Mit Social-Media-Influencern und RoboRangeln Schüler für MINT begeistern
Wie lassen sich Jugendliche für Ingenieurwissenschaften begeistern? Bei der WGP-Herbsttagung wurden kreative Konzepte ausgezeichnet – von Influencer-Erstis, die den Studienalltag über Social Media vorstellen, bis zu RoboRangeln, das Technik spielerisch erlebbar macht. So soll der MINT-Nachwuchs motiviert und der Ingenieurberuf für junge Menschen spannend gemacht werden.
Die Gewinner des NextGen Engineering Trophy Award präsentieren ihre preisgekrönten Konzepte für den Ingenieur-Nachwuchs.
Foto: Tobias Kaufmann, RWTH Aachen
Wie kann man Jugendliche für Ingenieurwissenschaften begeistern? Diese Frage beschäftigt Bildungseinrichtungen, Unternehmen und Wissenschaftler gleichermaßen – und von den Antworten hängt viel ab: nicht nur der Erfolg zukünftiger Technologien, sondern auch die Innovationskraft ganzer Branchen.
Im Rahmen der diesjährigen Herbsttagung der WGP (Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktionstechnik) wurden erstmals die Gewinner des NextGen Engineering Trophy Award ausgezeichnet. Die WGP hatte Fachschaften deutscher Universitäten aufgerufen, Konzepte einzureichen, die Schülerinnen und Schüler für die Ingenieurwissenschaften – insbesondere den Maschinenbau – interessieren und motivieren.
Die prämierten Ideen zeigen, wie Fachschaften mit innovativen Ansätzen versuchen, junge Menschen für Technik zu begeistern. Die Gewinner wurden von führenden Professorinnen und Professoren der Produktionstechnik gekürt.
„Die Studierenden haben beeindruckende Ergebnisse eingereicht und die Entscheidung fiel nicht leicht“, erklärt Prof. Michael Zäh, Präsident der WGP in einer Pressemitteilung. „Den Wettbewerb haben wir sehr bewusst an Studierende gerichtet, denn sie sind der Lebenswelt der Schulabgänger und -abgängerinnen noch sehr nah. Sie sprechen die Jugendlichen auf Augenhöhe an – und nur so können wir Begeisterung für unsere Fachgebiete wecken.“
Ingenieur-Nachwuchs dringend gesucht
Der Nachwuchsmangel in den Ingenieurwissenschaften ist schon länger bekannt. Bereits im Frühjahr 2023 hatte die WGP in einer Pressemeldung darauf hingewiesen: Über fünf Jahre hinweg war die Zahl der Studienanfängerinnen und -anfänger kontinuierlich zurückgegangen, und für manche Universitätsinstitute nahm der Rückgang dramatische Ausmaße an. Einige Institute haben Schwierigkeiten, ihren aktuellen Betrieb aufrechtzuerhalten.
Michael Zäh betont, dass es dringend nötig sei, wieder mehr junge Menschen für technische Berufe zu begeistern. Er weist darauf hin, dass auch die Industrie auf qualifizierten Nachwuchs angewiesen ist – schließlich hängt der Wohlstand des Landes maßgeblich von einem starken produzierenden Gewerbe ab.
Siegerideen für Ingenieur-Nachwuchs ausgezeichnet
Aus allen eingereichten Konzepten wurden fünf ausgewählt, deren Verfasserinnen und Verfasser zu einem Pitch auf der Herbsttagung in den Räumen der ABB AG in Friedberg eingeladen wurden. Nach jeweils siebenminütigen Präsentationen wählten die Mitglieder der WGP die beiden Siegerteams. Einer der Preise ging an das Konzept der Fachschaft Maschinenbau / Chemieingenieurwesen (Mach/CIW) des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT).
„Viele Schülerinnen und Schüler wissen nicht, dass es den Studiengang Maschinenbau gibt, geschweige denn dass sie wissen, wie vielseitig er ist und welche Entwicklungsmöglichkeiten diese Ausbildung bietet“, erklärten Lorenz Neumann und Emilio Ruiz Quincke, die das Projekt präsentierten.
Influencer für den Ingenieur-Nachwuchs
Um junge Menschen zu erreichen, setzt das Projekt auf die Kanäle, die 16- bis 29-Jährige ohnehin täglich nutzen: Social Media. Influencer spielen dabei eine wichtige Rolle – deshalb entstand die Idee der „Influencer-Erstis“. Sie sollen nicht nur potenzielle Studierende ansprechen, sondern auch deren Freunde und Familie, die ebenfalls Einfluss auf die technikinteressierten Jugendlichen haben.
Aus den Studierenden werden motivierte Kommilitoninnen und Kommilitonen mit Social-Media-Affinität ausgewählt und mit der nötigen Ausrüstung ausgestattet. Als eine Art Corporate Influencer erstellen sie kurze Videos, die den Studienalltag zeigen und den Studiengang auf anschauliche, authentische Weise vorstellen. Dafür bekommen sie Zugang zu Events, Instituten und Forschungseinrichtungen. Das Gewinnerteam betreut die Influencer regelmäßig in wöchentlichen Treffen und hält den Fortschritt im Blick.
Startschuss für Influencer-Erstis im Juli 2026
Die Suche nach potenziellen Influencer-Erstis soll nach Abschluss aller notwendigen Vorbereitungen im Juli 2026 beginnen. Besonders interessant: Sobald alle Unterlagen und Formalien erstellt sind, können alle interessierten Hochschulen das Konzept im Open-Source-Sinne übernehmen und für sich nutzen.
Die Gewinner sind überzeugt, dass die Influencer-Erstis einen echten Unterschied machen können: Sie sehen darin das Potenzial, den Auftritt des Maschinenbaus komplett zu verändern.
Ja, neue Wege, Jugendliche für Technik zu begeistern, führen über die Kanäle, die sie ohnehin täglich nutzen: Social Media. Schon vor einem Jahr hat ingenieur.de das Potenzial von Influencern für MINT-Berufe beleuchtet.
RoboRangeln: Technik zum Mitmachen
Das zweite preisgekrönte Team präsentierte das Projekt RoboRangeln, das bereits 2023 von Studierenden ins Leben gerufen wurde. Dabei entwickeln die Teilnehmenden eigene Roboter und treten in Gruppen gegeneinander an. Die sogenannten Fight Nights finden mittlerweile jährlich statt und werden live auf der Streamingplattform Twitch übertragen.
Michael Ketler und Jonas Schweizer von der Fachschaft Maschinenbau / Mechatronik der TH Ostwestfalen-Lippe (TH OWL), die das Konzept vorstellten, möchten nun auch Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II einbinden. Die regionalen Schulen zeigen großes Interesse, wodurch Jugendliche einen einfachen und praxisnahen Einstieg in Technik erhalten. In Crash-Kursen und Workshops können sie vorgefertigte Roboter-Bausätze zusammensetzen und werden dabei von Studierenden begleitet. Als Preise für die Siegerteams winken Laborführungen an den Universitäten und die Möglichkeit, Hochschulen live zu erleben.
Die Gewinner des NextGen Engineering Trophy denken noch weiter: Die Teamanzahl beim RoboRangeln ist nicht begrenzt, sodass auch andere Hochschulen und Universitäten eingeladen werden können. Ein Austausch mit ähnlichen Projekten in Dortmund oder Wien sei denkbar. Die Kursinhalte lassen sich langfristig für unterschiedliche Altersgruppen und Erfahrungsstufen anpassen und digital über Online-Kurse und Livestreams erweitern. Zudem könnte das Konzept auch auf andere MINT-Themen übertragen werden.
Preisgelder fließen in die Weiterentwicklung
Die Gewinnerteams des Wettbewerbs erhielten jeweils 5000 Euro. Die Siegerehrung fand am Abend desselben Tages im Rahmen eines festlichen Abendessens statt, zu dem alle Teilnehmenden eingeladen waren. Beide Gruppen gaben an, die Preisgelder in die Weiterentwicklung ihrer Konzepte investieren zu wollen.
Um die nachhaltige Wirkung des Wettbewerbs zu sichern, werden die beiden Siegerteams auf der kommenden WGP-Frühjahrstagung Anfang Mai über die Fortschritte ihrer Projekte berichten.
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