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Satellitendaten 27.11.2023, 07:00 Uhr

3D-Karten zeigen Veränderungen der Erdoberfläche im Klimawandel

Die Erdoberfläche befindet sich im stetigen Wandel – Gletscher schmelzen, Küstenlinien verschieben sich, Seen verschwinden und Städte wachsen. Die 3D-Karten „TanDEM X30 m DEM Change Maps“ geben einen globalen, detaillierten Überblick über die veränderte Topographie der Erde. Bei Fragen zum Klimawandel spielen sie eine entscheidende Rolle.

Rodungsmuster wie hier im brasilianischen Bundesstaat Pará zeichnen sich in den TanDEM-X DEM Change Maps sehr deutlich durch die rot markierten Höhenabnahmen ab. Foto: DLR

Rodungsmuster wie hier im brasilianischen Bundesstaat Pará zeichnen sich in den TanDEM-X DEM Change Maps sehr deutlich durch die rot markierten Höhenabnahmen ab.

Foto: DLR

Topographische Karten sind detaillierte, maßstabsgetreue Darstellungen der Erdoberfläche. Sie liefern Informationen über die Geländeform, Straßen, Gewässer, Vegetation, Siedlungen und andere wichtige Elemente der Landschaft. Auf diese Weise können Veränderungen der Erdoberfläche, wie zum Beispiel das Schmelzen von Gletschern, der Anstieg des Meeresspiegels oder veränderte Flussläufe beobachtet und analysiert werden.

Die neuen, hochpräzisen 3D-Änderungskarten „TanDEM X30 m DEM Change Maps“ des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) sind das neueste Produkt der Radarsatellitenmission TanDEM-X und zeigen im Detail, wie sich die Erdoberfläche in den vergangenen Jahren verändert hat. Sie ermöglichen erstmals genaue zeitliche Analysen und werden zudem laufend durch Zeitreihenaufnahmen erweitert. „Die Erdoberfläche unterliegt in vielen Bereichen dynamischen Veränderungen. Im Vergleich der neuen Datensätze zeigt sich in erstaunlich detaillierten Facetten, wie sich die Topographie unseres Planeten innerhalb eines Zeitraums von sechs bis acht Jahren gewandelt hat“, erklärt Marie Lachaise vom DLR-Institut für Methodik der Fernerkundung.

Die 3D-Änderungskarten zeigen neben den Auswirkungen des Klimawandels auch Rodungsmuster der Wälder sowie Landschaftsveränderungen durch den Kohleabbau.

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Auswirkungen des Klimawandels deutlich zu erkennen

Gletscher gelten als wichtige Indikatoren für den Klimawandel, da Abweichungen in ihrer Größe und Masse auf veränderte klimatische Bedingungen hindeuten. Wie weit die Gletscher und Eisfelder in den vergangenen Jahren zurückgegangen sind, machen die neuen 3D-Änderungskarten deutlich. Der Jorge-Montt-Gletscher in Südchile beispielsweise hat zwischen 2012/2014 und Juni 2018 ein Gesamtvolumen von rund 10,7 Kubikkilometer verloren. Das entspricht einer Abschmelzrate von bis zu 2,6 Kubikkilometer pro Jahr. Darüber hinaus zeigen die topographischen Karten weltweit Rückgänge von Gletschern – im Himalaya, in den Alpen, in Alaska, Grönland oder der Arktis.

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Genau wie der Rückgang von Eis können mithilfe der 3D-Karten auch Höhenzunahmen von Gletschern ermittelt werden, wie in dem ungewöhnlichen Fall des Pio XI-Gletschers in Chile, der eher wächst als schrumpft. In dem zuvor genannten Zeitraum ist er insgesamt um 7,6 Kubikkilometer gewachsen. Das ungewöhnliche Wachstum des Gletschers wird auf klimatische, atmosphärische und geografische Bedingungen zurückgeführt.

Das Beobachten und Verstehen solcher Veränderungen ist von entscheidender Bedeutung, um die Auswirkungen des Klimawandels besser bewerten und zukünftige Entwicklungen vorhersagen zu können.

3D-Karte zeigt Rodungsmuster der Wälder

Neben dem Rückgang von Gletschern zeigen die neuen 3D-Karten beispielsweise auch, wie sich Waldflächen verändern. So werden für die Errichtung von landwirtschaftlichen Flächen, zum Bau von Städten oder zur Holzgewinnung immer mehr Waldflächen gerodet und nur teilweise wieder aufgeforstet. Vor allem die Abholzung des Regenwalds hat weitreichende Auswirkungen auf die Umwelt, da er eine entscheidende Rolle bei der Regulierung des globalen Klimas spielt. Darüber hinaus fungieren Wälder als Kohlenstoffsenken, spielen eine wichtige Rolle im Wasserkreislauf und bietet Lebensraum für zahlreiche Tiere und Pflanzen.

Durch die hohe räumliche Auflösung und Genauigkeit der neuen Höhendaten, auf denen die 3D-Änderungskarten basieren, werden die Rodungsmuster der Wälder deutlich sichtbar und können entsprechend gut im Blick behalten werden.

Veränderungen der Erdoberfläche mit 3D-Karten verstehen

Der Kohleabbau erfordert das Entfernen großer Mengen an Erd- und Gesteinsmaterialien, um an die Kohleflöze zu gelangen. Dies führt zu erheblichen Landschaftsveränderungen, die ebenfalls mithilfe der neuen 3D-Karten sichtbar werden. Auf diese Weise lässt sich sogar die Menge an geförderter Braunkohle und das Abraumvolumen ableiten. Das Abraumvolumen bezeichnet das nicht nutzbare Material, das bei der Bodenentnahme abgebaut wird. Anhand der Karteninformationen berechneten die Forschenden für das Tagewerk Garzweiler in Nordrhein-Westfalen ein Gesamtvolumen von 490 Millionen Kubikmeter Erdmaterial, das zwischen 2011/2013 und 2018 ausgebaggert wurde. Die Größenordnung stimmt mit den Angaben des Energieversorgungskonzerns überein.

Die hochpräzisen 3D-Karten „TanDEM-X 30 m DEM Change Maps“ geben somit einen konkreten Überblick über sämtliche topographische Änderungen. Ziel der Forschenden ist es, weiterhin möglichst lange Zeitreihen der digitalen Geländemodelle (DCMs) zu erzeugen, um so auch kleinste Veränderungen sichtbar zu machen. Damit sind die neuen 3D-Änderungskarten ein wichtiges Instrument für zahlreiche Forschungsbereiche, für Fragen des Klimawandels und gesellschaftspolitische Themen.

Von Ines Klawonn