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Digitalisierung 21.10.2025, 14:00 Uhr

Schritte zum softwaregestützten Energiemanagementsystem im Betrieb

Die Energiekosten steigen, der Klimawandel schreitet fort, regulatorische Anforderungen nehmen zu – Unternehmen sind mehr denn je gefordert, ihre Produktionsprozesse energieeffizient und nachhaltig zu gestalten. Mithilfe von Digitalisierung lassen sich Einsparpotenziale erkennen und systematisch heben.

Smart factory specialist, testing automated systems, monitoring production

Foto: Smarterpix/DCStudio

Eine zentrale Antwort liegt in der Digitalisierung: Wer seine Energieflüsse datengestützt analysiert, schafft die nötige Grundlage für Transparenz und Effizienz. Ein softwaregestütztes Energiemanagementsystem liefert dafür das passende Instrument.

Produktionsprozesse möglichst energieeffizient zu gestalten, ist für die PCW GmbH eine Frage der Wettbewerbsfähigkeit. Am Standort Eilenburg stellt das mittelständisch geprägte Unternehmen pro Jahr über 60 000 t Kunststoff-Basisgranulate für die kunststoffverarbeitende Industrie her. Der Energieverbrauch ist nach Rohstoff- und Personalkosten der drittgrößte Kostenfaktor am Produktionsstandort. Ein softwaregestütztes Energiedatenmanagementsystem (EDMS) einzuführen, war daher vor allem eine wirtschaftliche Entscheidung. Aber auch die nachhaltigere Gestaltung der Prozesse war dem traditionsreichen Unternehmen wichtig. Nach über zehn Jahren EDMS zieht Energiemanager René Clauß Bilanz: „Wir nutzen die erhobenen Energiedaten unter anderem, um unsere Anlagen auszulegen und um die Beschaffung optimal auszugestalten. Ohne diese transparente Datenerhebung wären wir nicht mehr so wettbewerbsfähig, wie wir es aktuell sind.“

Digitalisierung als Hebel für Nachhaltigkeit: Effizienz statt Blindflug

Für produzierende Unternehmen wie PCW ist Energie ein entscheidender Kostenfaktor. Ein EDMS ist ein strategisches Instrument für die Transformation hin zu mehr Klimaneutralität. Es schafft Transparenz, ermöglicht gezieltes Handeln und erhöht die Resilienz gegenüber Energiepreisvolatilität. Wer seine Verbräuche systematisch erfasst, kann Prozesse optimieren, Abweichungen frühzeitig erkennen, Lastspitzen vermeiden und eine bessere Auslastung von Anlagen ermöglichen.

Doch viele Betriebe erfassen ihre Energiedaten manuell oder nur punktuell – Potenziale bleiben ungenutzt. Eine Energiemanagementsoftware schafft hier Abhilfe: Sie sammelt, analysiert und visualisiert Energieverbrauchsdaten automatisiert. So wird aus der manuellen Zählerablesung ein unternehmensweites Monitoring-Instrument. Gerade für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) bietet eine Energiemanagementsoftware die Chance, Energieeffizienz strategisch anzugehen – auch ohne eigene Energiemanagementabteilung.

Effizienzpotenziale sichtbar machen: Energiemanagement digital denken – aber wie?

Ein Energiemanagementsystem umfasst alle strategischen, organisatorischen und operativen Maßnahmen, mit denen Unternehmen ihren Energieeinsatz kontinuierlich verbessern. Es unterstützt nicht nur bei der energetischen Bewertung von Prozessen, sondern auch bei der Planung und Nachverfolgung von Maßnahmen. Ein Energiemanagementsystem inklusive dem Energiedatenmanagement kann auch mithilfe einer Softwarelösung abgebildet werden.

Energiemanagementsoftware als Teil eines Energiedatenmanagement. Grafik: Kedi

Praxisbeispiel: EDMS bei der PCW GmbH

Insbesondere für energieintensive Betriebe wie PCW ist ein möglichst effizienter Einsatz von Energie ein entscheidender Faktor, um Produkte zu wettbewerbsfähigen Preisen anzubieten.

PCW hat sich für eine softwarebasierte Lösung entschieden, aufbauend auf dem bestehenden Energiemanagement nach ISO 50001:2018. Die Einführung des digitalen EDMS hat drei Monate gedauert, nach einer umfassenden Planungsphase. „Die größte Herausforderung war es, erst einmal top-down vorzugehen. Wir haben die größten Verbraucher aufgenommen und das Messstellensystem darauf ausgerichtet“, erinnert sich Clauß. Das sind bei der Produktion von Kunststoff-Granulat die Extruder, der Heiz-Kühl-Mischer und die Prozesswasserkühlung. Der Energiemanager empfiehlt, sich zu Beginn nicht zu viel vorzunehmen. „Das Ziel sollte auch sein, nicht alles gleich am Anfang messen zu wollen. Ich würde mich zuerst fragen, was die wichtigsten Prozesse in der Produktion sind, und diese erst einmal messtechnisch erfassen, um mit den Daten zu arbeiten.“ Später, wenn es sinnvoll ist, könne das Messsystem erweitert werden.

Vom Messpunkt zur Softwareentscheidung – die passende Software finden

Der Markt an Energiemanagementsoftware ist in den letzten Jahren stetig gewachsen. Die Systeme unterscheiden sich in ihrer Komplexität erheblich. Zwar bieten viele Systeme umfassende Funktionen, doch nicht jede Lösung passt zu jedem Betrieb. Gerade für KMU ist es schwierig aus der Vielzahl von Optionen die passende auszuwählen.

Unterstützung bei Auswahl der Software: Kostenloses Tool „EMS-Finder“

Hier setzt das Kompetenzzentrum für Energieeffizienz durch Digitalisierung (Kedi) mit einem neuen Online-Tool an: Der kostenlose EMS-Finder bietet Unternehmen eine erste Orientierung auf dem Weg zur geeigneten Softwarelösung. Über wenige, gezielte Fragen – etwa zu IT- und Betriebssystem beziehungsweise Infrastruktur, notwendigen Schnittstellen und Datenprotokollen, Netzwerk-Protokollen oder funktionale Ausstattungsmerkmalen der Software – erhalten Nutzer eine Auswahl an Softwarelösungen, die den eigenen Bedarf widerspiegeln. Der Fokus liegt dabei auf Software-Lösungen, die durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) förderfähig sind.

Typische Hürden – und wie man sie überwindet

Trotz digitaler Unterstützung bleibt die Einführung einer Energiemanagementsoftware ein komplexes Vorhaben. Viele Unternehmen scheuen den Einstieg – aus Sorge vor hohen Investitionen, begrenztem IT-Wissen oder fehlender interner Kapazität. Die Erfahrung zeigt jedoch: Der Einstieg lässt sich schrittweise gestalten. Ein bewährtes Vorgehen umfasst:

1. Bedarf klären: Welche Ziele sollen erreicht werden? 2. Bestandsaufnahme: Welche Messstellen, Sensoren und MSR-Technik sind vorhanden? Welche Energiedaten liegen bereits vor? Welche Datenquellen sind vorhanden? Wo liegen die größten Energieverbraucher? Gibt es eigene Energieerzeugung? Gibt es nutzbare Energiespeicher? Werden die Daten bereits zeitgenau und feingranular erfasst? Gibt es ein Messkonzept? 3. Software versus manuelle Erfassung: Kommt eine Softwarelösung für das Energiemanagement in Frage? 4. Kedi-Tool EMS-Finder: Wenn eine Software in Frage kommt, unterstützt der EMS-Finder bei der engeren Auswahl. 5. Kleine Auswahl der Software vergleichen: Funktionen, Schnittstellen und Interoperabilität (Fähigkeit zum Zusammenspiel verschiedener Systeme und Produkten unterschiedlicher Hersteller) prüfen. 6. Pilotieren: Erst kleinere Einheiten einbinden, bevor eine flächendeckende Einführung erfolgt. 7. Mitarbeitende einbinden: Frühzeitige Schulung und klare Zuständigkeiten fördern Akzeptanz. 8. Förderung nutzen: Das Bafa bietet Zuschüsse für Hardware, Software und Dienstleistungen rund um Energiemanagementsysteme.

Auswahlprozess für eine passende Energiemanagementsoftware. Grafik: Kedi

Das Kedi unterstützt Unternehmen mit weiteren praxisnahen Angeboten: Neben dem Tool EMS-Finder steht zum Beispiel ein Praxisleitfaden zum Aufbau einer Energiemanagementsoftware bereit.

Energieverbrauch in Produktion um ein Viertel reduziert

Bei PCW werden heute mithilfe einer Software 95 % der Energieflüsse messtechnisch erfasst, und sogar Wetterdaten können in die Energieanalyse einbezogen werden. Die Software bietet für jeden Messpunkt eine Analysefunktion und visualisiert die Daten, was einen guten Überblick über die Energieströme ermöglicht. Mithilfe dieser Transparenz konnte PCW viele Energieeffizienzmaßnahmen identifizieren und umsetzen.

Clauß berichtet: „Zum Beispiel konnten wir mithilfe der Software die Daten aus der Betriebsdatenerfassung mit den Lastgangdaten jedes Zählpunktes verknüpfen und haben mithilfe der integrierten Wetterdaten so im Winter festgestellt, dass eine Erweiterung der Freikühler notwendig ist.“ Seit der Einführung des Energiemanagements konnte das Eilenburger Unternehmen mithilfe des Energiedatenmanagements seinen Energieverbrauch in der Produktion um rund 25 % reduzieren. Erst durch das softwaregestützte Energiedatenmanagement konnten die Einsparungen sichtbar gemacht werden. Das entspricht einer Emissionseinsparung von etwa 120 t CO2/a.

Förderung nutzen – Wirtschaftlichkeit steigern

Eine Energiemanagementsoftware rechnet sich meist schon mittelfristig durch Energieeinsparungen. Unterstützend können Unternehmen die Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft (EEW) beantragen:

  • In Modul 3 werden unter anderem Messtechnik, Sensorik, Software und Schulungen gefördert.
  • In Modul 5 können Unternehmen Zuschüsse für die Erstellung von Energie- und Treibhausgas (THG)-Bilanzen sowie Transformationsplänen beantragen.

www.kedi-dena.de

Von Erik Förster / Stephanie Wischner / Christina Weidl