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Mangelbeseitigung 01.11.2018, 00:00 Uhr

Angemessene Frist zur Nacherfüllung

Der Auftraggeber ist im Falle eines Mangels grundsätzlich verpflichtet, zunächst dem Unternehmer Gelegenheit zur Nacherfüllung zu geben. Erst nach fruchtloser Setzung einer angemessenen Frist kann der Auftraggeber den Mangel anderweitig beseitigen lassen. Mit einer derartigen Fallgestaltung hatte sich das OLG Düsseldorf (Urteil vom 10.5.2016 – 21 U 180/15 –) zu befassen.

Bild: panthermedia.net/AndreyPopov

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Der klagende Auftraggeber hatte den Beklagten mit dem Einbau einer neuen Heizung und der Erneuerung der Sanitäranlagen beauftragt.

Der Kläger machte am 2.11.2011 Funktionsmängel der Heizungsanlage geltend; der Beklagte überprüfte die Anlage am 4.11.2011, konnte aber die Mängel nicht bestätigen. In der Folgezeit machte der Kläger weitere Mängel an der Heizungsanlage und den Sanitärinstallationen geltend. Am 22.12.2011 bat der Beklagte erfolglos um Vereinbarung eines Besichtigungstermins und Abstimmung etwaiger Nacherfüllungstermine. Am 27.12.2011 setzte der Kläger mit Anwaltsschreiben dem Beklagten eine Frist bis zum 6.1.2012. Nach mehreren erfolglosen Versuchen, mit dem Kläger Kontakt zu bekommen, rief der Anwalt des Beklagten am 6.1.2012 den Anwalt des Klägers an. Dieser sagte einen Rückruf nach Rücksprache mit dem Kläger zu, der jedoch nicht erfolgte. Am 13.1.2012 wies der Anwalt des Klägers weitere Nacherfüllungsversuche des Beklagten zurück; es sei bereits ein anderes Unternehmen beauftragt.

Der Kläger macht nunmehr die Kosten der Nacherfüllung durch einen Dritten geltend.

Chance zur Mangelbeseitigung

Das Gericht hat festgestellt, dass die Leistungen der Beklagten in erheblichem Umfang mangelhaft sind. Dennoch wird der Anspruch des Klägers abgewiesen, da der Beklagte sein Nacherfüllungsrecht nicht verloren hatte. Untersagt der Auftraggeber dem Unternehmer die Nacherfüllung, bevor dieser sein Nacherfüllungsrecht verloren hat, kann er die Kosten der Mangelbeseitigung weder unmittelbar noch im Wege des Schadensersatzes geltend machen.

Der Auftragnehmer verliert sein Nacherfüllungsrecht, wenn ihm eine angemessene Frist für die Nacherfüllung gesetzt worden und diese Frist fruchtlos verstrichen ist. Vorliegend hatte der Beklagte anwaltlich eine Frist setzen lassen. Das Gericht kommt jedoch zu dem Ergebnis, dass diese Frist unangemessen kurz gewesen sei. Die Frist muss so bemessen sein, dass der Schuldner in der Lage ist, den Mangel zu beseitigen. Angemessen ist die Frist, wenn während ihrer Dauer die Mängel unter größten Anstrengungen des Unternehmers beseitigt werden können. Der Unternehmer kann sich insbesondere nicht auf (derzeit) mangelndes Personal berufen. Im vorliegenden Fall geht das Gericht davon aus, dass zum einen erhebliche und zahlreiche Mängel gerügt worden sind, zum anderen zumindest bei einzelnen Mängeln zunächst eine Besichtigung durch den Beklagten erforderlich gewesen sei, um die Mangelursache einzugrenzen; erst dann habe der Beklagte die erforderlichen Ersatzteile bestellen können. Schließlich berücksichtigt das Gericht im speziellen Einzelfall auch, dass die Kontaktaufnahme mit dem Kläger schwierig gewesen sei, der per Telefax mit dem Beklagten kommunizierte, aber auf den Schreiben darauf hinwies, dass er keine Telefaxe empfangen könne.

Hilfsweise ergänzt das Gericht, dass es – selbst wenn die Frist angemessen gewesen sein sollte – jedenfalls treuwidrig gewesen sei, dass der Anwalt des Klägers einen Rückruf und die Vereinbarung von Terminen zur Nacherfüllung zugesagt, dies aber unterlassen habe.

Die Setzung einer unangemessen kurzen Frist ist nicht unwirksam, sondern setzt die angemessene Frist in Lauf, die mindestens bis zum 13.1.2012 gelaufen sei.

Innerhalb dieser Frist muss der Unternehmer die erforderlichen Handlungen vornehmen, um den Mangel zu beseitigen. Das ist hier nicht geschehen. Das Gericht würdigt aber, dass der Beklagte nach der Fristsetzung verschiedentlich und auf verschiedenen Wegen versucht hatte, mit dem Kläger Kontakt aufzunehmen. Ohne Mitwirkung des Klägers – insbesondere Abstimmung von Terminen zur Nacherfüllung – konnte der Beklagte die von ihm erwarteten Nacherfüllungsbemühungen nicht durchführen. Darin sieht das Gericht eine Vereitelung der Nacherfüllungsbemühungen des Beklagten, so dass sich der Kläger auf die abgelaufene Frist nicht berufen kann.

Fristsetzung im Ausnahmefall entbehrlich

Ausnahmsweise ist eine Fristsetzung allerdings entbehrlich. Das ist etwa dann der Fall, wenn die Nacherfüllung durch den Unternehmer für den Auftraggeber objektiv unzumutbar ist. Der Kläger hatte sich darauf berufen, dass der Beklagte für Heizungsbau nicht in der Handwerksrolle eingetragen und nicht Meister war. Das Gericht wies den Einwand zurück, da der Beklagte einen Berechtigten als Nachunternehmer hinzugezogen hatte.

Entbehrlich ist die Fristsetzung auch, wenn der Unternehmer die Nacherfüllung bereits endgültig und ernsthaft verweigert hat. In einem Schreiben vom 20.11.2011 hatte der Beklagte dem Kläger mitgeteilt, dass bei der Überprüfung am 4.11.2011 keine Mängel festgestellt worden seien. Daraus leitet das Gericht aber keine Verweigerung der Nacherfüllung bezüglich berechtigter Mängelrügen ab, was auch die in der Folgezeit unternommenen Versuche des Beklagten belegten, mit dem Kläger zur Abstimmung von Besichtigungs- und Nacherfüllungsterminen Kontakt zu bekommen.

Auch ein Fehlschlagen der Nacherfüllung, das ebenfalls eine weitere Fristsetzung entbehrlich macht, konnte das Gericht nicht feststellen.

Zu all diesen Gesichtspunkten kommt aber noch ein weiterer hinzu: Die Tatsache, dass der Kläger trotz Kenntnis der angeblichen die Unzumutbarkeit der Nacherfüllung durch den Beklagten begründenden Umstände noch eine Frist zur Nacherfüllung setzte, zeigt, dass er diese Umstände offenbar nicht als unzumutbar ansah. Jedenfalls wäre es ein widersprüchliches Verhalten, sich nach der Fristsetzung noch auf die Unzumutbarkeit zu berufen.

Von Dr. Reinhard Voppel

Dr. Reinhard Voppel Rechtsanwaltskanzlei Osenbrück, Bubert, Kirsten, Voppel Bild: Foto Stephan Behrla/Nöhrbaß GbR