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Photovoltaik-Wechselrichter auf dem Prüfstand 24.05.2023, 14:03 Uhr

Fraunhofer testet Lichtbogendetektoren

In Wechselrichter integrierte Lichtbogendetektoren erhöhen die Sicherheit von Solaranlagen. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme hat nun einen modularen Prüfstand entwickelt, um die integrierten Warnsysteme zu testen und weiterzuentwickeln.

Auslösung eines Lichtbogens im Prüfstand des TestLabs Power Electronics zum Test von Lichtbogendetektoren. Foto: Fraunhofer ISE

Auslösung eines Lichtbogens im Prüfstand des TestLabs Power Electronics zum Test von Lichtbogendetektoren.

Foto: Fraunhofer ISE

Serielle Lichtbögen sind immer wieder Ursache für den Ausfall von PV-Anlagen. Im schlimmsten Fall können sie gar einen Brand verursachen. Sie entstehen als Folge von Kontaktproblemen, zum Beispiel durch fehlerhafte Lötstellen im Modul oder in der Gleichstromverdrahtung des Wechselrichters. Spezielle Lichtbogendetektoren (LBD) helfen in solchen Fällen das Schlimmste zu verhindern. Sie erkennen einen durch den Lichtbogen ausgelösten Stromsprung im Wechselrichter beziehungsweise das daraus entstehende, charakteristische breitbandige Rauschen und schalten die Anlage stromlos.

IEC 63027: Neue Prüfnorm für Lichtbogendetektoren

In den USA sind LBD in neu installierten PV-Anlagen bereits seit 2011 vorgeschrieben. „Nationale und internationale Studien haben gezeigt, dass Lichtbögen in PV-Anlagen mit einer hohen Installationsqualität sehr selten auftreten. Auf freiwilliger Basis bieten jedoch auch Hersteller auf dem europäischen Markt Lichtbogendetektoren an. Einige Gebäudeversicherer haben aus Brandschutzgründen darauf gepocht“, erläutert Felix Kulenkampff vom Fraunhofer ISE. Er war an der Entwicklung einer internationalen Prüfnorm beteiligt, nach der die Detektoren noch zuverlässiger und realitätsnaher getestet werden. Die IEC 63027 ist am 3. Mai 2023 erschienen. Entwickelt wurde sie gemeinsam von Vertretern aus Industrie, Prüfgesellschaften und Wissenschaft. Sie räumt einige Schwächen der alten US-Norm aus, die den Realbetrieb nicht ausreichend realitätsnah simulierte. Dadurch blieben viele Lichtbögen unerkannt, weil sie die Grenzwerte nicht erreichten, oder aber es wurden Fehlalarme ausgelöst, weiß Kulenkampff.

Künstlicher Lichtbogen – entscheidend die Abschaltzeit

„Ein realitätsnaher Prüfaufbau kann das Risiko von nicht erkannten Lichtbögen und Fehlauslösungen deutlich senken. Im Test sollte der Lichtbogen möglichst realistisch und unter wiederholbaren Bedingungen gezündet werden können“, erklärt Felix Kulenkampff. Für den Test gemäß IEC-Norm 63027 (dessen grundlegende Parameter mit der überarbeiteten US-Norm UL 1699B übereinstimmen) wird anstelle echter PV-Module eine elektronische DC-Quelle als PV-Simulator eingesetzt. Der Strom fließt vom PV-Simulator über eine präzise trennbare Kontaktstelle in den Wechselrichter. Die Kontaktstelle wird durch zwei Elektroden aus Wolfram in Form eines Kugelgelenks gebildet, die mit einer definierten Geschwindigkeit auseinandergezogen werden. So wird ein charakteristischer Lichtbogen gezündet. Für den Testablauf können feste Testparameter (Elektrodenabstand und -geschwindigkeit) eingespeichert und angewählt werden. Damit das Messergebnis nicht durch den PV-Simulator beeinflusst wird, ist zwischen Wechselrichter und simulierter PV-Anlage ein Filternetzwerk geschaltet.

Maßgeblich für das ordnungsgemäße Funktionieren des Lichtbogendetektors ist die Zeit bis zum Abschalten des Wechselrichters: Je kürzer ein Lichtbogen brennt, desto geringer ist der Energieeintrag in die fehlerhafte Kontaktstelle. Das heißt: Kurze Abschaltzeiten verhindern eine Brandentstehung sicher. Bei einer Energie zwischen 200 und 750 Joule und einer Abschaltzeit unter 2,5 Sekunden hat der Detektor die Prüfung bestanden. Eine automatische Wiederzuschaltung nach Detektor-Auslösung ist innerhalb von 24 Stunden vier Mal erlaubt, beim fünften Mal muss sie manuell erfolgen.

Prüftechnik auf andere Bereiche übertragbar

Der im „TestLab Power Electronics“ aufgebaute Prüfstand setzt nicht nur die genannten Testanforderungen normgerecht um, sondern erlaubt darüber hinaus dank des modularen Aufbaus verschiedene Testszenarien für String-Wechselrichter mit unterschiedlich verschalteten PV-Modulstrings. Auch der Test von Modul-Wechselrichtern und Strang-Sammlern ist möglich. Der Prüfstand ist für Wechselrichter-DC-Spannungen bis 1 500 V geeignet, verfügt über drei DC-Eingänge für bis zu 16 A und einen DC-Eingang für bis zu 32 A. „Mit dem neuen Prüfstand erweitern wir das Angebot unseres „TestLabs Power Electronics“, in dem wir akkreditierte Prüfungen gemäß Netzanschlussrichtlinien, Wirkungsgradmessungen sowie Impedanzspektroskopie-Untersuchungen von Wechselrichtern durchführen können“, berichtet der Leiter des Prüflabors, Steffen Eyhorn.

Nicht nur für die Photovoltaik, sondern auch für andere Technologien wie Batterietechnik, Luftfahrt oder Elektromobilität ist der Schutz vor Schäden durch Gleichstromlichtbögen relevant. In allen Anwendungen ist eine Tendenz zu höheren Spannungen zu sehen. Die Wahrscheinlichkeit von elektrischen Überschlägen und daraus resultierenden parallelen oder seriellen Lichtbögen nimmt damit zu, so das Fraunhofer ISE. Im Rahmen abgeschlossener und laufender Forschungsprojekte adaptieren die Freiburger die Erfahrungen aus dem PV-Bereich auch auf diese Anwendungen, um für verschiedene Branchen Beratungsdienstleistungen anzubieten. „Für die Problemlösung kann unser Team auf eine Datenbank aus Lichtbogensignalen in verschiedenen realen Anlagenkonfigurationen zurückgreifen. Damit können wir Fehlerquellen auf den Grund gehen“, so Felix Kulenkampff.

Von Fraunhofer ISE / Marc Daniel Schmelzer