Nachhaltiger Schaumstoff auf Cellulose-Basis: Eine umweltfreundliche Alternative
Ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung der Technischen Universität Graz hat im Rahmen des EU-Projekts BreadCell einen Schaumstoff entwickelt, der nicht nur zertifiziert biologisch abbaubar, sondern auch rezyklierbar ist. Dieser neuartige Schaumstoff stellt eine umweltfreundliche Alternative zu erdölbasierten Materialien dar und bietet vielseitige Anwendungsmöglichkeiten in Industrie und Alltag.

Ein Skateboard aus biologisch abbaubarem Schaumstoff.
Foto: Oliver Wolf / TU Graz
Schaumstoffe sind aus zahlreichen Branchen nicht wegzudenken – sie finden Verwendung im Automobilbau, im Hausbau, im Maschinenbau sowie in Schuhen und Helmen. Bisher werden diese Materialien in der Regel auf Basis von Erdöl hergestellt, was den CO2-Fußabdruck erheblich belastet. Innerhalb des Projekts BreadCell ist es einem internationalen Konsortium gelungen, Schaumstoffe aus Cellulose zu entwickeln, die in einem Herstellungsprozess erzeugt werden, der dem Brotbacken ähnelt. Diese Schaumstoffe sind vollständig biologisch abbaubar und rezyklierbar, wodurch sie einen entscheidenden Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit leisten. Die TU Graz, insbesondere das Institut für Biobasierte Produkte und Papiertechnik sowie das Institut für Fahrzeugsicherheit, hat hierbei maßgeblich zur Entwicklung der Technologie beigetragen.

Schuhsohlen, ein Bodyboard und ein Skateboard, gefertigt mit dem neuen Schaumstoff.
Foto: Oliver Wolf / TU Graz
Vielfältige Anwendungsmöglichkeiten des biologisch abbaubaren Schaumstoffs
„Es ist wichtig, in so vielen Bereichen wie möglich Nachhaltigkeitsbestrebungen umzusetzen“, sagt Stefan Spirk vom Institut für Biobasierte Produkte und Papiertechnik. „Cellulose ist pflanzenbasiert und in großen Mengen verfügbar. Ölbasierte Produkte durch solche aus Cellulosematerialien zu ersetzen, zielt daher auf dieses Ziel ab und der im Projekt BreadCell entwickelte Schaumstoff hat vielfältigste Anwendungsmöglichkeiten.“ Die Forschenden sehen Potenzial in zahlreichen Bereichen: Im Automobilsektor für Crash-Impact-Energiemanagement, im Bausektor als Dämmstoff sowie in der Sportindustrie für die Produktion von Sportgeräten und Schuhsohlen. Der nachhaltige Schaumstoff bietet zudem Vorteile im Feuchtemanagement und in der Akustik.
Upgraden von Graugusskonstruktionen
Faserdesign und Simulationen für optimale mechanische Eigenschaften
Ein zentrales Ziel des Projekts BreadCell war es, mittels modernster Simulationstechnologien Korrelationen zwischen der Schaumfestigkeit und dem Faserdesign herzustellen. Um die notwendigen Materialdaten für diese Simulationen zu gewinnen, wurde der Schaumstoff umfangreich charakterisiert. Hierbei kamen vielfältige Belastungstests zum Einsatz, unter anderem auf einem hochdynamischen Prüfstand der TU Graz, der das Material schnellen und dynamischen Belastungen aussetzt. Basierend auf den entwickelten Simulationsmodellen und den erfassten Daten konnten Schäume mit unterschiedlichen Dichten und mechanischen Eigenschaften hergestellt werden. Diese wurden anschließend in verschiedenen Demonstratoren verbaut.
Erfolgreiche Demonstratoren: Vom Fahrradhelm bis zur Schuheinlage
Die Forschenden haben Demonstratoren wie ein Skateboard, ein Bodyboard, einen Fahrradhelm und Schuheinlagen aus dem nachhaltigen Schaumstoff gefertigt und getestet. „Bei der Entwicklung des Schaums zeigte sich auch eine interessante Eigenschaft: Es war eine Herausforderung, die Dichte über die gesamte Dicke des Schaums perfekt homogen zu halten“, sagt Florian Feist vom Institut für Fahrzeugsicherheit. „Doch diese Inhomogenität erwies sich bei einer spezifischen Anwendung als vorteilhaft: bei Fahrradhelmen. Eine weichere Mittellage ermöglicht eine Art Scherung zwischen der äußeren und inneren Helm-Lage. Dies reduziert bei einem Aufprall die rotatorische Belastung auf das Gehirn, ähnlich dem Prinzip moderner Sicherheitssysteme wie dem MIPS-System.“
Lebender Baustoff als CO2-Speicher: Cyanobakterien im 3D-gedruckten Hydrogel
Starke Partnerschaften und erstes Spin-off: FOAMO produziert nachhaltige Schuheinlagen
Neben der Chalmers University, die die Projektkoordination übernahm, und der TU Graz waren weitere Partner am Projekt BreadCell beteiligt: Die Universität Wien forschte an Sandwich-Konstruktionen für Leichtbauteile, Tecnalia in Spanien prüfte die Machbarkeit der industriellen Umsetzung und BioNanoNet (BNN) in Graz bewertete die biologische Abbaubarkeit sowie den Lebenszyklus des entwickelten Materials. Aus dem erfolgreichen Projekt ist das Unternehmen FOAMO hervorgegangen, ein Spin-off, das den biologisch abbaubaren Schaumstoff für die Produktion von leichten und dämpfenden Schuheinlagen nutzt.
Zukunftspotenzial des biologisch abbaubaren Cellulose-Schaumstoffs
Der innerhalb von BreadCell entwickelte Cellulose-Schaumstoff zeigt, wie nachhaltige Materiallösungen auf Basis pflanzlicher Rohstoffe die Zukunft von Automobilindustrie, Bauwirtschaft, Sportartikelproduktion und weiteren Branchen verändern können. Die Kombination aus biologischer Abbaubarkeit, Rezyklierbarkeit und mechanischer Leistungsfähigkeit macht das Material zu einem zukunftsweisenden Baustein für die Umsetzung nachhaltiger Produktions- und Produktstrategien in der Industrie.