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Nachhaltigkeit fördern 24.04.2024, 08:42 Uhr

Stahlschrott wird zu Green Steel

Schrott ist für die Stahlindustrie inzwischen der wichtigste Rohstoff. Auch die Beziehung zu qualifizierten Schrotthändlern wird auf eine neue Stufe gehoben: Sie gelten mittlerweile als Systempartner der Stahlhersteller. Und in Kürze wird sich sogar der „Digitale Zwilling“ des Schrotts etablieren.

Die Stahlproduktion aus  vorsortiertem Schrott  ist deutlich ökologischer als aus neuem Material. Ein digitaler Zwilling soll helfen, die Schrottqualität künftig besser einzuschätzen. Foto: Swiss Steel Group

Die Stahlproduktion aus vorsortiertem Schrott ist deutlich ökologischer als aus neuem Material. Ein digitaler Zwilling soll helfen, die Schrottqualität künftig besser einzuschätzen.

Foto: Swiss Steel Group

Die Stahlproduktion aus präzise vorsortiertem Schrott benötigt deutlich weniger Energie und erzeugt obendrein weniger CO2 als die Stahlerzeugung aus Eisenerz und Legierungsmetallen. Und: Je besser die Schrottqualität, desto besser und ökologischer ist der daraus gewonnene Stahl. Das ist eine wichtige Voraussetzung für die Produktion von „Green Steel“.

Schrott ist schon lange kein Abfall mehr

Pro Jahr verarbeitet die Swiss Steel Group mit Sitz in Luzern/Emmenbrücke in ihren Werken über 2,2 Millionen Tonnen Schrott. Damit ist sie nicht nur eines der größten Recycling-Unternehmen Europas, sie ist auch das größte Stahlunternehmen Europas, das ausschließlich auf der „Lichtbogenofen-Route“ produziert. Um hohe Qualitäten produzieren zu können, wird „Neuschrott“ benötigt – sortenreines Verschnitt-Material. Es stammt aus der Metallverarbeitung und die Legierungszusätze sind genau bekannt. Damit lässt sich die Zusammensetzung des daraus erschmolzenen neuen Stahls grammgenau steuern. So entstehen die Voraussetzungen für die Produktion neuer Qualitätsprodukte aus hochwertigem Stahl.

Der Werkstoff Stahl ist das wohl am besten und häufigsten recycelte Material weltweit. Schrott ist deshalb schon längst kein Abfall mehr, sondern ein gesuchter und teurer Rohstoff. Schrott durch ganz Europa zu transportieren, ist umweltbelastend und wenig effizient. Daher spielen wegen der kurzen Transportwege Stahlwerke mit einer starken lokalen Präsenz, wie jene der Swiss Steel Group, eine entscheidende Rolle bei der Etablierung regionaler Kreislaufwirtschaften. In Deutschland, Frankreich und der Schweiz stammt der Schrott für die Stahlwerke der Gruppe zu einem Großteil aus einem überschaubaren Umkreis von 90 bis 100 Kilometern.

Die Zusammenarbeit mit den Schrotthändlern ist entscheidend. Früher „feilschte“ man nur um den Preis pro Tonne. Aber heute sind Schrotthändler Systemdienstleister, die für Qualität und Pünktlichkeit bezahlt werden. Inzwischen gibt es ein fünfstufiges Prozessreifegrad-Modell, das zu immer besserer Qualität des Schrotts führen soll.

Schrotthändler als „Big Data“-Dienstleister

Mittlerweile sind aber Schrotthändler nicht mehr nur Zwischenhändler, sondern wichtige, vollintegrierte Systempartner der Stahlindustrie. So arbeitet das Schweizer Swiss Steel Group-Werk zusammen mit Schrottlieferanten und mehreren Universitäten an einem System, das einen digitalen Zwilling des ankommenden Schrotts erstellen wird. Das Projekt wird von seiner Bedeutung her sehr hoch eingestuft und durch die Schweizer Regierung gefördert. Es ist ein „Big Data“-Projekt, mit dem das Stahlwerk bereits im Voraus erkennt, welche Art von Schrott geliefert wird. So lassen sich die Anlieferung, die Produktion und letztendlich vor allem die Qualität des Stahls effizienter und effektiver gestalten.

Der geschaffene digitale Zwilling des Schrotts der Swiss Steel Group soll wegweisend sein – nicht nur für die Stahlindustrie. Das System kann für viele andere Materialien angewandt werden. Denn nur so kommt die Produktion von Green Steel und damit auch die Kreislaufwirtschaft – intelligent aufgeladen – in Schwung. Die riesige Schrotthalle in Emmenbrücke bedeutet keineswegs das Ende der Zivilisation. Sie ist im Gegenteil „der Anfang einer neuen, besseren Welt“.

Zukunftsperspektive des Stahlspezialisten

Frank Koch, CEO der Swiss Steel Group, kommentiert den digitalen Zwilling der Swiss Steel Group mit den Worten: „Dieses Programm ist für uns richtungsweisend: Wir folgen damit unserer Strategie, sich führend im Bereich der nachhaltigen Stahlproduktion zu positionieren.“

Die Swiss Steel Group gilt als einer der führenden Anbieter individueller Lösungen im Bereich Spezialstahl-Langprodukte weltweit. Sowohl bei Werkzeugstahl als auch bei rostfreiem Langstahl zählt der Konzern zu den wichtigsten Herstellern im globalen Markt und gehört zu den beiden größten Unternehmen in Europa für legierten und hochlegierten Edelbaustahl. Mit nahezu 10.000 Mitarbeitenden und eigenen Produktions- und Distributionsgesellschaften in über 30 Ländern auf fünf Kontinenten bietet das Unternehmen weltweit ein komplettes Portfolio aus Produktion sowie Sales & Services.

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