Regionale Haferdrinks als Chance für deutsche Landwirte
Ein Startup aus Telgte, die Ährenbrüder, setzt auf ökologisch produzierte Haferdrinks und ein Netzwerk aus Landwirtinnen und Landwirten in ganz Deutschland. Ziel ist es, den hiesigen Bauern zusätzliche Märkte zu öffnen und die Dominanz von Importen bei Milchersatzprodukten zu reduzieren. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) fördert diese Idee mit 125.000 Euro.
Haferdrinks werden meist importiert. Ein Startup aus NRW will das ändern.
Foto: SmarterPix/funkybg
Der Markt für Milchalternativen verzeichnet in Deutschland ein stetes Wachstum. Wie das Statistik-Portal Statista aufzeigt, ist der Pro-Kopf-Konsum von Ersatzprodukten aus Hafer, Mandeln und Soja hierzulande von 1,66 Kilogramm im Jahr 2018 auf 4,94 Kilogramm im Jahr 2024 angestiegen. Allerdings profitieren die heimischen Landwirte kaum von diesem Trend, da ein Großteil der Rohstoffe oder sogar die kompletten Endprodukte importiert werden. An diesem Punkt setzt das Startup Ährenbrüder aus Telgte an: Mit selbst entwickelten, ökologisch hergestellten Haferdrinks und einem deutschlandweiten Netzwerk aus Landwirtinnen und Landwirten möchten die Gründer eine Alternative zu den Importen schaffen. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) unterstützt dieses Vorhaben mit einer Fördersumme von 125.000 Euro.
Die Ährenbrüder verbinden ihre Geschäftsidee mit der jahrhundertealten Tradition ihres Familienbetriebs. Hinter dem Startup stehen die drei Brüder Lucas, Stefan und Henning Fockenbrock, die den Hof in Telgte bereits in der 19. Generation fortführen – eine beeindruckende Geschichte, die bis ins Jahr 1337 zurückreicht. Mit ihrer Initiative schlagen sie nun ein neues Kapitel in der Hofchronik auf. „Wir wollen zur Dominanz von Importen bei Milchersatzprodukten in Deutschland Alternativen anbieten – und so den hiesigen Landwirten auch zusätzliche Märkte öffnen“, erläutert Lucas Fockenbrock die Motivation hinter dem Startup. Mehrere Jahre lang haben die Brüder mit eigenen finanziellen Mitteln verschiedene Haferdrinks in Bio-Qualität entwickelt, wobei der Hafer auf rund zehn Hektar ihrer eigenen Felder angebaut wird. Die Rezeptur beschränkt sich auf natürliche Zutaten wie Wasser, Öl und Salz – auf Zusatzstoffe wird bewusst verzichtet.
Haferdrinks: Regionale Produktion als Erfolgsrezept
Der Erfolg gibt den Fockenbrock-Brüdern Recht: Ihre Haferdrinks haben bereits Einzug in die Sortimente zahlreicher Einzelhändler im Münsterland und darüber hinaus gehalten. „Wir bieten lokale und ökologische Produkte für Menschen aus der Region an – damit sparen wir sowohl Kosten als auch Emissionen, die beim Import und Transport der Milchalternativen entstehen“, erklären die Gründer. Ihr regionaler Ansatz bietet neue Möglichkeiten, bäuerlichen Betrieben bundesweit eine stärkere Teilhabe am wachsenden Markt für pflanzliche Milchprodukte zu ermöglichen. Bislang ist der Marktanteil der deutschen Landwirtschaft in diesem Segment eher gering: Laut Statista importierte Deutschland im Jahr 2024 rund 245.441 Tonnen pflanzliche Drinks, während die Exportmenge im selben Zeitraum lediglich bei 118.103 Tonnen lag.
Um die regionale Produktion von Milchalternativen über das Münsterland hinaus auszuweiten, planen die Brüder den Aufbau eines deutschlandweiten Erzeugernetzwerks unter der Marke ihres Startups. Dafür wolle man zunächst den Standort im Münsterland festigen, in ganz Nordrhein-Westfalen präsenter auf dem Markt werden und das Sortiment erweitern, erklärt Lucas Fockenbrock die nächsten Schritte. „Gemeinsam mit vielen gleichgesinnten Landwirtinnen und Landwirten können möglichst viele Produktionsschritte in die Herkunftsregionen der Rohstoffe verlagert werden. So minimieren wir Transportkosten und -emissionen und fördern die heimische Landwirtschaft.“ Neben der Entwicklung neuer Produkte, wie etwa einer proteinreichen Hafermilch, haben die Brüder bereits nachhaltiges Popcorn mit Mais vom familieneigenen Hof im Angebot.
Haferanbau bereichert Fruchtfolgen und fördert Biodiversität
Susanne Wiese-Willmaring, zuständige DBU-Referentin, sieht in dem vermehrten Anbau von Hafer einen zusätzlichen Nutzen: „Hafer ist in Deutschland heutzutage eine selten angebaute Nutzpflanze. Ackerbaulich bereichert der Haferanbau jedoch die Fruchtfolge – also die Abwechslung der angebauten Pflanzen von Saison zu Saison.“ Vielfältige Fruchtfolgen wirken sich laut Wiese-Willmaring positiv auf die Bodengesundheit und -fruchtbarkeit aus. Sie können den Bedarf an Pflanzenschutzmaßnahmen verringern und kommen der regionalen Biodiversität zugute. Auch das Gesamtkonzept des Startups hat die Referentin überzeugt: „Wir brauchen Landwirtinnen und Landwirte, die mit gutem Beispiel vorangehen und zeigen, dass eine naturverträgliche Bewirtschaftung zu den Schlüsselfaktoren für eine wirtschaftlich erfolgreiche Zukunft bäuerlicher Betriebe zählt. Für die Branche sind Startups wie die Ährenbrüder echte Mutmacher.“
Ein Startup für Haferdrinks als Impulsgeber für eine zukunftsfähige Landwirtschaft
Die drei Gründer bringen laut Wiese-Willmaring hervorragende Vorkenntnisse aus den Bereichen Agrarwissenschaft, Molkerei- und Betriebswirtschaft sowie Marketing mit. „Und sie kennen die Strukturen des Einzelhandels durch den familiären Betrieb mit Selbstvermarktung, wissen also, welche Herausforderungen dort auf sie zukommen. Dies kann entscheidend für den Erfolg des Startups sein“, sagt die DBU-Referentin. Die Green Startup-Förderung der DBU unterstützt junge Gründerinnen und Gründer, die neue und wirtschaftlich tragfähige Lösungen für Umwelt, Ökologie und Nachhaltigkeit entwickeln. Mit ihrer Idee, regionale Haferdrinks als Alternative zu importierten Milchersatzprodukten zu etablieren und gleichzeitig die heimische Landwirtschaft zu stärken, haben die Fockenbrock-Brüder die Jury überzeugt und eine Fördersumme von 125.000 Euro erhalten.




