Austauschbare Bewerbungen 18.07.2025, 08:30 Uhr

So kann KI Ihre Bewerbungschancen im Jobmarkt ruinieren

Der Einsatz von künstlicher Intelligenz in Bewerbungen führt häufig zu austauschbaren Texten und einer Flut an Bewerbungen. Dies erschwert die Auswahl für Personalverantwortliche und mindert die Individualität und Glaubwürdigkeit der Unterlagen.

KI-Bewerbungen

Warum KI-generierte Bewerbungen Ihre Chancen auf ein Vorstellungsgespräch mindern.

Foto: PantherMedia / belchonock

Wenn künstliche Intelligenz Bewerbungsunterlagen generiert oder optimiert, entsteht schnell ein großes Problem: Alle Bewerbungen wirken gleich. Die Anschreiben klingen wie kopiert, die Formulierungen sind austauschbar, und die Profile scheinen alle „perfekt“ zu sein – mit den richtigen Schlüsselqualifikationen, der passenden Berufserfahrung und einem fehlerfreien Aufbau. Für Personalverantwortliche stellt sich dann die Frage: Wen soll man auswählen, wenn alle Bewerber*innen auf dem Papier identisch erscheinen? Die KI hat die Unterlagen so glattgebügelt, dass keine Ecken und Kanten mehr sichtbar sind – also genau das, was Persönlichkeit und Authentizität ausmacht. Statt einer echten Auswahl bleibt oft nur die Option, möglichst viele einzuladen – was Zeit, Ressourcen und Geld kostet, ohne dabei eine gezielte Vorauswahl treffen zu können.

Mehr Schaden als Nutzen

Der unkritische Einsatz von KI in Bewerbungen kann somit mehr schaden als nutzen und die Chancen auf eine Einladung zum Vorstellungsgespräch erheblich mindern.

Auf Reddit entfaltete sich eine kritische Diskussion über die Auswirkungen von KI auf den Arbeitsmarkt und den Bewerbungsprozess. Nutzer beklagten, dass KI-optimierte Bewerbungen den Wettbewerb massiv verschärft hätten. Während früher bereits hunderte Bewerbungen nötig waren, würden heute tausende verschickt – oft ohne Erfolg. Lebensläufe sähen durch KI mittlerweile so professionell und glatt aus, dass kaum noch zwischen Berufseinsteigern und erfahrenen Fachkräften unterschieden werden könne. Statt echter Inhalte dominierten Buzzwords und Schlagworte.

Die Folge: Personaler*innen seien zunehmend überfordert und würden, wenn alle Bewerbungen gleich wirken, unbewusst auf diskriminierende Kriterien wie Geschlecht, Herkunft oder soziale Schicht zurückgreifen. Viele Kommentierende äußerten Frust und das Gefühl, dass der gesamte Prozess entmenschlicht und unfair geworden sei. Trotz der eigenen Nutzung von KI sprachen sich einige für strengere Regulierung aus – aus Sorge, dass KI in ihrer jetzigen Form langfristig Jobs vernichte statt zu erleichtern.

Ein weiterer Kommentar auf Reddit beleuchtet die problematische Rolle von KI auf Arbeitgeberseite. So berichtet ein Nutzer, dass bei seinem Unternehmen Bewerbungen automatisiert von einem Bot nach der Anzahl passender Schlagworte gefiltert werden. Wer nicht genug davon verwendet, wird aussortiert – unabhängig von tatsächlicher Qualifikation oder Erfahrung. Mehrere exzellent geeignete Bewerberinnen hätten dadurch sofort eine Absage erhalten. Stattdessen kämen häufig unerfahrene junge Leute zum Zug, deren Lebensläufe zwar oberflächlich passen, aber kaum echte Kompetenzen nachweisen – schlicht, weil sie KI genutzt haben, um gezielt Schlüsselbegriffe in ihre Unterlagen einzubauen.

Der Frust ist groß: Laut dem Nutzer verschlechtert das nicht nur den Auswahlprozess, sondern auch die Qualität der eingestellten Mitarbeiterinnen. Auch andere Kommentare äußern ähnliche Kritik: KI-basierte Auswahlverfahren bevorzugen algorithmisch „optimierte“ Lebensläufe statt tatsächlicher Eignung – mit negativen Folgen für Bewerbende und Unternehmen gleichermaßen.

Nachteile von KI in Bewerbungen

Verlust der Individualität

Ein großes Problem beim Einsatz von KI in Bewerbungen ist, dass die persönliche Note verloren geht. Klar, die Texte klingen auf den ersten Blick professionell und fehlerfrei – aber eben auch irgendwie alle gleich. Viele Anschreiben lesen sich wie aus dem gleichen Baukasten: gleiche Struktur, gleiche Phrasen, gleiche Schlagworte. Da ist kaum noch zu erkennen, wer eigentlich dahintersteckt. Die eigene Motivation oder Persönlichkeit geht dabei schnell unter. Statt einem echten Eindruck vom Menschen bekommt man einen glattgebügelten Standardtext – sauber, aber völlig austauschbar. Und genau das bleibt dann auch nicht hängen.

Fehlerhafte oder unpassende Inhalte

Ein weiteres Problem: Der Inhalt stimmt oft einfach nicht. KI klingt zwar schlau, aber sie versteht nicht immer, was wirklich gemeint ist – und schon schleichen sich übertriebene oder sogar falsche Angaben ein. Plötzlich hat man angeblich fünf Jahre Projektleitung auf dem Buckel, obwohl man eigentlich nur ein Uni-Projekt betreut hat. Auch die Wortwahl ist nicht immer passend: Manche Formulierungen wirken zu aufgesetzt oder passen einfach nicht zum Job oder zur Branche. Besonders heikel wird’s, wenn KI kulturelle Unterschiede nicht beachtet – dann kann ein scheinbar harmloser Ausdruck schnell danebenliegen. All das wirkt nicht nur unpassend, sondern kratzt auch ordentlich an der Glaubwürdigkeit.

Erkennbarkeit für Personaler

Viele Personaler merken mittlerweile ziemlich schnell, wenn ein Anschreiben von einer KI stammt. Es sind oft die gleichen glattgebügelten Phrasen, kein echter Bezug zur Stelle und alles klingt ein bisschen zu perfekt – aber auch zu leer. Da fehlt das Persönliche, das, was hängen bleibt. Wer so einen Text einfach übernimmt, ohne ihn anzupassen, wirkt schnell desinteressiert oder bequem – so, als hätte man sich keine Mühe gemacht. Und das kommt natürlich nicht gut an. Die Folge: Man wird nicht ernst genommen – und die Einladung zum Vorstellungsgespräch bleibt aus.

Fehlende persönliche Auseinandersetzung mit dem Job

Wenn man seine Bewerbung einfach von der KI schreiben lässt, merkt man oft: Da fehlt was – nämlich echtes Interesse. Statt klarer Motivation oder einem Bezug zum Unternehmen steht im Anschreiben meist nur das Übliche, das auf so ziemlich jede Stelle passen könnte. Für Personaler sieht das dann so aus, als hätte sich der Bewerber kaum mit dem Job beschäftigt. Klar, der Text ist sprachlich sauber und gut aufgebaut – aber eben auch ziemlich oberflächlich. Und das reicht heutzutage nicht mehr, um wirklich zu überzeugen.

Mehr Konkurrenz durch KI

Ein weiterer Punkt, der oft übersehen wird: Durch KI lassen sich Bewerbungen heute viel schneller und in größerer Zahl erstellen als noch vor ein paar Jahren. Viele bewerben sich deshalb auf deutlich mehr Stellen gleichzeitig – was zu einer echten Bewerberflut führt. Auch bei ingenieur.de wurde schon darüber berichtet: Mehr Bewerbungen bedeuten für Personalverantwortliche weniger Zeit, um sich intensiv mit jeder einzelnen auseinanderzusetzen. Die Folge? Jede Bewerbung wird nur kurz überflogen, und die Chance, wirklich aufzufallen, sinkt.

KI und Mensch als Team

Das heißt aber längst nicht, dass KI in Bewerbungen ein absolutes No-Go ist. Wie in vielen anderen Bereichen im Arbeitsleben sollte sie auch hier als Unterstützung – nicht als Ersatz – verstanden werden. Ein von der KI erstelltes Anschreiben kann ein guter Anfang sein, aber eben nicht das fertige Produkt. Wichtig ist: genau hinschauen, prüfen, nachjustieren. Passt das wirklich zu mir? Ist das glaubwürdig? Stehe ich als Mensch hinter dem, was da steht? Nur wenn man am Ende sagen kann: „Ja, das bin ich – so will ich mich zeigen“, wird aus der KI kein Hindernis, sondern ein wertvolles Hilfsmittel. Im besten Fall arbeiten Mensch und Maschine als Team – und das kann richtig stark sein.

Ein Beitrag von:

  • Alexandra Ilina

    Alexandra Ilina ist Diplom-Journalistin (TU-Dortmund) und Diplom-Übersetzerin (SHU Smolensk) mit mehr als 20 Jahren Berufserfahrung im Journalismus, in der Kommunikation und im digitalen Content-Management. Sie schreibt über Karriere und Technik.

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