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E-Mobilität 08.09.2023, 08:24 Uhr

ZF entwickelt E-Motor ohne Magnete und seltene Erden

Induktive Stromübertragungseinheit im Rotor ermöglicht ultrakompaktes E-Motordesign, bei Leistungsdaten auf dem Niveau der aktuell verbreitetsten Antriebe.

Weltweit kompaktester und drehmomentdichtester E-Motor ohne Magnete und Seltene Erden: ZF entwickelt mit dem I2SM-Konzept eine Alternative zu gängigen E-Antrieben. Foto: ZF

Weltweit kompaktester und drehmomentdichtester E-Motor ohne Magnete und Seltene Erden: ZF entwickelt mit dem I2SM-Konzept eine Alternative zu gängigen E-Antrieben.

Foto: ZF

ZF entwickelt nach eigenen Angaben einen E-Motor zur Serienreife, der ohne Magnete auskommt. Im Unterschied zu heute schon verfügbaren magnetfreien Konzepten sogenannter fremderregter E-Motoren wird beim I2SM (In-Rotor Inductive-Excited Synchronous Motor) von ZF die Energie für das Magnetfeld über einen induktiven Erreger innerhalb der Rotorwelle übertragen. Das macht den Motor einzigartig kompakt mit höchster Leistungs- und Drehmomentdichte, führt das Unternehmen aus.

Diese weiterentwickelte Variante eines fremderregten Synchronmotors (FSM) sei damit eine Alternative zu den so genannten permanentmagneterregten Synchronmaschinen (PSM). Letztere sind aktuell die am häufigsten bei E-Fahrzeugen eingesetzten Motoren, basieren allerdings auf Magneten, zu deren Herstellung Seltene Erden notwendig sind. ZF setze mit dem I2SM einen neuen Standard, der E-Motoren sowohl äußerst nachhaltig in der Produktion als auch höchst leistungsfähig und effizient im Betrieb mache.

Dr. Holger Klein, Vorstandsvorsitzender von ZF. „Das ist unser Leitprinzip für alle neuen Produkte. Und wir sehen derzeit keinen Wettbewerber, der diese Technologie so kompakt beherrscht wie ZF.“

Foto: ZF

„Mit diesem magnetfreien E-Motor ohne Seltene Erden haben wir eine weitere Innovation, mit der wir unser elektrisches Antriebsportfolio konsequent auf nachhaltige, effiziente und ressourcenschonende Mobilität trimmen“, sagt Dr. Holger Klein, Vorstandsvorsitzender von ZF. „Das ist unser Leitprinzip für alle neuen Produkte. Und wir sehen derzeit keinen Wettbewerber, der diese Technologie so kompakt beherrscht wie ZF.“ Im Vergleich zu gängigen FSM-Systemen können durch den induktiven Erreger die Verluste bei der Energieübertragung in den Rotor um 15 % reduziert werden. Außerdem kann der CO2-Footprint in der Herstellung, die bei PSM-E-Motoren insbesondere durch Magnete mit Seltenen Erden entsteht, um bis zu 50 % gesenkt werden.

„Dieser einzigartig kompakte Elektromotor ohne Magnete ist ein eindrucksvoller Beleg für unsere Strategie, E-Antriebe vor allem durch Effizienzsteigerungen ressourcenschonender und nachhaltiger zu machen“, sagt Stephan von Schuckmann, Mitglied des Vorstands.

Stephan von Schuckmann, Mitglied des Vorstands: „Dieser einzigartig kompakte Elektromotor ohne Magnete ist ein eindrucksvoller Beleg für unsere Strategie, E-Antriebe vor allem durch Effizienzsteigerungen ressourcenschonender und nachhaltiger zu machen.“

Foto: ZF

Der Verzicht auf Seltene Erden spart in der Produktion nicht nur wertvolle Ressourcen ein, sondern verringert auch die Abhängigkeiten in den Lieferketten. Darüber hinaus treten im Vergleich zu PSM keine Schleppverluste durch Permanentmagnete auf. Dies ermöglicht in bestimmten Betriebspunkten wie langen Autobahnfahrten mit hoher Drehzahl einen besseren Wirkungsgrad.

Rotordesign macht den E-Motor sehr kompakt

Damit sich das Magnetfeld im Rotor durch Strom statt durch Magnete aufbaut, sind beim FSM-Konzept aktuell noch in den meisten Fällen Schleif- oder Bürstenelemente notwendig, die zu Kompromissen zwingen: Es ist ein trockener, also für die Ölkühlung nicht zugänglicher Bauraum mit zusätzlichen Dichtungen notwendig. Dadurch nehmen diese herkömmlichen FSM axial rund 90 mm mehr Raum in Anspruch. Infolgedessen können Hersteller bei ihrer Modellplanung in der Regel nicht flexibel und ohne zusätzlichen Aufwand zwischen PSM- und FSM-Varianten variieren, führt ZF aus.

Um diese Vorteile fremderregter Synchronmaschinen wettbewerbsfähig anbieten zu können, ist es ZF gelungen, die bauartbedingten Nachteile gängiger fremderregter Synchronmaschinen auszugleichen. Insbesondere die Drehmomentdichte konnte durch ein innovatives Rotordesign gegenüber dem Stand der Technik deutlich gesteigert werden. Aufgrund der bauraumneutralen Integration des Erregers in den Rotor entstehen keine axialen Bauraumnachteile. Zudem führt eine Leistungsdichtesteigerung im Rotor zu einer Verbesserung der Performance.

Induktive Übertragung als Schlüsseltechnik

Technische Voraussetzung für die Innovation ist laut ZF, dass Energie induktiv, also kontaktlos in den Rotor übertragen wird und dort mittels Spulen ein Magnetfeld erzeugt. Damit benötigt die I2SM keine Bürstenelemente oder Schleifringe. Des Weiteren bestehe keine Notwendigkeit mehr, diesen Bereich durch Dichtungen trocken zu halten. Wie bei permanentmagnetisierten Synchronmaschinen werde der Rotor durch umfließendes Öl effizient gekühlt. Verglichen mit gängigen fremderregten E-Maschinen benötigt die ZF-Innovation bis zu 90 mm weniger axialen Bauraum. Im Hinblick auf die Leistungs- und Drehmomentdichte agiert die ZF-Innovation dagegen auf dem Niveau einer PSM.

ZF plant, die I2SM-Technik zur Serienreife zu entwickeln und als Option innerhalb der eigenen E-Antriebsplattform anzubieten. Kunden aus dem Pkw- und Nutzfahrzeugsegment können dann für ihre jeweiligen Anwendungen zwischen einer Variante mit 400-Volt-Architektur oder mit 800-Volt-Architektur wählen. Letztere setzt auf Siliziumkarbid-Chips in der Leistungselektronik.

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Von ZF/Udo Schnell