Karriereunterbrechung 29.09.2025, 13:30 Uhr

Warum Lücken im Lebenslauf kein Problem mehr sind

Lücken im Lebenslauf werden immer häufiger – Auszeiten sind heute ein normaler Bestandteil der Karriere.

Lebenslauf

Lücken im Lebenslauf lassen sich entweder erklären oder sie sind, was sie sind. Stehen Sie dazu!

Foto: panthermedia.net/stockasso

Lücken im Lebenslauf entstehen meist zeitlich, etwa nach dem Studium oder beim Jobwechsel. Kurzpausen von bis zu zwei Monaten sind normal und müssen nicht erklärt werden. In manchen Fällen können sie sogar vorteilhaft sein, etwa wenn bewusst eine Auszeit genommen wurde, um später eine attraktive Position anzutreten. Solche Erklärungen gehören eher ins Vorstellungsgespräch als in die Unterlagen.

Lücken im Lebenslauf: Vom Makel zur Chance

Karrieren verlaufen heute nur selten geradlinig. Pausen durch Sabbaticals, Familienzeit, berufliche Neuorientierung oder Auslandsaufenthalte gehören für viele dazu. Wer solche Phasen jedoch als Schwäche betrachtet, verpasst Chancen. Zahlen zeigen: Karriereunterbrechungen sind in Deutschland längst normal. Eine Analyse von 1,8 Millionen Lebensläufen ergab, dass 2025 bereits 30 % eine Lücke von mindestens zwölf Monaten aufweisen – 2022 war der Anteil noch deutlich geringer. Auch Unterbrechungen von mehr als sechs Monaten nahmen zu: von 28 % im Jahr 2022 auf 38 % im Jahr 2025.

„Diese Entwicklung beweist: Lücken wirken nicht automatisch abschreckend, wenn Bewerbende offen und ehrlich darstellen, wie sie eine Auszeit genutzt haben“, erklärt Jan-Niklas Hustedt, Geschäftsführer der Sparkassen-Personalberatung.

Bewerbende können im Lebenslauf durch eine kurze Erklärung von Pausen punkten und diese im Gespräch genauer erläutern. Aktivitäten wie Weiterbildung, ehrenamtliches Engagement oder private Verantwortung gelten als Zeichen für Haltung und Lernbereitschaft. Arbeitgeber sähen darin Menschen, die Herausforderungen nicht ausweichen, sondern konstruktiv damit umgehen. Der Recruiting-Experte betonte, dass Lücken nicht verschwiegen werden sollten und dass Menschen mehr seien als Zeugnisse und Nachweise. Gerade ungeradlinige Lebensläufe brächten oft wertvolle Kompetenzen mit – etwa internationale Fachkräfte mit interkulturellem Wissen, Quereinsteiger mit neuen Blickwinkeln oder Rückkehrer nach Krankheit mit besonderer Belastbarkeit.

Wer Bewerbungen zu stark filtere, laufe Gefahr, Talente zu übersehen, die im Gespräch überzeugen könnten. Kompetenz zeige sich häufig nicht allein in Dokumenten, sondern erst im persönlichen Austausch. Kandidaten mit Brüchen im Lebenslauf könnten genau den Perspektivwechsel bieten, den Unternehmen im Fachkräftemangel, in der Digitalisierung und in Transformationsprozessen dringend benötigten.

Eine Auszeit bedeutet nicht automatisch, dass nichts Sinnvolles getan wurde. Krankheit, Neuorientierung oder persönliche Projekte können die Zeit sinnvoll füllen. Problematisch wird es nur, wenn längere Arbeitslosigkeit ohne Erklärung im Lebenslauf steht.

Was vor ein paar Jahren noch verpönt war, ist heute normal: Karriereunterbrechungen werden zunehmend akzeptiert.

Lücken im Lebenslauf nehmen zu: Ein Blick auf den deutschen Arbeitsmarkt

Ein neuer Bericht von LiveCareer Deutschland zeigt, dass Lücken im Lebenslauf inzwischen häufig sind und weiter zunehmen. Der „2025 German Career Gap Report“ basiert auf der Analyse von 1,8 Millionen Lebensläufen aus den Jahren 2022 bis 2025. Untersucht wurden unterschiedliche Arten von Karriereunterbrechungen, Langzeitarbeitslosigkeit, Arbeitsmarktinstabilität und der Rückgang durchgehend stabiler Beschäftigung.
2025 hatten 30 % der deutschen Lebensläufe eine Unterbrechung von 12 Monaten oder länger – ein Anstieg um 8 Prozentpunkte gegenüber 2022. Das entspricht einem Zuwachs von 36 % innerhalb von nur drei Jahren.

Auch kurze Lücken treten häufiger auf

Lücken unter einem Monat kommen nun in mehr als der Hälfte aller Lebensläufe mit Unterbrechungen vor. Das deutet auf häufigere Jobwechsel und kurzfristige Pausen hin.

Längere Pausen von über 6 Monaten steigen

Der Anteil von Arbeitssuchenden mit Lücken von mindestens 6 Monaten stieg von 28 % (2022) auf 38 % (2025 – ebenfalls ein Plus von 36 %).

Lebensläufe ohne Lücken werden seltener

Nur noch 46 % der Bewerber hatten 2025 eine lückenlose Berufslaufbahn – ein Rückgang von 10 Prozentpunkten gegenüber 2022.

Pandemie-Effekte wirken noch nach

Langfristige Unterbrechungen erreichten 2025 einen neuen Höchststand und übertrafen sogar das Niveau von 2024. Die Folgen der COVID-Pandemie prägen damit weiterhin die Karrierewege.

„Karriereunterbrechungen sind heute nichts Ungewöhnliches mehr – sie sind ein fester Bestandteil des heutigen Arbeitsmarktes“, erklärt Jasmine Escalera, Karriereexpertin bei LiveCareer. „Wir beobachten, dass Menschen aus Gründen der Pflege, Umschulung oder aus gesundheitlichen Gründen aus dem Berufsleben ausscheiden. Arbeitgeber müssen aufhören, diese Unterbrechungen als Warnsignale zu betrachten, und Arbeitssuchende sollten sich ermächtigt fühlen, zu ihrer Geschichte zu stehen.“

Lücken im Lebenslauf richtig nutzen

Für Arbeitssuchende gilt: Lücken im Lebenslauf sollten nicht versteckt werden. Es ist besser, offen zu erläutern, was in dieser Zeit gelernt oder erreicht wurde. Dabei können auch Fähigkeiten betont werden, die während der Auszeit erworben wurden – von Pflegeaufgaben und freiberuflicher Tätigkeit bis zu Weiterbildungen oder ehrenamtlichen Engagements. Wichtig ist, die Auszeit als bewusste, strategische Entscheidung darzustellen, nicht als Rückschlag.

Für Arbeitgeber bedeutet das: Angesichts der Tatsache, dass weniger als die Hälfte der Arbeitssuchenden durchgehend beschäftigt war, lohnt es sich, veraltete Auswahlkriterien zu überdenken. Der Fokus sollte auf den erworbenen Fähigkeiten liegen. Lücken im Lebenslauf können Belastbarkeit, Anpassungsfähigkeit und Lernbereitschaft zeigen, statt Schwäche. Durch angepasste Erwartungen lässt sich der Zugang zu Talenten aus vielfältigen und nicht-traditionellen Karrierewegen erweitern.

Umgang mit Lücken im Lebenslauf

Formulierungen im Lebenslauf können individuell gestaltet werden, sollten aber glaubwürdig bleiben. Fähigkeiten oder Erfahrungen, die während einer Auszeit erworben wurden, können angegeben werden, auch ohne Zertifikat. Beispiele sind Praktika, ehrenamtliche Tätigkeiten oder ein Online-Kurs, die Kompetenzen wie Organisation, Projektmanagement oder Fachwissen fördern:

Beispiel: Freiwilligenprojekt / Organisation von Events

Verschleierungstaktiken oder das Aufteilen längerer Lücken in mehrere kleine Zeiträume wirken unseriös. Eine durchgehende Phase von sechs Monaten Arbeitssuche sollte als solche angegeben werden, statt sie aufzuteilen in verschiedene Etappen. Personalverantwortliche erkennen sonst sofort, dass versucht wurde, eine Lücke kleinzureden.

Gründe für Auszeiten im Lebenslauf

Berufliche Pausen können viele Ursachen haben, die völlig legitim sind. Häufige Beispiele sind Elternzeit, Pflege von Angehörigen oder gesundheitliche Probleme. Dabei muss nicht die genaue Diagnose angegeben werden; entscheidend ist, dass man einsatzbereit ist, sofern die Erkrankung abgeschlossen ist.

Auch das Scheitern eines Plans, etwa der Wechsel eines Studienplatzes oder eine längere Arbeitssuche wegen beruflicher Neuorientierung, kann offen genannt werden. Personalverantwortliche schätzen einen ehrlichen, selbstbewussten Umgang mit schwierigen Lebensphasen.
Für Selbstständige, die wieder in eine Festanstellung wechseln, gilt: Die Selbstständigkeit zählt nicht als Lücke. Im Anschreiben sollte der Wechsel jedoch positiv erklärt werden, zum Beispiel durch den Wunsch nach Teamarbeit oder größeren Projekten.

Ein Beitrag von:

  • Alexandra Ilina

    Alexandra Ilina ist Diplom-Journalistin (TU-Dortmund) und Diplom-Übersetzerin (SHU Smolensk) mit mehr als 20 Jahren Berufserfahrung im Journalismus, in der Kommunikation und im digitalen Content-Management. Sie schreibt über Karriere und Technik.

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