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Materialmodelle 24.08.2023, 16:45 Uhr

KI erleichtert integrative Simulation von Kunststoffbauteilen

SKZ-Forschungsprojekt setzt auf Künstliche Intelligenz für die Erstellung von anisotropen Materialmodellen.

Hochleistungskunststoffe auslegen mit KI. Foto: Frédéric Achereiner, SKZ

Hochleistungskunststoffe auslegen mit KI.

Foto: Frédéric Achereiner, SKZ

Die Unternehmen PART Engineering, aiXtrusion und das Kunststoff-Zentrum SKZ haben ihre Zusammenarbeit in einem neu gestarteten Verbundprojekt bekannt gegeben. Mit der Entwicklung von KI-Modellen zur Vorhersage der Faserorientierung in Probekörpern und deren Auswirkung auf das mechanische Verhalten soll das Erstellen anisotroper Materialmodelle automatisiert und der Einsatz der integrativen Simulation vereinfacht werden.

Wie das SKZ mitteilt, erfordert das Erstellen anisotroper Materialmodelle für die Struktursimulation von Kunststoffbauteilen einen iterativen Kalibrierungsprozess, bei dem Ergebnisse aus der Probenherstellung (Spritzguss) und der Materialprüfung (Zugversuche) mit entsprechenden Simulationsergebnissen (Füll- und strukturmechanische Simulation) abgeglichen werden. Diese Vorgehensweise verlangt vom Anwender erhebliches Know-how. Dabei unterstützt das SKZ seit vielen Jahren bei konkreten Fragestellungen zur Materialprüfung und Digitalisierung in der Kunststofftechnik.

Um diese Knowhow-Lücke zu schließen, haben PART Engineering, aiXtrusion und das SKZ ein neues Forschungsprojekt gestartet. Dabei sollen, wie das SKZ ausführt, die notwendigen Simulationsprogramme durch geeignete KI-Modelle ersetzt werden. Ziel sei es, dem Anwender ein vollständig gekapseltes und automatisiertes Werkzeug zur Erstellung und Validierung anisotroper Materialmodelle zur Verfügung zu stellen.

In dem 30-monatigen Projekt werden zwei KI-Modelle entwickelt, um sowohl die lokale Faserorientierung in spritzgegossenen Proben als auch das mechanische Verhalten dieser Proben in Zugversuchen vorherzusagen. Die KI-Modelle werden mit Simulationsergebnissen aus den Füll- und strukturmechanischen Simulationen für verschiedene Materialien trainiert. Die Vorhersagequalität der KI-Modelle wird anhand von praktischen Messdaten und zusätzlichen Simulationen validiert, so das SKZ weiter.

Integrative Simulation für KMU ermöglichen

Die Projektergebnisse sollen in Form eines Zusatzmoduls in eine kommerzielle Software einfließen, die den Einsatz der integrativen Simulation deutlich vereinfacht. „Das Potenzial der integrativen Simulation für einen effizienteren Materialeinsatz wird heute noch viel zu wenig genutzt“, sagt Dr. Marcus Stojek, Geschäftsführer von PART Engineering. „Für viele unserer kleinen und mittelständischen Kunden liegt die Hürde in der Verfügbarkeit von anisotropen Werkstoffmodellen. Nicht selten fehlt schlicht der Zugang zu einem der notwendigen externen FE-Solver für die Füll- und strukturmechanische Simulation, um solche Modelle selbst zu erstellen. In vielen Fällen ermöglicht erst die Integration des geplanten KI-Moduls überhaupt erst den Einsatz der integrativen Simulation für KMU ohne Vorerfahrung.“

„Eine große Herausforderung im Projekt ist die Generierung von Trainingsdaten in ausreichender Menge und in geeigneter Form“, sagt Dr. Timo Grunemann, Experte für KI und Digitalisierung am SKZ. „Mit der richtigen Machine-Learning-Strategie ist die Substitution von numerischen FEM-Solvern durch KI-Modelle hier jedoch auch bei eher überschaubaren Datenmengen möglich, da Geometrie und Randbedingungen der betrachteten Proben nur wenig variieren. Lediglich die Materialparameter sind frei wählbar.“

Mit ihren jeweiligen Kompetenzen ergänzen sich die Projektpartner in idealer Weise, um das angestrebte Entwicklungsziel zu erreichen, heißt es weiter. Das SKZ verfüge über eine jahrzehntelange Expertise im Bereich der Kunststoffprüfung und der Digitalisierung für die Branche. Auch PART Engineering sei seit mehr als zwei Jahrzehnten eine renommierte Adresse, wenn es um die Simulation und Materialmodellierung von Kunststoffen geht. Als Systemintegrator und Messsystementwickler im Bereich der digitalen Bildverarbeitung mit KI-Erfahrung runde aiXtrusion die Entwicklung und Umsetzung der neuen Lösung ab. Das Entwicklungsprojekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Die breite Kundenbasis der Projektpartner sowie die Softwareprodukte von PART Engineering stellen die Verbreitung der Entwicklungsergebnisse in die industrielle Praxis sicher.

Die Projektpartner:

  • PART Engineering ist ein Technologieunternehmen, das 1999 als technisches Beratungsunternehmen gegründet wurde. Heute entwickelt und vertreibt PART Engineering weltweit CAE Software und Simulations-Dienstleistungen im Umfeld der technischen Simulation. Das Unternehmen hat in breiten Industriesegmenten mehr als 400 Firmenkunden weltweit.
  • aiXtrusion ist als Ingenieurbüro im Bereich der Maschinenautomatisierung und Leitsystemtechnik für Kunststoffverarbeitungsmaschinen in den Standorten Arnsberg und Aachen tätig. Als Systemintegrator und Messsystementwickler wurden die Geschäftsfelder auch auf die Elektronikentwicklung im Embedded Systems Umfeld, Informationssysteme und Systeme zur digitalen Bildverarbeitung erweitert.
  • Das SKZ ist Mitglied der Zuse-Gemeinschaft. Diese ist ein Verbund unabhängiger, industrienaher Forschungseinrichtungen, die das Ziel verfolgen, die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der Industrie, insbesondere des Mittelstandes, durch Innovation und Vernetzung zu verbessern.

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Von SKZ/Udo Schnell