Zum Archiv
Editorial der Ausgabe 7/8-2025 19.08.2025, 10:00 Uhr

E-Norm: Prüfverfahren und Perspektiven für die Elektromobilität

E-Mobilität: für viele ein „Buzzword“, für manche eine Modeerscheinung – und dennoch bei Weitem nichts Neues. Gilt das „Flocken-Modell“ von 1888 gemeinhin als das erste Elektroauto, reichen die Ursprünge des elektrischen Antriebs schon rund 200 Jahre zurück. Neu ist allerdings der Anlauf, den die E-Mobilität nimmt: Beim zweiten Mal soll sie sich endlich durchsetzen und ihr Potenzial voll entfalten. Es gibt einige realistische Anwendungsbereiche, und selbst dort, wo sie einst als fehl am Platz galt, eröffnen sich inzwischen ungeahnte Möglichkeiten: im Schwerlastverkehr, in der Luftfahrt, zu Wasser. Der Schlüssel dazu liegt in neuen Technologien – sowohl bei den einzelnen Komponenten wie der Batterie, der Brennstoffzelle und dem Elektromotor als auch bei deren jeweiliger Produktion.

WT - Werkstattstechnik online/01-02/2024/WT-Online_01-02_2024

Neue Zellchemien können die Batterie der Zukunft leistungsfähiger, langlebiger und frei von kritischen Rohstoffen machen, was Europa zur Unabhängigkeit vom asiatischen Markt und zum Aufbau einer eigenen Wertschöpfungskette verhelfen kann. Neue Prozesstechnologien bereiten bislang hoch­gradig energieintensiven Verfahrensschritten ein Ende und machen die Produktion von Batterien, Brennstoffzellen und Elektrolyseuren konkurrenzfähig. Neue Recycling-Methoden erlauben eine effiziente, umfassende Rückgewinnung wertvoller Ressourcen und damit die Etablierung einer tatsächlichen Kreislaufwirtschaft. Neue Designs und Verarbeitungstechniken führen zu einer kompakteren Bauweise elektrischer Antriebe.

Also alle Probleme gelöst? Leider nein, denn die vielversprechendsten Innovationen sind reine Makulatur, wenn sie sich nicht zügig im Industriemaßstab umsetzen lassen. Hinzu kommt, dass der Hochlauf der deutschen und europäischen Batterie-­Industrie massiv ins Stocken geraten ist. Die Skalierung anzugehen, noch bevor die wichtigsten Lernprozesse durchlaufen wurden, ist die falsche Herangehensweise. Das Innovationstempo ist derweil nach wie vor hoch – was erfreulich ist. Doch neue Produkte und Produktionsprozesse erfordern neue Testverfahren für die Serienfertigung und den Massenmarkt. Wo bisher erfolgreich nach „Schema F“ geprüft wurde, fehlt geeignetes Know-how und Equipment. So üben produktspezifische Herstellungsprozesse zum Beispiel Belastungen auf das jeweilige Material aus, die die klassischen Tests nicht berücksichtigen können, und jahrzehntelang bewährte Prüfverfahren sind nicht mehr groß genug dimensioniert. Kurzum: Es müssen neue, zeitgemäße Kapazitäten geschaffen werden.

Die Forschung geht dabei mit gutem Beispiel voran, denn die Zeit drängt. Batterie, Brennstoffzelle, Elektromotor: Die Nachfrage steigt in allen Bereichen. Gleichzeitig werden die technischen und finanziellen Anforderungen immer komplexer, was einen enormen Druck auf die Entwicklung sämtlicher Komponenten der E-Mobilität ausübt. Deshalb wirft die aktuelle wt Werkstattstechnik-Ausgabe einen umfassenden Blick auf technische Errungenschaften und Herausforderungen in der Elektrofahrzeugproduktion – und auf die Bedeutung des Testings.

Ich wünsche Ihnen eine erhellende Lektüre!

Von A. Kampker

Univ.-Prof.Dr.-Ing. Achim Kampker
Gründer und Leiter des Lehrstuhls „Production Engineering of E-Mobility Components“ (PEM) der RWTH Aachen. Foto: PEM RWTH Aachen | projektelf

Top 5