Nanomagnete mit neuem Profil – ein Fertigungsschritt, der Materialien verändert
Ein Team des Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) hat ein Verfahren entwickelt, mit dem sich magnetische Nanostrukturen kostengünstig und mit hoher Präzision herstellen lassen. Die Methode nutzt einen fokussierten Ionenstrahl, der in dünnen metallischen Filmen senkrecht ausgerichtete Nanomagnete erzeugt – eine Geometrie, die für verschiedene Zukunftstechnologien von Bedeutung ist.
Ein nanofokussierter Neonionenstrahl erzeugt eine räumlich begrenzte Gitterordnung in einer Legierung. Dadurch entsteht Ferromagnetismus, bei dem sich Spins senkrecht zur Materialoberfläche ausrichten. Grafik: Sander Münster/HZDR
Magnetische Nanomaterialien bilden eine wesentliche Grundlage moderner Informationstechnologien. Sie kommen in Datenspeichern, Sensorik, spintronischen Bauelementen und potenziell auch im Quantencomputing zum Einsatz. Für all diese Anwendungen sind maßgeschneiderte magnetische Strukturen notwendig, die sich exakt kontrollieren lassen. Forschende des HZDR entwickelten bereits zuvor Methoden, um Nanostrukturen verschiedener Geometrien in Materialien einzubetten. Denn Aufbau und Ausrichtung dieser Strukturen bestimmen maßgeblich das Verhalten der Funktionsmaterialien.
Im aktuellen Projekt gelang ihnen eine Weiterentwicklung: Senkrechte Nanomagnete entstehen nun in einem vergleichsweise einfachen Fertigungsschritt und mithilfe leicht verfügbarer Materialien. Dazu erklärt Rantej Bali vom Institut für Ionenstrahlphysik und Materialforschung am HZDR: „Wir haben es geschafft, senkrechte Nanomagnete mit einem relativ einfachen Material zu erzeugen. Dadurch können alle Technologien, die von Nanomagneten abhängig sind, besser und günstiger werden.“
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Wenn Spins die Richtung wechseln
In vielen Materialien richten sich Elektronenspins bevorzugt parallel zur Oberfläche aus. Diese Orientierung schränkt die Einsatzmöglichkeiten in kompakten oder hochempfindlichen Systemen ein. Durch eine starke Verkleinerung der magnetischen Bereiche zeigten die Forschenden jedoch, dass eine senkrechte Ausrichtung möglich ist. Bisherige Ansätze nutzten komplexe Kristallstrukturen oder mehrlagige Materialstapel, was erhebliche Herstellungsaufwände mit sich brachte. Die neue Methode kommt dagegen ohne solche Spezialmaterialien aus. Dazu ergänzt Bali: „Sowohl die Materialien als auch die Fertigung sind günstig und für die meisten magnetischen Anwendungsszenarien geeignet.“
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Ionenstrahlverfahren als Werkzeug
Als Ausgangsmaterial diente ein dünner metallischer Film aus einer Eisen-Vanadium-Legierung. In seiner ungeordneten Form ist dieser Film nur schwach magnetisch. Trifft jedoch ein fokussierter Ionenstrahl mit einem Durchmesser von rund zwei Nanometern auf die Oberfläche, ordnen sich die Atome lokal neu an und formieren sich zu einem Kristallgitter. Mit dieser geordneten Struktur setzt Ferromagnetismus ein, und es entstehen präzise definierte magnetische Bereiche.
Durch das weitere Verkleinern der Strukturen bis zu einer Breite von 25 Nanometern beobachtete das Team eine Veränderung: Die magnetischen Momente richteten sich an bestimmten Stellen senkrecht zur Oberfläche aus. Dieser Effekt, der mit der extremen Begrenzung der Strukturen zusammenhängt, wird durch die Geometrie der erzeugten Domänen beeinflusst.
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Warum die Senkrechte neue Möglichkeiten eröffnet
Senkrecht stehende Nanomagnete lassen sich dichter anordnen und ermöglichen damit eine höhere Speicherdichte in magnetischen Datenträgern. In spintronischen Anwendungen wird der elektrische Stromfluss zusätzlich durch die besondere Orientierung der magnetischen Momente beeinflusst. Das erhöhte Drehmoment wirkt sich auf den Signaltransport aus und verbessert die Effizienz dieser Bauelemente. Auch in der Quanteninformationstechnik sind senkrechte magnetische Zustände relevant, da sie verschiedene Grundzustände eines Qubits unterscheidbar machen.
Zur Veranschaulichung nutzt Bali ein Bild: „Stark vereinfacht kann man sich das ähnlich wie bei einem Kartenspiel vorstellen. Wenn man alle Karten nebeneinander auf einen Tisch legt, benötigen sie relativ viel Platz. Stellt man sie stattdessen senkrecht auf, ist das viel platzsparender. Eine Karte, die senkrecht steht, reagiert deutlich sensibler auf Reize aus der Umgebung als eine flach liegende. Gleiches gilt für die Reaktion der Nanomagnete auf magnetische Reize von außen.“
Experimentelle und theoretische Bestätigung
Um die beobachteten Effekte präzise zu erfassen, untersuchte das Team die magnetische Domänenstruktur im Material. Domänen sind Bereiche einheitlicher Magnetisierung, deren Grenzen nur wenige Nanometer breit sind. Dort muss die Magnetisierung ausweichen, was zu einer senkrechten Orientierung der Momente führt.
Der experimentelle Nachweis erfolgte zunächst am HZDR mithilfe der Magnetkraftmikroskopie sowie über Streufeldmessungen. Parallel dazu nutzte das NTNU-Team um Magnus Nord in Trondheim das differentielle Phasenkontrastverfahren, das nanoskalige Aufnahmen liefert. Diese Bilder zeigen, wie Elektronen auf magnetische Bereiche reagieren und wie die Domänen zweidimensional angeordnet sind. Ergänzend lieferte das Team um Michal Krupinski vom Institut für Kernphysik der Polnischen Akademie der Wissenschaften theoretische Simulationen, die den Mechanismus der senkrechten Ausrichtung anschaulich darstellen.
Ausblick auf technologische Entwicklungen
Die Ergebnisse bieten eine Basis, um künftig Technologien in den Bereichen magnetischer Speicher, Sensoren und spinbasierter Quantenprozesse weiterzuentwickeln. Durch die Kombination aus einfacher Fertigung, flexiblen Ausgangsmaterialien und präziser Kontrolle der magnetischen Strukturen lassen sich neue Ansätze für die Gestaltung nanoskaliger Bauelemente erschließen.




