Globales Plastikabkommen: Verhandlungen zur Plastikverschmutzung starten am 5. August
Die Verhandlungen zum globalen Plastikabkommen in Genf dauern vom 5. bis 14. August. Ziel ist ein verbindlicher Rahmen zur Reduktion von Plastikverschmutzung, zur besseren Kontrolle plastik-assoziierter Chemikalien und zur Förderung einer globalen Kreislaufwirtschaft. Die Umweltchemikerin Prof. Annika Jahnke und die Ökotoxikologin Dr. Dana Kühnel vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung unterstützen im Rahmen der INC 5.2 die „Scientists‘ Coalition for an Effective Plastics Treaty“ und die deutsche Delegation.

Seit 2022 verhandelt die Weltgemeinschaft über ein globales Plastikabkommen – bislang ohne Abschluss. Vom 5. bis 14. August wird nun in Genf ein erneuter Anlauf genommen, um so die weltweite Plastikverschmutzung zu beenden.
Foto: Smarterpix/smithore
Das globale Plastikabkommen geht in die nächste Runde: Vom 5. bis 14. August starten in Genf die INC-5.2-Verhandlungen, um nach jahrelangen Rückschlägen ein rechtlich verbindliches Abkommen zur Eindämmung der globalen Plastikverschmutzung zu schaffen. Die Verhandlungen zielen darauf ab, Umweltbelastung, Gesundheitsrisiken und Klimafolgen durch Plastik weltweit zu reduzieren.
Zielsetzung: Einheitlicher internationaler Rahmen
Die Umweltchemikerin Prof. Annika Jahnke und die Ökotoxikologin Dr. Dana Kühnel, beide vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ, setzen sich in diesem Rahmen für eine sektorenübergreifende Kooperation ein, die möglichst schnell weitreichende Verbesserungen bewirken soll. Sie unterstützen in Genf die „Scientists‘ Coalition for an Effective Plastics Treaty“ und wirken an der deutschen Delegation mit.
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Forderung nach sektorenübergreifender Zusammenarbeit
Dr. Kühnel weist darauf hin, dass das Plastikabkommen einen internationalen Rahmen schaffen soll, der weltweit harmonisierte Anforderungen etabliert. Dazu zählen unter anderem die Reduktion der Plastiknutzung, weniger gefährliche Additive und verbesserte Recyclingmethoden zum Aufbau einer Kreislaufwirtschaft. Die Einbindung in bestehende Klimaschutz- und Biodiversitätsabkommen wird angestrebt.
Globale Vernetzung des Plastikproblems
Prof. Jahnke stellt fest, dass Herstellung, Nutzung und Entsorgung von Plastik heute global vernetzt ablaufen: Plastik werde vielfach im globalen Norden produziert und weltweit eingesetzt, während effektive Entsorgungssysteme oft im globalen Süden fehlen. Folge: Plastik gelangt in jedes Ökosystem, vom Gletscher bis zur Tiefsee, und erfordert abgestimmtes Handeln zwischen Staaten.
Wachsendes Produktionsvolumen als Herausforderung
Dr. Kühnel verweist auf Prognosen, laut denen sich die Kunststoffproduktion bis 2050 verdoppeln werde. Daraus resultiert ein klarer Handlungsbedarf: Internationale Standards sind notwendig, um Produktion, Verbrauch und Abfallvermeidung effizient zu steuern und die Umweltbelastung nachhaltig zu begrenzen.
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Gesundheits- und Umweltgefahren von Plastik
Laut Dr. Kühnel wird eine große Vielfalt von Kunststoffmaterialien genutzt, darunter Polymere und Additive wie Weichmacher und UV-Stabilisatoren. In der Umwelt zersetzen sich Plastikteile zu Mikro- und Nanoplastik, die von Meerestieren aufgenommen werden und in die Nahrungskette gelangen können. Beim Menschen ist die Aufnahme solcher Partikel inzwischen nachgewiesen. Zugleich enthielten Kunststoffe über 16 000 chemische Zusätze, von denen etwa ein Viertel als gefährlich gilt – sie wirken umwelt- oder gesundheitsschädlich und können hormonell wirksam sein.
Konflikte in den Verhandlungspositionen
Dr. Kühnel zeigt auf, dass einige Staaten, insbesondere Ölproduzenten, vor allem besseres Abfallmanagement und Recycling fördern, ohne die Kunststoffproduktion reduzieren zu wollen. Demgegenüber fordert die von Norwegen und Ruanda angeführte High Ambition Coalition stärkere Regulierungen – etwa zur Primärproduktion, zu Einwegprodukten und zum Ersatz gefährlicher Chemikalien.
Finanzierung und Lastenteilung als Streitpunkt
Die Verteilung der Kosten zur Beseitigung von Plastik ist laut Prof. Jahnke – insbesondere in Ländern des globalen Südens – offen. Diese Staaten sind überproportional von Plastikschäden betroffen, haben aber geringeren Produktionsanteil. Sie fordern finanzielle Unterstützung durch Verursacherstaaten. Bewegung in dieser Frage blieb bislang aus.
Erfolgskriterien eines wirksamen Abkommens
Für Prof. Jahnke ist es daher ein Erfolg, wenn verbindliche Ziele zur Regulierung von Chemikalien, zur Begrenzung der Primärproduktion und zum Verbot besonders problematischer Kunststoffe beschlossen und später über eine COP konkretisiert sowie regelmäßig an den Stand der Wissenschaft angepasst werden. Dr. Kühnel ergänzt, dass nur ein Abkommen, das den gesamten Lebenszyklus von Kunststoffen umfasst – von Ressourcen über Produktion bis Recycling – eine nachhaltige Wirkung entfalten könne.
Forderung: Die Weltgemeinschaft muss ins Handeln kommen
Dr. Kühnel unterstreicht, dass das zukünftige Abkommen nicht allein den Abfall regulieren dürfe. Die Probleme beginnen schon bei der Entstehung von Plastikprodukten. Sie betont: „Die Weltgemeinschaft muss ins Handeln kommen. Mit jeder weiteren Verzögerung werden die Probleme größer.“
Bedeutung für Umweltpolitik und globale Entwicklung
Der erneute Verhandlungszyklus betont die Dringlichkeit eines global abgestimmten Ansatzes zur Plastikkontrolle. Wissenschaftlerinnen, Regierungsvertreter, Industrieakteure und die Zivilgesellschaft sind gefragt, gemeinsam Maßnahmen zu erarbeiten. Bei Erfolg könnten internationale Standards und Mechanismen etabliert werden, die Plastikabbau, Recycling und Schadstoffbegrenzung weltweit nachhaltig fördern.