Zum E-Paper
Auswertung mit KI 14.12.2023, 12:03 Uhr

Intelligenter Sensor erkennt eigenständig Anomalien

Fraunhofer CCIT hat einen Sensor entwickelt, der Vibrationen an mechanischen Komponenten misst, mit KI direkt auswertet und Anomalien an die Cloud übermittelt.

Große Anpassungsfähigkeit: "AIQ-Bo" kann mit wenig Training an unterschiedlichen Systemen zum Condition Monitoring eingesetzt werden, beispielsweise an Windenergieanlagen, Brücken oder Brückenkränen. Foto: Fraunhofer CCIT

Große Anpassungsfähigkeit: "AIQ-Bo" kann mit wenig Training an unterschiedlichen Systemen zum Condition Monitoring eingesetzt werden, beispielsweise an Windenergieanlagen, Brücken oder Brückenkränen.

Foto: Fraunhofer CCIT

Defekte Komponenten erkennen und ausbessern, Wartungsarbeiten einleiten, Austausch planen – und so Kosten und Schäden vermeiden. Den Forschenden des Fraunhofer CCIT ist es eigenen Angaben zufolge in ihrem Projekt „AIQ-Bo – AI enhanced Intelligent – Bolt“ gelungen, ein trainierbares KI-Modell, das autonom Anomalien identifiziert, in einen Vibrations-Sensor zu integrieren. Die Innovation: Die KI wird am Sensor betrieben und erkennt direkt am Ort der Datenerzeugung Abweichungen. Das ermöglicht eine zukunftsweisende Art des Condition Monitoring – energieeffizient, dezentral und auf kleinstem Raum, heißt es.

Analyse direkt im Edge Device

Vibrationen sind sowohl Indikatoren als auch häufige Ursache für Verschleiß und Schäden an Antriebssystemen. Bei „AIQ-Bo“ analysiert ein optimiertes KI-Modell in einem drei-achsigen Beschleunigungssensor die aufgezeichneten Vibrationsdaten. Damit konnten die Forschenden des Fraunhofer CCIT KI in einem Microcontroller direkt an der Wirkstelle so einsetzen, dass sie Sensordaten energieeffizient und lokal auswertet.

Der entscheidende Vorteil: Die Vibrationsdaten müssen für die Analyse nicht erst in die Cloud gesendet werden. Die KI wird auf dem Gerät ausgeführt, die Verarbeitung der Informationen findet über die Fraunhofer-Technik „embeddif.ai“ dort statt, wo sie anfallen: im Edge Device. Das trainierte KI-Modell im integrierten Mikrocontroller des Sensors erkennt selbständig, ob die Komponente im Normalbetrieb läuft oder eventuell kritische Zustände erreicht – ohne Übertragung an die Cloud. Erst dann, wenn ein problematischer Status vorliegt, wird dieser per Funk an die Cloud weitergegeben. Dies reduziert die zu übertragende Datenmenge enorm und macht das System äußerst energieeffizient.

Ermöglicht wird dies durch das Open Source KI-Framework AIfES. Mit diesem lassen sich Künstliche Neuronale Netze (KNN) auf nahezu jeder Hardware in IoT-Geräten betreiben und trainieren – wie an dieser Stelle auf einfachen Mikrocontrollern.

Drahtloses KI-Retraining aus der Cloud

Rechenintensive Aufgaben wie das Training des KI-Algorithmus oder die Berechnung eines neuen KI-Modells erfolgen in der Cloud. Modellparameter können aktualisiert und per Funk an den Sensor zurückgesendet werden, um die Anomaliedetektion beispielsweise an veränderte Umweltbedingungen anzupassen.

Zum Übertragen der Daten kommt die Funktechnik mioty zum Einsatz. Diese zeichnet sich den Angaben zufolge durch hohe Energieeffizienz aus. Energy Harvesting versorgt die Sensorik und das Funksystem mit Energie aus der unmittelbaren Umgebung und nutzt dabei beispielsweise Temperatur oder Sonnenlicht zur Stromerzeugung. Eine alternative Versorgung durch kleine Batterien ist ebenso möglich.

Energie- und Kosteneffizienz durch „AIQ-Bo“

„Der Fraunhofer CCIT entwickelt Technologielösungen für das Edge-Cloud-Continuum, das dezentrales Edge-Computing und zentrales Cloud-Computing nahtlos miteinander verknüpft. Daten werden automatisch an der Stelle verarbeitet, an der es am effizientesten und ökonomisch sinnvollsten ist: In Echtzeit in der Edge, nah an Endgerät und Sensorik, oder skalierbar in zentralen Rechenzentren. ›AIQ-Bo‹ zeigt beispielhaft, wie dadurch konkreter Mehrwert beim Condition Monitoring entsteht“, betont Michael Fritz, der Leiter der Geschäftsstelle des Fraunhofer CCIT.

Aufgrund des automatisierten, KI-gestützte Condition Monitorings mit „AIQ-Bo“ müsse keine manuelle Prüfung der Anlage durch technisches Personal vorgenommen werden, was im laufenden Betrieb – beispielsweise eines Offshore-Windparks – nicht realisierbar und deshalb mit hohen Ausfallkosten verbunden wäre.

Die innovative Lösung sei hochgradig anpassbar: „Unser Ziel war es, ›AIQ-Bo‹ so flexibel zu gestalten, dass es mit möglichst wenig Training an unterschiedlichen Systemen eingesetzt werden kann, beispielsweise an Windenergieanlagen, Brücken oder Brückenkränen“, so Dr. Peter Spies, verantwortlicher Projektleiter des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen IIS. Auch das Training in der Cloud und der Transfer der Daten über Funk sei auf unterschiedliche Anwendungsszenarien übertragbar.

Projektpartner

Am Projekt des Fraunhofer Cluster of Excellence Cognitive Internet Technologies CCIT beteiligt waren das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS, das seine Technik „embeddif.ai“ und Kompetenz bei den Themen Energy Harvesting sowie effiziente Kommunikation einbrachte und die Demonstration in einer Laborumgebung ermöglichte. Zudem kommt das Open Source AI-Framework AIfES des Fraunhofer-Instituts für Mikroelektronische Schaltungen und Systeme IMS zum Einsatz, das auch die Optimierung der KI-Modelle durchführte. Das Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme IWES war überdies für die Vibrationsmessungen an zahlreichen Prüfständen und Windenergieanlagen verantwortlich. Die Sprecherrolle des Fraunhofer CCIT liegt beim Fraunhofer-Institut für Angewandte und Integrierte Sicherheit AISEC.

Weitere Beiträge zum Thema:

Sensoren mit OPC UA schnell installiert

Kamera und Scanner für die Automatisierung

Von Fraunhofer CCIT/Udo Schnell