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Künstliche Intelligenz auf der Baustelle 22.11.2023, 10:59 Uhr

KI sorgt für effektivere Organisation auf dem Bau

Mangelhafte Kommunikation, fehlende Informationen und eine schlechte Abstimmung verursachen auf deutschen Baustellen alljährlich einen Millionenschaden. Der Einsatz Künstlicher Intelligenz könnte dies ändern. Erste Ansätze dazu liefert ein Forschungsprojekt am Karlsruher Institut für Technologie.

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Foto: panthermedia.net/welcomia

Auf rund 13 Milliarden Euro beziffern die Meinungsforscher von Bauinfoconsult in ihrer Jahresanalyse für 2022 die Fehlerkosten am Bau. Dies sind 8,1 Prozent des Jahresumsatzes der Baubranche. Wenngleich die Zahlen der vergangenen Jahre rückläufig sind, geht durch mangelhafte Kommunikation und fehlende Abstimmung noch immer ein großer Teil der Wertschöpfung verloren. Der Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) könnte durch ein digitales und vernetztes Datenmanagement Abhilfe schaffen. Wie nützlich dies vor allem für kleinere und mittlere Unternehmen ist, belegt das vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) koordinierte Projekt „SDaC – Smart Design and Construction“. Mehr als 40 Projektpartner aus Wissenschaft und Wirtschaft haben sich an dem vom BMWK über 3,5 Jahre mit rund neun Millionen Euro geförderten Projekt beteiligt. Bei einem Abschlussevent stellten die Forschenden die Ergebnisse vor.

Kollaborative Plattform mit Demonstratoren

Wie kann KI Menschen in der Bauwirtschaft unterstützen? Welche Aufgaben können Maschinen lernen? Zentrale Fragen, die im Rahmen des Projekts „SDaC – Smart Design and Construction“ erörtert wurden. „Wir haben eine Plattform entwickelt, auf der sich unter anderem Dokumente aus Projekten, beispielsweise PDF-Lieferscheine, digitalisieren und strukturieren lassen“, berichtet der wissenschaftliche Leiter von SDaC, Professor Shervin Haghsheno vom Institut für Technologie und Management im Baubetrieb (TMB) des KIT. Außerdem sind in Zusammenarbeit mit den Projektpartnern neun KI-Demonstratoren entstanden, die Organisationen der Bauwirtschaft bei der Bauplanung und -realisierung unterstützen sollen. „Dabei haben wir vor allem Wert auf Transparenz und Erklärbarkeit gelegt“, so Haghsheno. Die Demonstratoren sind auf der Plattform für Interessierte einsehbar und lassen sich testen, um die Mehrwerte von KI für die Bauwirtschaft zu erleben. Das TMB betreibt die aufgebaute Plattform und die entwickelten Demonstratoren über den Projektabschluss hinaus in einem Netzwerk weiter, um den Wissens- und Praxisaustausch zum Thema KI in der Bauwirtschaft zu unterstützen. 

Firmenübersicht und Netzwerkverstaltungen

Zusätzlich haben die Projektbeteiligten in SDaC eine Übersicht von 230 Softwareunternehmen erstellt, die sich mit KI für die Bauwirtschaft befassen. Auf einer Seite können KI-Expertinnen und Experten ihre Leistungen für Bau- oder Bausoftwareunternehmen anbieten. Schulungen und Netzwerkveranstaltungen werden ebenfalls organisiert. Auf der Basis des Demonstrators „Lieferscheine digitalisieren“ haben die Forschenden zudem eine App realisiert, die zeitnah in den App-Stores zum Download bereitstehen soll. Bisher erhält jede Baustelle Lieferscheine im Papierformat, die zur Rechnungsprüfung und Dokumentation manuell aufbereitet werden müssen – die App bietet eine einfache Möglichkeit, diese zu digitalisieren.

Mehrwert für kleine und mittlere Unternehmen: Projekt zeigt, was möglich ist

„Die Ergebnisse des Projekts bilden einen wichtigen Baustein in unserer Forschung zur Digitalisierung in der Bauwirtschaft, besonders zur Mensch-Maschine-Kollaboration“, sagt Shervin Haghsheno. Bei der Bauwirtschaft handele es sich um ein stark fragmentiertes Ökosystem mit vielen Schnittstellen, erklärt Projektleiterin Svenja Lauble vom TMB. „Daher ist eine verlustfreie Informationsweitergabe zwischen Organisationen und Softwaresystemen häufig nur schwer möglich. Mit SDaC haben wir die Mehrwerte von KI gezeigt, vor allem für kleine und mittlere Unternehmen. Gerade diese haben mit vielen Datenformaten zu tun, die häufig nicht digital und strukturiert vorliegen.“

 Folgeprojekt zu intelligenten Sanierungsmaßnahmen

Nach Abschluss des Forschungsvorhabens werden die darin gewonnenen Erkenntnisse weiter genutzt und vertieft: Einzelne in SDaC entstandene Demonstratoren sollen in einem Folgeprojekt weiterentwickelt werden. „NaiS – Nachhaltige intelligente Sanierungsmaßnahmen“ verknüpft Daten aus verschiedenen Quellen mithilfe von KI-Technologien auf einer digitalen Plattform, um Sanierungsmaßnahmen objektiv zu bewerten und zu optimieren.

Darüber hinaus ist aus dem Projekt SDaC das Dortmunder Start-up „Valoon“ entstanden. Die Neugründung bereitet Informationen aus Kommunikationskanälen wie WhatsApp intelligent auf und strukturiert sie.

Von KIT / Marc Daniel Schmelzer