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Wärmepumpe statt Elektroheizung 20.11.2023, 13:50 Uhr

Reinigung von Automobilteilen: 169 MWh Strom pro Jahr einsparen

In der Automobilindustrie gehören Energieeffizienz und Klimaschutz aktuell zu den wichtigsten Themen. Und das betrifft nicht nur die „Endprodukte“, sondern auch deren Fertigungsprozesse. Dazu zählen auch die Reinigungsanlagen für Bauteile wie Kurbelwellen oder Zylinderköpfe.

Zur Kontrolle von Temperatur und Durchfluss wurde die neue, Energie sparende Wärmepumpe beim Automobilhersteller am Standort Steyr/A mit einem Display ausgestattet. Foto: Ecoclean

Zur Kontrolle von Temperatur und Durchfluss wurde die neue, Energie sparende Wärmepumpe beim Automobilhersteller am Standort Steyr/A mit einem Display ausgestattet.

Foto: Ecoclean

Um das bei der Reinigung von Motorenkomponenten vorhandene Potenzial auszuschöpfen, ersetzte ein Hersteller von Premium-Fahrzeugen in seinem österreichischen Werk das elektrische Heizsystem für die Warmwasserbereitung durch eine Wärmepumpe. Ergebnis ist eine Einsparung von rund 70 Prozent elektrischer Energie jährlich in diesem Prozessschritt.

Auf welche Maßnahmen setzt der Automobilhersteller?

Die energetische Optimierung der Fertigungsanlagen und -maschinen für die Herstellung von Motoren-Kernkomponenten wie Kurbelwellen und -gehäuse, Zylinderköpfen sowie Gehäusen für die neueste Generation von Elektroantrieben steht im BMW Group Werk Steyr bereits seit einigen Jahren auf der Agenda. Dazu zählen auch die Reinigungsanlagen für diese Bauteile. „Um den Energieverbrauch zu verringern, haben wir 2016 mit unserem Zulieferer Ecoclean begonnen, die Pumpen der Reinigungsanlagen mit Frequenzumrichtern auszustatten“, konkretisiert Gerhard Fuchs, Prozessverantwortlicher und Energiebeauftragter im Werk Steyr.

Bei der Identifikation weiterer Einsparmöglichkeiten zeigten Verbrauchsmessungen, dass die elektrischen Heizsysteme der im Drei-Schicht-Betrieb genutzten Reinigungsanlagen einen hohen Stromverbrauch verursachen. Überlegungen, wie die Warmwasseraufbereitung energiesparender ablaufen kann, führten zum Einsatz einer Wärmepumpe. „Welches Einsparpotenzial dadurch realisiert werden kann, wollte ich durch ein Pilotprojekt, bei dem die bisherige Elektroheizung durch eine Wärmepumpe ersetzt wird, ermitteln. Aufgrund der bisherigen guten Zusammenarbeit fragte ich beim Hersteller an, ob das Unternehmen als Generalunternehmer mitarbeiten würde. Nach der Zusage wählten wir eine Transfer-Reinigungsanlage des Herstellers aus“, berichtet Gerhard Fuchs.

Durch die Integration der Wärmepumpe mit Plattenwärmetauscher werden rund 170 MWh Strom jährlich eingespart. Die kompakte Wärmepumpe, die inklusive Wärmetauscher nur eine Fläche von etwa zwei Euro-Paletten benötigt, erhitzt das Prozesswasser durch ein spezielles technisches Verfahren auf bis zu 65 °C.

Foto: Ecoclean

Über den Anlagenhersteller

Die SBS Ecoclean Group entwickelt, produziert und vertreibt zukunftsorientierte Anlagen, Systeme und Services für die industrielle Bauteilreinigung und die Oberflächenbearbeitung. Diese Lösungen unterstützen Unternehmen rund um den Globus dabei, in hoher Qualität effizient und nachhaltig zu produzieren. Die Kunden kommen aus der Automobil- und Zulieferindustrie sowie dem breit gefächerten industriellen Markt – von der Medizin-, Mikro- und Feinwerktechnik über den Maschinenbau und die optische Industrie bis zur Energietechnik und Luftfahrtindustrie. Die Unternehmens-Gruppe ist am internationalen Markt mit zwölf Standorten in neun Ländern vertreten und beschäftigt mehr als 900 Mitarbeiter/innen.

Potenzialanalyse durch neutrales Ingenieurbüro zeigt die Chancen

Um die mit der Integration einer Wärmepumpe realisierbare Energieeinsparung zu berechnen, wurde zunächst eine Potenzialanalyse erstellt. Basis dafür waren die Produktions-, Prozess- und Anlagendaten und der bisherige Energieverbrauch – sowie das von Ecoclean ausgearbeitete Umbaukonzept. Aus Neutralitätsgründen wurde ein unabhängiges Ingenieurbüro mit der Analyse beauftragt. Die dabei berechneten Einsparungen lagen bei rund 70 Prozent des bisherigen Energieverbrauchs.

Das Prozessschema zeigt die Integration der Wärmepumpe in das bestehende System und die dafür erforderlich gewordenen, neuen Verrohrungen. Grafik: Ingenieurbüro Hacksteiner

Die Lösung ist exakt an die Situation bei BMW in Steyr angepasst: Auf dem Dach der Transferanlage befindet sich ein 2.000 Liter fassender Tank für Sauberwasser, das dem Reinigungsprozess mit 56 °C zugeführt wird. Das dafür erforderliche elektrische Heizsystem hatte eine Leistungsaufnahme von 39 kW. Die Kühlung der Vakuumpumpen und des Schaltschranks erfolgt durch einen Kaltwasserkreislauf. Das Kühlwasser wird mit einer Vorlauftemperatur von 16 °C zur Verfügung gestellt und ist im Rücklauf 22 °C warm. Dieses „Warmwasser“ dient als Energiequelle. Es wird zur Wärmepumpe (Leistungsaufnahme 11,2 kW) geleitet und dort auf bis zu 65 °C erhitzt.

Die Wärmeabgabe an die Heißwasserversorgung der Reinigungsanlage läuft über einen Plattenwärmetauscher. Das erhitzte Prozesswasser wird mittels einer neuen Umwälzpumpe (Leistungsaufnahme 1,2 kW) in den Heißwassertank der Reinigungsanlage gefördert, während das auf 16 °C abgekühlte Wasser durch eine zweite neue Umwälzpumpe mit ebenfalls 1,2 kW zurück in den Kaltwasserkreislauf gelangt.

Die Verifizierung der eingesparten Heizleistung, die über das firmeneigene Energiemonitoring abläuft, erfolgt durch einen Energiemengenzähler.

Foto: Ecoclean

Mit dieser durchdachten Lösung reduziert sich der Energiebedarf von 39 kW auf 13,6 kW. Dies summiert sich bei einer definierten Produktionszeit von jährlich 5.760 Stunden auf mehr als 146 MWh. Hinzu kommt eine zusätzliche Einsparung von rund 23 MWh in der Kaltwassererzeugung, da das Kühlwasser nur noch von einer niedrigeren Rücklauftemperatur auf die Vorlauftemperatur gebracht werden muss.

Schneller Umbau ohne Betriebsunterbrechung

Da das Projekt ohne Produktionsunterbrechung realisiert werden sollte, fand der Umbau während einer zweiwöchigen Betriebspause im Sommer 2022 statt. Wärmepumpe, Plattenwärmetauscher und die beiden neuen Umwälzpumpen wurden am Hallenboden neben der Anlage platziert, vollständig isoliert und mit einem Schutzgitter umgeben. Die dafür erforderliche Fläche entspricht etwa der Größe von zwei Europaletten. Erforderlich waren darüber hinaus vier neue Rohrleitungen.

Zum Anschluss der Wärmepumpe an die bestehenden Wasserkreisläufe wurden vier neue Rohrleitungen installiert.

Foto: Ecoclean

Zwei verbinden den Sauberwassertank auf der Anlage mit dem Wärmetauscher. Die beiden anderen transportieren das warme Wasser aus dem Kühlkreislauf zur Wärmepumpe und abgekühlt wieder zurück. Zur Kontrolle von Temperatur und Durchfluss wurde eine Anzeige integriert. Die Verifizierung der eingesparten Heizleistung auf dem firmeneigenen Energiemonitoring erfolgt durch einen Energiemengenzähler. Diese Überwachung sowie Messungen durch das unabhängige Ingenieurbüro nach dem Abschluss des Projekts belegen, dass die prognostizierten Einsparungen genau eingehalten werden.

Fazit

Als Resümee ergibt sich, dass sowohl der „CO2-Footprint“ als auch die Betriebskosten deutlich reduziert werden konnten. Durch die insgesamt 169 MWh eingesparten Strom verringern sich die Betriebskosten für die Reinigung um rund 19.000 Euro jährlich. Darüber hinaus gelangen, basierend auf dem unterschiedlichen Strommix für Österreich und Deutschland, rund 34 beziehungsweise 73 Tonnen weniger CO2 in die Umwelt.

„Es war eine gute Entscheidung, den Reinigungsanlagenhersteller als Generalunternehmen für Energieeffizienzprojekte mit ins Boot zu holen. Wir sind mit der Betreuung sowie dem Ergebnis sehr zufrieden und werden die Zusammenarbeit fortsetzen“, merkt Gerhard Fuchs abschließend an.

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Von Doris Schulz

Doris Schulz ist freie Journalistin (DJV) in Korntal.