so üppig sprießen, dass sie im Extremfall den Sauerstoff im Wasser verbrauchen und für die dort wohnenden Lebewesen nichts mehr übrig bleibt. Ein Teil des überschüssigen Stickstoffs im Boden produziert zudem Lachgas, ein starkes Treibhausgas.

Manipulation mit der „Genschere“

Das Kunststück ist Wissenschaftlern der University of California in Davis mit Hilfe der vor allem in Deutschland verteufelten Gentechnik gelungen. Das Team nutzte die „Genschere“ CRISPR, um Weizenpflanzen dazu zu bringen, mehr als üblich von einer Chemikalie zu erzeugen, die sie ohnehin produziert.

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Diese überschüssige Chemikalie gibt sie über ihre Wurzeln in den Boden ab. Das hilft dort natürlich vorkommenden Bakterien, Stickstoff aus der Luft in eine Form umzuwandeln, die die Weizenpflanzen wiederum für ihr Wachstum nutzen. Das gelingt allerdings nur in gut durchlüfteten Böden.

Durchbruch bei der Ernährungssicherheit?

„In Afrika beispielweise verwenden viele Landwirte keine Düngemittel, weil sie kein Geld dafür haben und die landwirtschaftlichen Betriebe klein sind, nicht größer als sechs bis acht Morgen“, sagt Eduardo Blumwald, Professor am Institut für Pflanzenwissenschaften.

„Stellen Sie sich vor, Sie bauen Weizen an, der die Bakterien im Boden dazu anregt, auf natürliche Weise den Dünger zu produzieren, den die Pflanzen benötigen. Wow! Das könnte der Durchbruch bei der Ernährungssicherheit sein.“

Es fehlt dem Weizen an Wurzelknöllchen

Stickstofffixierende Bakterien produzieren ein Enzym namens Nitrogenase, das als Katalysator bei der Umwandlung von elementarem in bioverfügbaren Stickstoff fungiert. Hülsenfrüchte wie Bohnen und Erbsen haben Wurzelstrukturen, sogenannte Knöllchen, die den stickstofffixierenden Bakterien einen gemütlichen Lebensraum bieten.

Weizen und die meisten anderen Pflanzen haben dagegen keine Wurzelknöllchen. Deshalb müssen Landwirte stickstoffhaltigen Dünger ausstreuen.

Suchaktion in 1800 Chemikalien

Weizen dazu zu bringen, ebenfalls Wurzelknöllchen zu bilden, um die Stickstoffversorgung sicherzustellen, sind immer wieder gescheitert. Um dennoch eine Lösung zu finden, untersuchte das Team 2800 Chemikalien, die die Pflanzen auf natürliche Weise produzieren.

Sie fanden 20, die neben anderen für die Pflanze nützlichen Aufgaben auch Bakterien zur Bildung von Biofilmen anregen. Biofilme sind klebrige Hüllen, die eine Umgebung schaffen, in der Bakterien Stickstoff umwandeln können.

800 Millionen Tonnen Dünger pro Jahr

Blumwald und sein Team manipulierten die Gene des Weizens, sodass dieser mehr Apigenin als üblich produziert, eine dieser Chemikalien. Die Pflanze gibt den Überschuss an den Boden ab, sodass sich Biofilmkäfige bilden, in denen die Nitrogenase den eingeschlossenen Stickstoff umsetzen kann.

Weltweit ist Weizen die zweitwichtigste Getreideart nach Ertrag und hat mit etwa 18 Prozent den größten Anteil am Stickstoffdüngerverbrauch. Laut Zahlen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen wurden allein im Jahr 2020 weltweit mehr als 800 Millionen Tonnen Düngemittel produziert.

Milliarden-Einsparungen sind denkbar

Im Jahr 2023 gaben Landwirte allein in den USA fast 36 Milliarden Dollar für Düngemittel aus. Laut Blumwald wird dort auf fast 500 Millionen Morgen Land Getreide angebaut. „Stellen Sie sich vor, Sie könnten nur zehn Prozent der auf dieser Fläche verwendeten Düngemittelmenge einsparen“, überlegt er.

„Ich rechne konservativ: Das sollte eine Einsparung von mehr als einer Milliarde Dollar pro Jahr bedeuten.“ Voraussetzung ist allerdings, dass das Saatgut für diesen genmanipulierten Weizen nicht überteuert angeboten wird, was allerdings unwahrscheinlich ist. Doch dann profitiert wenigstens noch die Umwelt.

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Ein Beitrag von:

  • Wolfgang Kempkens

    Wolfgang Kempkens studierte an der RWTH Aachen Elektrotechnik und schloss mit dem Diplom ab. Er arbeitete bei einer Tageszeitung und einem Magazin, ehe er sich als freier Journalist etablierte. Er beschäftigt sich vor allem mit Umwelt-, Energie- und Technikthemen.

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