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Klimaneutralität 05.05.2025, 07:00 Uhr

Klimafreundliches Nickel: Neues Verfahren nutzt auch minderwertige Erze

Forschende haben ein neuartiges Verfahren entwickelt, um Nickel für die boomende Elektrobranche CO2-neutral und energieeffizient herzustellen. Der Clou: Selbst minderwertige Erze lassen sich damit zu hochwertigem Nickel verarbeiten. Die Ergebnisse des Max-Planck-Instituts für Nachhaltige Materialien könnten die globale Nickelnachfrage für E-Batterien, Magnete und Edelstahl auf umweltfreundliche Weise decken.

Großaufnahme mehrerer Mignon-Batterien.

Nickel wird unter anderem für Batterien benötigt.

Foto: PantherMedia / scanrail

Die Elektrifizierung des Verkehrs- und Industriesektors ist ein wichtiger Schwerpunkt auf dem Weg zur Klimaneutralität. Doch die dafür benötigten Rohstoffe wie Nickel werden bislang unter hohem Energieeinsatz und CO2-Ausstoß gewonnen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Nachhaltige Materialien (MPI-SusMat) in Düsseldorf haben nun eine komplett neue Methode entwickelt, um Nickel umweltschonend und effizient aus Erzen zu extrahieren. Ihre Erkenntnisse publizierten sie kürzlich im renommierten Fachjournal Nature.

Das Team um Ubaid Manzoor und Isnaldi Souza Filho nutzt Wasserstoffplasma, um in einem einzigen Arbeitsschritt hochwertiges Ferronickel herzustellen – und das völlig ohne Kohlenstoff. Im Vergleich zur konventionellen Nickelproduktion, die pro Tonne Nickel rund 20 Tonnen CO2 freisetzt, reduziert das neue Verfahren die Emissionen deutlich: um 84 Prozent. Zudem punktet es mit einer bis zu 18 Prozent höheren Energieeffizienz, da das mehrfache Erhitzen und Abkühlen der Erze entfällt.

Nickel aus minderwertigen Erzen: Positiv für Umwelt und Wirtschaft

Bisher konzentriert sich die Industrie auf hochwertige Nickelerze, da es technisch sehr anspruchsvoll ist, minderwertige Vorkommen zu verarbeiten. Denn Nickel ist in komplexen Mineralstrukturen wie Silikaten oder Eisenoxiden gebunden. Herkömmlich sind daher mehrere energieintensive Schritte nötig, um das Metall zu isolieren: Kalzinierung, Schmelzen, Reduktion und Raffinierung.

Dank des neuen Plasmaverfahrens können die Düsseldorfer Forscherinnen und Forscher nun auch minderwertige Erze, die rund 60 Prozent der globalen Nickelreserven ausmachen, in einem Lichtbogenofen zu Ferronickel veredeln. „Mit Wasserstoffplasma und der Kontrolle der Thermodynamik im Ofen gelingt es uns, die komplexen Kristallstrukturen in einfachere Ionen zu überführen – sogar ohne Katalysatoren“, erläutert Isnaldi Souza Filho, Gruppenleiter am MPI-SusMat und Co-Autor der Studie.

Es ist nicht nur ökologisch sinnvoll, diese bisher vernachlässigten Erze zu erschließen, sondern es ist auch ökonomisch ein Gewinn. Denn Prognosen zufolge wird sich die Nickelnachfrage bis 2040 verdoppeln. Gleichzeitig steigt der Druck, den Ausbau der Elektromobilität ressourcenschonend zu gestalten.

Grüne Nickelproduktion im industriellen Maßstab ermöglichen

Nach dem Durchbruch im Labor gilt es nun, das Verfahren auf eine industrielle Skala zu übertragen. Da die Erzreduktion nur an der Reaktionsoberfläche stattfindet, ist es entscheidend, die nicht-reduzierte Schmelze kontinuierlich dorthin zu befördern. „Lichtbögen mit hohen Strömen, elektromagnetische Rührsysteme und Gasimpulse sind bewährte Methoden, um dies effizient umzusetzen“, sagt Ubaid Manzoor, Erstautor der Publikation. Diese Technologien sind in der Industrie etabliert. Dadurch ist es einfacher, sie in bestehende Anlagen zu integrieren.

Das gewonnene Ferronickel kann direkt in der Edelstahlproduktion eingesetzt oder nach weiterer Aufbereitung für Batterien und Hochleistungsmagnete genutzt werden. Selbst die beim Reduktionsprozess anfallende Schlacke lässt sich zu Zement oder Ziegeln für die Baubranche weiterverarbeiten. Darüber hinaus ist das Verfahren auf andere Metalle wie Kobalt übertragbar, die ebenfalls eine Schlüsselrolle für die Elektromobilität spielen.

Forschung ebnet den Weg in eine nachhaltige Zukunft

Die Entwicklung eines CO2-freien, energieeffizienten Verfahrens zur Nickelgewinnung aus minderwertigen Erzen ist ein großer Schritt auf dem Weg zu einer umweltverträglichen Elektrifizierung. Dank der Förderung durch einen ERC Advanced Grant des Europäischen Forschungsrats konnten die Max-Planck-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler die Grundlage für eine grüne Transformation der Nickelproduktion schaffen.

Ihr neuartiger Ansatz zeigt eindrucksvoll, wie Forschung dazu beitragen kann, den Wandel hin zu einer klimaneutralen Gesellschaft zu gestalten. Wichtig wäre, dass die Industrie das Potenzial dieser Technologie erkennt und zügig in die Praxis überführt. Denn nur wenn die Industrie Nachhaltigkeit in allen Bereichen – von der Rohstoffgewinnung bis zum fertigen Produkt – konsequent umsetzt, können sich solche neuen Methoden dauerhaft etablieren.

Von Julia Klinkusch