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Bitkom-Studie Energie 2024 19.03.2024, 10:00 Uhr

Warum das Energiebewusstsein der Deutschen wächst

In Zeiten des Klimawandels und der zunehmenden Digitalisierung gewinnt das Bewusstsein für den eigenen Energieverbrauch für viele Menschen immer mehr an Bedeutung. Eine aktuelle Studie des Digitalverbands Bitkom zeigt, wie sich dieses Bewusstsein in deutschen Haushalten entwickelt hat und welche Rolle die Digitalisierung dabei spielt.

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Immer mehr Menschen in Deutschland entwickeln ein Bewusstsein für den eigenen Energieverbrauch.

Foto: PantherMedia/Arne Trautmann

Die repräsentative Studie, die Anfang 2024 im Auftrag des Branchenverbands Bitkom durchgeführt wurde, zeigt einen Rückgang des Anteils derjenigen, die ihren Stromverbrauch nicht beziffern können. Der Anteil liegt mit rund 28 % der Befragten immer noch sehr hoch, ist aber im Vergleich zu den Vorjahren (2022 wussten es 40 % nicht) deutlich zurückgegangen. Mittlerweile können also rund drei Viertel der Befragten ihren Stromverbrauch grob nennen, wobei der durchschnittliche jährliche Wert bei rund 3 000 kWh liegt. Das höhere Bewusstsein für den eigenen Verbrauch hängt mit hoher Wahrscheinlichkeit mit steigenden Energiekosten zusammen. In diese Richtung deutet auch die in der Studie erfasste Wechselbereitschaft, die immerhin bei 18 % liegt. Wiederum mehr als drei Viertel derjenigen die den Anbieter gewechselt haben, haben dazu als Begründung günstigere Tarife genannt.

Von aktueller Klimapolitik verunsichert

Die Mehrheit der Deutschen fühlt sich angesichts der aktuellen Klima- und Energiepolitik unsicher: Der Bitkom-Studie zufolge haben 93 % der Befragten das Gefühl, die Energiepolitik nicht mehr zu durchschauen. 85 % fordern stabile und verlässliche Rahmenbedingungen für Eigentümerinnen und Eigentümer von Immobilien. Trotzdem unterstützen zwei Drittel (68 %) die Energiewende, wobei sie vorwiegend das Tempo als zu langsam (68 %) oder genau richtig (14 %) bewerten. Im Vergleich zu 2023 ist jedoch der Anteil der Befragten, die die Energiewende als zu schnell empfinden, auf 14 % gestiegen. Ein Zeichen, dass eine wachsende Verunsicherung in der derzeitigen Lage zu beobachten ist.

Smart Meter und Digitalisierung als Chance für die Energiewende

Ein vielversprechender Ansatz, um den Bedarf an Transparenz und Information zu decken, sind Smart Meter. Diese intelligenten Verbrauchszähler stoßen auf zunehmendes Interesse bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern. Denn bei fast 80 % der Befragten besteht ein Wunsch, Energie aktiv sparen zu können. Wichtig sei in diesem Zusammenhang allerdings die Benutzerfreundlichkeit. So empfinden die Befragten die Hürden zur Transparenz teilweise als noch recht hoch. Sie wünschen sich, den Energieverbrauch beispielsweise so leicht wie den Datenverbrauch ihres Smartphones oder den Treibstoffverbrauch ihres Autos ablesen zu können.

Was den Energiesparwillen unterstreicht ist, dass sich rund 60 % vorstellen können, einen Smart Meter zu nutzen, was darauf hinweist, dass die Akzeptanz für diese Technologie steigt. Darüber hinaus sehen die meisten Befragten generell die Digitalisierung als Chance für die Energiewende, wobei die Vorteile digitaler Technologien zur Effizienzsteigerung und Kontrolle des Energieverbrauchs betont werden. „Für eine erfolgreiche Energiewende muss die Energieeffizienz in Deutschland insgesamt deutlich gesteigert werden. Die Haushalte können und wollen ihren Teil dazu beitragen – brauchen aber mehr Informationen und praktische Hilfestellung“, interpretiert Bitkom-Präsidiumsmitglied Matthias Hartmann die Aussagen der Befragungsgruppe.

Energie: Wie Digitalisierung beim Heizen helfen soll

Die Deutschen zeigen laut der Studie auch beim Heizen eine gesteigerte Preissensibilität und den Wunsch nach mehr Transparenz. Laut einer Umfrage wünschen sich zwei Drittel (67 %) ein Siegel oder Label, das Auskunft darüber gibt, ob ihre Heizung energieeffizient ist. Noch mehr (70 %) möchten intelligente Steuereinheiten nutzen, um in Echtzeit den Energieverbrauch ihrer Heizung zu überwachen. Zwei Drittel (69 %) könnten sich vorstellen, anonymisierte Daten zu ihrem persönlichen Heizverbrauch dem Ersteller der Heizkostenabrechnung bereitzustellen, um dadurch Heizkosten zu sparen. Laut Hartmann können detaillierte Verbrauchsdaten helfen, die eigenen Heizgewohnheiten anzupassen und die Energieeffizienz zu verbessern. Die Wärmewende sei im Gange, aber es werde immer noch zu viel Energie für warme Wohnungen und warmes Wasser verbraucht. Die Auswertung von Gebäude- und Verbrauchsdaten sowie eine smarte Steuerung von Heizungsanlagen könnten diesen Anteil drastisch reduzieren. Digitale, kostengünstige Technologien sollten daher stärker in die Klimapolitik und bei Förderprogrammen für Sanierungsmaßnahmen integriert werden.

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Sicherheitsbedenken und Herausforderungen der Energie-Transformation

So sehr die Digitalisierung als ein Weg angesehen wird, Energie effizienter zu nutzen und möglicherweise auch als Wegbereiter der Energiewende zu dienen, so werden laut Studie auch Gefahren gesehen. Bei drei Vierteln der Befragten besteht die Sorge, dass Hacker ein digitalisiertes Stromnetz lahmlegen könnten. Die Hälfte der Verbraucherinnen und Verbraucher fürchtet die Gefahr eines Blackouts. Um diese Bedenken zu adressieren, sind nach Ansicht des Bitkom Maßnahmen zur Stärkung der IT-Sicherheit erforderlich. Hartmann betont die Schlüsselrolle der IT, nämlich dass die Digitalisierung entscheidend ist für eine erfolgreiche Energiewende. Er erklärt, dass nur mit Smart Grids die Energie aus Sonne und Wind mit hohen und gleichzeitig wechselhaften Verbräuchen durch E-Autos oder Wärmepumpen ausbalanciert werden kann. Die Herausforderungen liegen also in einer zügigen Digitalisierung. Entscheidend sei auch, dass die IT-Sicherheit dabei nicht auf der Strecke bleibe.

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Digitalisierung ist der Schlüssel zu mehr Energieeffizienz

Die Nutzung anonymisierter Verbrauchsdaten sollte erleichtert und ausgeweitet werden, während der verstärkte Einsatz digitaler und automatisierter Steuerungssysteme für Heizung, Klima und Warmwasser als besonders wichtig erachtet wird. Die Gebäudeautomation mit digitalen Technologien ermöglicht es, die Energie- und Prozesseffizienz im Gebäude deutlich zu steigern und den Komfort für die Nutzer zu verbessern, so Hartmann. Vermieterinnen und Vermieter können gezielt Smart-Building- und Smart-Home-Technologien in ihren Immobilien einsetzen. Die Digitalisierung hilft dabei, effizient auf erneuerbare Energien umzusteigen und die Energiewende schnell und effektiv voranzutreiben.

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Von Elke von Rekowski