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Nachhaltigkeit auf der Baustelle 25.05.2023, 08:51 Uhr

Bessere Orientierung durch Umweltproduktdeklaration

Der Gebäudesektor ist für mehr als 30 % der globalen CO2-Emissionen verantwortlich. Im Kampf gegen den Klimawandel wird es deshalb zunehmend wichtiger, nachhaltig und ressourcenschonend zu bauen. Die Umweltproduktdeklaration hilft die dafür passenden Produkte zu identifizieren.

Gesunde Ökobilanz: Der Einsatz ressourcenschonender Produkte wird auf der Baustelle immer wichtiger. Foto: panthermedia/ArturVerkhovetskiy

Gesunde Ökobilanz: Der Einsatz ressourcenschonender Produkte wird auf der Baustelle immer wichtiger.

Foto: panthermedia/ArturVerkhovetskiy

Umweltproduktdeklarationen (engl. Environmental Product Declaration, EPD) sind eine Methode zur standardisierten Darstellung der Umweltauswirkungen von Produkten oder Dienstleistungen. Sie liefern eine Datengrundlage, die den gesamten Lebenszyklus eines Bauprodukts oder Teile davon abbildet und dessen Umweltauswirkungen quantifiziert. Sie basieren auf der internationalen Norm ISO 14025. Sie gilt für alle Branchen, doch Vorreiter in der Anwendung ist die Baubranche. Die Idee dahinter ist, dass durch die standardisierte Erfassung der Umweltdaten von Bauprodukten eine vergleichbare Grundlage für eine nachhaltige Bauplanung geschaffen wird. Planer, Architekten und Bauherren können diese Informationen nutzen, um eine fundierte Entscheidung bei der Auswahl der benötigten Produkte zu treffen und die Umweltbelastung ihres Projekts zu minimieren. Kunden dient die EPD als Nachweis für verschiedene Gebäude-Zertifizierungssysteme (LEED, BREEAM, DGNB).

Was steht in einer Umweltproduktdeklaration?

In einer Umweltproduktdeklaration werden die Umweltauswirkungen eines Produkts entlang des gesamten Lebenszyklus oder in Teilen erfasst. Dazu zählen unter anderem die Rohstoffgewinnung, die Produktion, der Transport, die Nutzung, die Entsorgung und das Recycling. Für jeden Bereich werden verschiedene Umweltkriterien wie Treibhausgasemissionen und Ressourcenverbrauch aufgelistet und bewertet. Diese Ergebnisse beziehungsweise Umweltindikatoren fließen in die Umweltproduktdeklaration ein und ermöglichen auf diese Weise eine Vergleichbarkeit zwischen den Bauprodukten.

Ein wichtiger Bestandteil einer Umweltproduktdeklaration ist die Zuordnung des Produkts zu einer spezifischen Produktkategorie. Diese Einordnung in die sogenannten Produktkategorieregeln (engl. Product Category Rules, PCR) ist notwendig, um die Vergleichbarkeit zwischen ähnlichen Produkten herzustellen. In jeder Produktkategorie werden die relevanten Umweltfaktoren erfasst und in die Umweltproduktdeklaration aufgenommen.

Gesunde Ökobilanz für ein nachhaltiges Gebäude

Die Ökobilanz (engl. Life Cycle Assessment, LCA) und die Umweltproduktdeklaration sind zwei zentrale Elemente der Nachhaltigkeit im Baugewerbe, die eng miteinander verknüpft sind. Vereinfacht kann man sagen, dass die Umweltproduktdeklaration eine standardisierte Zusammenfassung der Ergebnisse einer Ökobilanz darstellt.

Eine Ökobilanz-Studie umfasst vier Phasen: Zunächst werden das Ziel und der Untersuchungsrahmen festgelegt. Im Anschluss erfolgt eine Sachbilanz, die Datenerhebungen und Berechnungsverfahren zur Quantifizierung relevanter Inputs und Outputs eines Produktsystems erfasst. In der Wirkungsabschätzungsphase werden potenzielle Auswirkungen auf die Umwelt mit Hilfe der Ergebnisse der Sachbilanz analysiert. Bei der abschließenden Auswertung werden die Ergebnisse der Sachbilanz und der Wirkungsabschätzung gemeinsam betrachtet.

Je nach Bauprodukt gibt es unterschiedliche Ansätze zur Bewertung der Umweltauswirkungen. Alle gehen von der Entstehung (Cradle) aus und unterscheiden sich über den weiteren Lebenszyklus des Produktes. Das Konzept „Cradle to grave“ bezieht sich auf die Lebenszyklusphasen von der Rohstoffgewinnung bis zur Entsorgung eines Produkts am Ende seines Lebenszyklus. Bewertet man bei einem Produkt nur die Rohstoffgewinnung und Materialherstellung, spricht man von „Cradle to gate“. Die Betrachtung der Produktauswirkungen auf die Ökobilanz endet hier beim fertigen Produkt, das bis zum Werkstor gelangt. Transport und Nutzung werden bei diesem Ansatz nicht erfasst. „Cradle to cradle“ ist die umfassendste Betrachtung, bei der das Produkt oder Teile hiervon durch einen Recycling-Prozess wieder für ein neues Produkt verwertbar gemacht wird. Welcher der drei Ansätze gewählt wird, hängt unter anderem von der Verfügbarkeit der Daten ab.

Von Aquatherm / Marc Daniel Schmelzer