Neue Flammschutzlösung für frei bewitterte Holzoberflächen
Holz gewinnt als Baustoff für den sichtbaren Außenbereich zunehmend an Bedeutung. Eine fehlende witterungsbeständige Flammschutzlösung schränkte jedoch bisher den Einsatz bei höheren Gebäudeklassen ein. Forschende des Fraunhofer WKI und des Deutschen Textilforschungszentrums Nord-West (DTNW) haben nun eine intumeszierende Beschichtung entwickelt, die flammhemmende Eigenschaften mit Beständigkeit gegen Witterungseinflüsse kombiniert.
Verschiedene intumeszierende Beschichtungen nach der Beflammung im Laborbrandprüfstand des Fraunhofer WKI. Die Tests geben Aufschluss darüber, mit welcher Rezeptur sich das darunterliegende Holz am besten schützen lässt.
Foto: Fraunhofer WKI/Manuela Lingnau
Holz ist ein nachwachsender Rohstoff, speichert CO2, unterstützt energieeffizientes Bauen und bietet gestalterische Flexibilität. Dennoch bestehen für den Einsatz im Außenbereich, insbesondere bei hohen und großflächigen Gebäuden, hohe Hürden. „Mit unserem Forschungsprojekt tragen wir dazu bei, dass Holzfassaden und andere Außenbauteile aus Holz in der Bauindustrie stärker verwendet werden – zum Beispiel bei Hochhäusern, Schulen oder Krankenhäusern“, erläutert Dr. Torsten Kolb, Projektleiter am Fraunhofer WKI.
In bisherigen Arbeiten hatten das Fraunhofer WKI und das DTNW intumeszierende Beschichtungen für den Innenbereich entwickelt. Diese basieren auf Dämmschichtbildnern, die im Brandfall aufschäumen und das Material darunter schützen. Unter freier Bewitterung verlieren diese jedoch ihre Schutzwirkung. Marktübliche Lösungen für den Außenbereich setzen bislang eine zusätzliche Decklackschicht voraus, was mit höherem Aufwand und Kosten verbunden ist.
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Ziel des Projekts: wetterfeste Flammschutzbeschichtung
Auf Grundlage der bisherigen Ergebnisse wurde untersucht, ob wasserlösliche Stickstoff-Phosphor-Silane (N-P-Silane) oder Cyclophosphazene (CPZ) als Basis für eine intumeszierende Außenbeschichtung dienen können. Am DTNW synthetisierte Flammschutzmittel wurden am Fraunhofer WKI in Beschichtungsformulierungen integriert. „Die von uns durchgeführten Arbeiten zeigen, dass eines der synthetisierten Flammschutzmittel, die nach dem Sol-Gel-Verfahren in eine intumeszierende Beschichtung eingearbeitet wurden, gute flammhemmende Eigenschaften aufweist und gleichzeitig auch witterungsbeständig ist. Zur Herstellung der Sol-Gel-Lösungen wurden die jeweiligen Silan-Präkursoren in einem Wasser-Ethanol-Gemisch gelöst, wobei eine Zielkonzentration von 25 Gew.-% angestrebt wurde“, berichtet Dr. Kolb.
Prüfergebnisse und Materialverhalten
Vier Beschichtungsformulierungen wurden ausgewählt und sowohl im Brandschacht als auch im Cone-Kalorimeter getestet. Zusätzlich erfolgte eine Freibewitterung über zwölf Monate. Zwei der getesteten Varianten enthielten klassische intumeszierende Mischungen, die anderen beiden enthielten zusätzlich die neu synthetisierten Flammschutzmittel. Eine dieser Formulierungen zeigte auch nach einem Jahr Freibewitterung sehr gute Lackeigenschaften. Bei nicht bewitterten Proben konnte im Brandschacht die Schwerentflammbarkeit nachgewiesen werden. Die Messungen im Cone-Kalorimeter, kombiniert mit Simulationen im Programm ConeTools, lassen erwarten, dass die geprüfte Beschichtung im SBI-Prüfstand zunächst die Baustoffklasse B und nach Bewitterung die Baustoffklasse C erreichen kann.
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Bedeutung für den sichtbaren Holzbau
Mit den erzielten Ergebnissen können Holzfassaden in höheren Gebäudeklassen gestärkt werden. Nach § 28 Absatz 3 der Musterbauordnung von 2002 müssen Außenwandoberflächen in den Gebäudeklassen 4 und 5 schwerentflammbar sein. Diese Regelung betrifft unter anderem Mehrfamilienhäuser, Bürogebäude, Krankenhäuser und Schulen. Auch kleinere Sonderbauten wie Kindertagesstätten unterliegen oft vergleichbaren Anforderungen. Die neue Beschichtung bietet hier Potenzial, die Bauweise mit sichtbarem Holz in diesen Klassen technisch umzusetzen.
Potenzial für Industrie und Markt
Die Forschungsergebnisse sind für mittelständische Unternehmen der Lackindustrie und des Holzbaus von Interesse. Eine Weiterentwicklung und Effizienzsteigerung der Beschichtung könnte die Markteinführung ermöglichen. Dies würde sowohl nationale als auch internationale Absatzmärkte eröffnen und die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber ausländischen Anbietern stärken. Das Projekt „Innovative und umweltfreundliche intumeszente Flammschutzlösungen für dekorative Holzoberflächen für Außenanwendungen im Hochbau“ wurde durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) im Rahmen der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) gefördert.
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Fraunhofer WKI: Forschung zu nachhaltigen Werkstoffen
Das Fraunhofer WKI forscht seit 1946 an der Nutzung nachwachsender Rohstoffe. Der Gründer Dr. Wilhelm Klauditz gilt als Pionier der modernen Holzwerkstoffindustrie. Heute deckt das Institut ein breites Spektrum ab – von Verfahrenstechnik und Komponentenfertigung mit Biowerkstoffen über biobasierte Bindemittel und Beschichtungen bis hin zu Recyclingverfahren. Mit Standorten in Braunschweig, Hannover und Wolfsburg zählt das Institut zu den führenden Einrichtungen für Werkstoff- und Produktprüfungen sowie Innenraumluftqualität. Nahezu alle entwickelten Verfahren und Produkte finden industrielle Anwendung und leisten einen Beitrag zum Aufbau einer biobasierten Kreislaufwirtschaft.




