Zum E-Paper
Hydraulische Systeme 01.01.2018, 00:00 Uhr

Korrosion in geschlossenen Wasserkreisläufen

Wasserführende Kreisläufe zur Wärme- und Kältebereitstellung in Gebäuden unterliegen dem Risiko der Korrosion. Es drohen Funktionseinschränkungen und Effizienzverluste bis hin zum Totalausfall. Zum besseren Verständnis der Schadensfälle wurden im EnOB – Forschungsprojekt „EQM-Hydraulik“1) 64 Systeme in 21 Gebäuden wasserchemisch untersucht. Außerdem wird ein neu entwickeltes Sensorsystem getestet, das Korrosionsvorgänge anzeigt, bevor Schäden entstehen. Von den untersuchten Systemen war mehr als die Hälfte von Korrosion betroffen und teilweise auch geschädigt. Die Kühlsysteme wiesen dabei eine höhere Schadenshäufigkeit auf als Heizsysteme.

Bild: panthermedia.net/Sarnade

Bild: panthermedia.net/Sarnade

Wasserführende Kreisläufe zur Wärme- und Kältebereitstellung in Gebäuden weisen häufig Korrosionserscheinungen auf. Typische Anzeichen sind schwarz oder braun gefärbtes Umlaufwasser, sedimentierende Bestandteile im Umlaufwasser, klemmende Ventile, frühzeitig ausfallende Pumpen oder Verstopfungen von Wärmetauschern oder anderen Anlagenteilen. Zur Schadensbeseitigung stehen kostspielige mechanische oder chemische Spülungen an, die von unternehmerischer Seite häufig als Produkt-Service-Kombination mit einer anschließenden Wasserbehandlung mit einem Korrosionsinhibitor angeboten werden. Die Erfolgsbilanz einer solchen Behandlung nach dem Auftreten von Korrosionserscheinungen fällt gemischt aus. Nicht immer führt eine Inhibitorbehandlung bei Vorschädigung des Systems zur gewünschten Minimierung der Korrosions- und Belagbildungssrate. Wie es im Einzelfall zum Korrosionsschaden kommen konnte oder wie dieser hätte vermieden werden können, bleibt ungeklärt. Bestehende technische Regeln decken nicht alle Anwendungsfälle adäquat ab. Für die Planung, Inbetriebnahme und Betrieb stehen Normen- und Regelwerke zur Vermeidung von Korrosion in Wasserkreisläufen zur Verfügung. Dazu zählen

  • die VDI 2035 Blatt 2 Vermeidung von Schäden in Warmwasseranlagen,[1]
  • die DIN EN 14868 (2005) Korrosionsschutz metallischer Werkstoffe – Leitfaden für die Ermittlung der Korrosionswahrscheinlichkeit in geschlossenen Wasser-Zirkulationssystemen, [2] sowie
  • seit April 2017 die BTGA-Regel 3.003 Geschlossene wassergeführte Kalt-/bzw. Kühlwassserkreisläufe in Gebäuden- Zuverlässiger Betrieb unter wassertechnischen Aspekten [3].

 

In allen Regeln wird der Vermeidung des Sauerstoffeintrages, sowie die Begrenzung der Salzgehalte – insbesondere bei der kombinierten Verwendung von Kupfer und Stahl – besondere Beachtung geschenkt. Die VDI 2035 Blatt 1 [4] begrenzt darüber hinaus den Gehalt an Härtebildnern zur Vermeidung von Steinbildung in Heizungssystemen. Obgleich die VDI 2035 Blatt 2 die umfangreichsten Maßgaben zur Korrosionsvermeidung in Wasserkreisläufen vorgibt, ist ihre Geltung auf Warmwassersysteme beschränkt. Für Kühlsysteme existieren mit der BTGA Regel 3.003 erst seit kurzem spezifische Maßgaben, die weitaus detaillierter sind, als die der VDI 2035 Blatt 2.

Die BTGA-Regel 3.003 schreibt zur Überwachung des Umlaufwassers eine Wasseranalyse im Rahmen der jährlichen Inspektion vor, um die Anforderungen an die Wasserqualität zu gewährleisten und akute Korrosionsvorgänge zu erkennen. Eine kontinuierliche Überwachung des pH-Wertes wird empfohlen. Als weitere Überwachungsmethode bietet sich ein Korrosionscoupon an. An einem in den Wasserkreislauf eingebrachten Werkstück wird die Korrosion in diesem Teil der Anlage dargestellt. Der Coupon reagiert insbesondere auf Sauerstoff, den pH-Wert und korrosionsfördernde Wasserbestandteile. Mit der Couponmethode werden lokale Korrosionsangriffe an anderen Stellen der Anlage, z. B. unter Biofilmen jedoch nicht erkannt. Auch mögliche Korrosionsursachen können durch den Coupon alleine nicht ermittelt werden.

Daher ist es auch Ziel im Forschungsprojekt, Werkzeuge sowie Methoden für ein Qualitätsmanagement zur Korrosionsvermeidung zu entwickeln. Im Mittelpunkt steht das Sensorsystem FeQuan, das kontinuierlich wasserchemische Parameter erhebt und zusätzlich die aktuelle Korrosionsrate berechnet [5] [6]. Aus der Kombination von vier einzelnen Messparametern wird der gelöste Eisen(II)-Gehalt berechnet. Das Verfahren wurde bisher nur unter Laborbedingungen geprüft [5]. Im Forschungsprojekt wird erstmalig die Anwendung im Gebäudewesen erprobt. Offene Fragen beziehen sich auf die Langzeitstabilität (Verschmutzung) und Störungen, wenn das Sensormesssystem fest im Realsystem installiert ist.

Untersucht werden verschiedene Anlagentypen von Heiz- und Kühlsystemen sowie kombinierte Systeme in großen Nichtwohngebäuden aus der Klasse der Büro- und Verwaltungsgebäude. Schwerpunkt des Forschungsprojektes bildet die Feldstudie an 21 Gebäuden mit 64 Systemen. Die Feldstudie gliedert sich in drei Phasen:

 

I.  64 Kreisläufe wurden einer punktuellen Korrosionsuntersuchung unterzogen (Erfassung der Anlagentechnik, wasserchemische Vor-Ort-Messung und wasserchemische Laboranalysen).

II.  Aus dem Anlagenpool wurden acht Kreisläufe für ein energetisches und ein Korrosionsmonitoring ausgewählt und der „FeQuan-Sensor“ im System fest installiert und an eine Online-Auswertung angeschlossen. Neben dem Feldtest des Sensorverfahrens dient dies zur Vorbereitung der Untersuchung von Abhilfemaßnahmen.

III.  Drei bereits geschädigte Systeme der mit einem FeQuan-Sensor ausgestatteten Gebäude werden unter wissenschaftlicher Begleitung saniert. Unterschiedliche Abhilfemaßnahmen werden erprobt und die Wirksamkeit verschiedener Maßnahmen beurteilt.

Untersuchungsgegenstand und Analysenmethoden

Zur Untersuchung der Korrosionsvorgänge in Wasserkreisläufen wurden Vor-Ort-Analysen und wasserchemische sowie biochemische Laboranalysen vorgenommen.

Wasserchemische Vor-Ort-Analysen und Probenentnahmen

Die Parameter Sauerstoff, pH-Wert, Leitfähigkeit, Temperatur und Redoxpotenzial wurden mit Hilfe von Sensoren in einer mobilen, durchflossenen Messeinheit bestimmt (Phase I), in Phase II und III wurde in einer fest installierten Armatur gemessen. Die Messeinheit wird mit Edelstahl-Wellschläuchen an das zu untersuchende System angebunden, sodass kein Kontakt zur Umgebungsluft besteht. Aus den Werten wird der Systemzustand hinsichtlich seiner Korrosionsneigung ermittelt. Der Gehalt an gelöstem Eisen(II) wird aus den Sensorwerten berechnet [5]. Ab Phase II wurden die Echtzeitdaten des Sensorsystems der acht Gebäudekreisläufe auf einen Server übertragen. Die Sensorwerte, der berechnete Eisen(II)-Gehalt sowie die daraus abgeleitete Korrosionsrate werden auf einem Dashboard online dargestellt und sind über eine https-Adresse einsehbar.

Dashboard zur Überwach-ung des Systemzustands Bild: Zagari

Dashboard zur Überwach-ung des Systemzustands Bild: Zagari

Für die Laboranalysen wurden je Kreis mehrere Wasserproben zur Bestimmung der in folgender Tabelle angegebenen Inhaltsstoffe entnommen.

Laboranalysen

Laboranalysen

Bei Vorliegen großer Mengen partikulärer Korrosionsprodukte (Sichtprüfung) wird davon ebenfalls eine Probe entnommen. In Abhängigkeit vom Füllvolumen der Anlage wird entweder ein anderer, höher liegender Entnahmehahn gewählt, oder das Anlagenwasser bis zur Erreichung einer optisch homogenen Probe abgelassen. Bei Verdacht auf eine mikrobiologisch induzierte Korrosion werden Proben für eine genetische Profilanalyse zur Bestimmung der auftretenden Keime entnommen.

Wasserchemische Laboranalysen

Im Labor werden die in den Proben enthaltenen Korrosionsprodukte (Eisen, Zink, Kupfer und weitere Legierungsmetalle) mittels elementanalytischer Methoden bestimmt. Zur Differenzierung von gelösten und ungelösten Korrosionsprodukten werden gefilterte (0,2 µm-Spritzenfilter) und ungefilterte Proben untersucht. Zur Bestimmung des Risikos von Kalk-Ablagerungen wird der Gehalt an Härtebildnern bestimmt. Calcium und Magnesium sind neben der Steinbildung auch mikrobiologisch relevant. [7]

Neben den genannten Metallkationen können auch Sulfat und Nitrat (SO42-, NO3) als Nährstoffe mikrobielles Wachstum und damit mikrobiell induzierte Korrosion fördern. Chlorid greift Schutzschichten aus Korrosionsprodukten an und ermöglicht so weitere Korrosion. Darüber hinaus wird der Gehalt an anorganischem Kohlenstoff sowie organischer Kohlenstoff als nicht ausblasbarer Kohlenstoff (NPOC) bestimmt.

Generell erhöhen hohe Konzentrationen der genannten Salze die Leitfähigkeit des Systemwassers, wodurch die elektrochemische Korrosion beschleunigt werden kann. Im Einzelnen erfolgen die Analysen nach Tabelle 1.

Biochemische Laboranalysen

Mikrobiologische Vorgänge haben einen direkten Einfluss auf das Korrosionsrisiko. So können z. B. mikrobiologische Aktivitäten den pH-Wert absenken. Unter günstigen Umständen sollte das Umlaufwasser durch anfängliche Korrosionsvorgänge zum Schutz vor weiterer Korrosion ausreichend alkalisieren. Durch die Aktivität von Sulfat-atmenden, fermentierenden und stickstofffixierenden Bakterien entstehen jedoch Säuren, die die schützende Eigenalkalisierung verhindern.

Die Sequenzierung (Polymerase-Kettenreaktion des Genabschnitts 16S rRNA) ermöglicht es, den genetischen Code der Bakterien aus der Probe mit den bereits in speziellen Datenbanken vorhandenen Sequenzen zu vergleichen und so Rückschlüsse auf die Populationszusammensetzung in dem jeweiligen Heizungs- oder Kühlsystem zu erhalten.

Beurteilungsschema

Die Ergebnisse der wasserchemischen Analysen werden auf der Basis von festgelegten Grenzwerten beurteilt. Diese beruhen auf bereits bekannten Grenzwerten der VDI 2035 oder es erfolgte eine Anpassung auf Basis der Erfahrungen im Projektverlauf. Der wichtigste Wert ist der Gehalt an gelöstem Eisen, der auf aktive Korrosionsprozesse hindeutet. Im Weiteren spielen die gemessenen Vor-Ort-Parameter sowie Salzgehalte eine entscheidende Rolle zur Beurteilung der Korrosionsgeschwindigkeit und der Korrosionswahrscheinlichkeit. War mehr als ein Parameter leicht erhöht, dabei gelöste oder partikuläre Metalle, oder der pH-Wert zu gering, wurde die Bewertung „kritischer Systemzustand“, bei gleichzeitig stark erhöhten Metallgehalten die Bewertung „schlechter Systemzustand“ vergeben. Folgende Bewertungskriterien wurden nach folgender Tabelle festgelegt.

Bewertungskriterien für die Beurteilung der Systemzustände

Bewertungskriterien für die Beurteilung der Systemzustände

Ergebnisse

Im Folgenden werden die Ergebnisse von Vor-Ort- und Laboranalysen vorgestellt.

Vor-Ort-Analysen

Die aus den Vor-Ort-Werten nach dem FeQuan-Verfahren bestimmten Eisen(II)-Werte wurden direkt mit den laboranalytisch ermittelten Werten verglichen. Bereits in der Phase I (Punktmessungen an 64 Systemen) wurden weder falsch negative noch falsch positive Ergebnisse durch den FeQuan-Sensor erzielt. Das heißt: wenn sich frische Korrosionsprodukte im Umlaufwasser befanden, zeigte der Sensor dies an. Wenn der Systemzustand gut war, zeigte der Sensor dies ebenfalls zuverlässig an, wie die nachgelagerte Laboranalyse bestätigte. Phase II lieferte mehr Punkte zum Vergleich.

Ein Gebäudeheizkreis mit kontinuierlicher Eisen(II)messung (FeQuan-Sensor) und laboranalytischen Punktmessungen (rote Punkte) als Referenz. Bild: Zagari

Ein Gebäudeheizkreis mit kontinuierlicher Eisen(II)messung (FeQuan-Sensor) und laboranalytischen Punktmessungen (rote Punkte) als Referenz. Bild: Zagari

Im nächsten Bild werden die durch den Sensor ermittelten Eisengehalte den laboranalytisch ermittelten Eisengehalten gegenübergestellt. Der Wert des FeQuan-Sensors zeigt über weite Bereiche eine hohe Übereinstimmung mit den Laborwerten.

Gehalt an Eisen(II) mit dem FeQuan-Sensor und durch Laboranalysen. (1) erhöhte Werte kurz nach Befüllung, (2) mikrobiologisch beeinflusste Wasserveränderungen, (3) Arbeiten an Sensoren, (4) Untersuchung der Mikrobiologie. Bild: Zagari

Gehalt an Eisen(II) mit dem FeQuan-Sensor und durch Laboranalysen. (1) erhöhte Werte kurz nach Befüllung, (2) mikrobiologisch beeinflusste Wasserveränderungen, (3) Arbeiten an Sensoren, (4) Untersuchung der Mikrobiologie. Bild: Zagari

Der während der Inbetriebnahme erhöhte Eisengehalt wird aufgrund der Bildung reaktiverer Komplexe (vgl. [5]), ebenso wie durch mikrobiologische Aktivität hervorgerufene Wasserveränderungen, überhöht dargestellt. Die analytischen Eisenkonzentrationen erhöhen sich erst in der Folge des pH-Wert-Abfalls und der mikrobiologischen Besiedelung und stimmen dann wieder mit den Sensorwerten überein.

Wasserchemische Laboranalysen

Die Elementaranalyse ergab, dass einige der Kühlsysteme mit enthärtetem Wasser befüllt waren. Eine Enthärtung verringert nicht den Chlorid-Gehalt des Wassers. Folgende Gegenüberstellung des Gehalt an gelöstem Eisen und des Chlorid-Gehalts wurde aus den Messwerten gewonnen: Ab einem Gehalt von 15 mg/l Chlorid im Umlaufwasser nehmen Fälle mit hohen Eisengehalten deutlich zu. Unterhalb dieses Wertes kommt es zu keiner nennenswerten Korrosion.

Einen weiteren Einflussfaktor stellt der pH-Wert dar. Ein pH-Wert < 8,5 neben einem Chlorid-Gehalt > 15 mg/l führt zu einem höheren Eisengehalt, als bei Systeme mit einem pH-Wert > 8,5.

Ein linearer Zusammenhang zwischen Sauerstoff- und Eisengehalt ist nicht erkennbar.

Gehalt an gelöstem Eisen in Abhängigkeit vom Chlorid-Gehalt des Umlaufwassers. Bild: Zagari

Gehalt an gelöstem Eisen in Abhängigkeit vom Chlorid-Gehalt des Umlaufwassers. Bild: Zagari

Werden die meisten Systeme mit einem Gehalt zwischen 0,01 und 0,1 mg/l Sauerstoff ausgeklammert, zeigt sich der zu erwartende Zusammenhang zwischen Sauerstoffkonzentration und Korrosionsrate, der jedoch nur für sehr hohe Sauerstoffkonzentrationen gilt.

Biochemische Laboranalysen

Nach einer vorab durchgeführten Onlinebefragung ziehen die Befragten mikrobakterielle Vorgänge kaum als Korrosionsursache in Betracht. Dennoch wurden rund 800 verschiedene Gattungen an Keimen identifiziert. Die identifizierten Gruppen lassen sich aufgrund ihrer Stoffwechseleigenschaften wie folgt unterteilen:

  • Sulfatreduktion und Eisenoxidation
  • Nitratreduktion, Stickstofffixierung
  • Biofilmbildner
  • Fermentierende, acetogene, zum Teil komplexe, auch halogenierte Organik abbauende Organismen (Abbau von Inhibitoren/ Bioziden möglich)

Auswertung

Korrosionsvorgänge

Die vorgefundenen, mit enthärtetem Wasser befüllten Kühlsysteme zeugen davon, dass in Ermangelung einer geeigneten Vorschrift für Kühlsysteme die Vorgaben der VDI 2035 (für Heizsysteme) angewendet wurden. In Heizsystemen wird Enthärten gegen Steinbildung eingesetzt. Steinbildung tritt auf, wenn Wasser erwärmt wird, das Härtebildner und Hydrogencarbonat enthält [4]. In Kaltsystemen greift der Vorteil dieser Maßnahme jedoch nicht, da keine Erwärmung stattfindet. Die Leitfähigkeit und die Nährstoffverfügbarkeit für Mikroorganismen bleiben durch Enthärtung unverändert.

Der Einfluss von Chlorid auf die Korrosionsneigung ist deutlich: Chlorid zeigt sich als der deutlichste monokausale Einflussfaktor auf die Korrosionsneigung. Treffen hohe Chlorid-Gehalte über 15 mg/l auf niedrige pH-Werte kleiner 8,5, kommt es zu einer weiteren Verstärkung der Korrosionsneigung. Der Einfluss des gemessenen Sauerstoffgehaltes des Umlaufwassers auf die Korrosionswahrscheinlichkeit ist im unteren Konzentrationsbereich nicht so bedeutend, wie es die Prioritätensetzung in den maßgeblichen Regeln erwarten ließe. Sehr hohe Sauerstoffgehalte > 1 mg/l führen zwar sicher zu Korrosion, es kann aber auch bei niedrigeren Sauerstoffgehalten < 0,1 mg/L zu ebenso starker Korrosion kommen.

Gehalt an gelöstem Eisen in Abhängigkeit vom Sauerstoff-Gehalt des Umlaufwassers. Bild: Zagari

Gehalt an gelöstem Eisen in Abhängigkeit vom Sauerstoff-Gehalt des Umlaufwassers. Bild: Zagari

In dem Bereich zwischen 0,01 mg/l und 0,1 mg/l, in dem sich die meisten Umlaufwässer befinden, ist kein offenkundiger (linearer) Zusammenhang zwischen dem Sauerstoffgehalt und dem Eisengehalt festzustellen. Ursächlich für die Streuungen in diesem Bereich könnten unterschiedliche Salzgehalte der Wässer sein. Ein niedriger Sauerstoffgehalt stellt also keine Garantie für Korrosionsfreiheit dar. Hingegen fördern hohe Sauerstoffgehalte oberhalb 1 mg/l sicher die Korrosion. In dem häufig anzutreffenden Bereich dazwischen scheinen andere Einflussfaktoren wie der Salzgehalt, mutmaßlich speziell des Chlorid-Gehaltes, bedeutender.

Einfluss der Mikrobiologie und Fallbeispiele

Nitrat- und Sulfat-reduzierende Bakterien beeinflussen die Korrosion eisenhaltiger Werkstoffe. Dies spricht neben der Begrenzung des Chlorid-Gehaltes für eine Vollentsalzung des Füllwassers (VE-Wasser). Bakterien wird durch das Fehlen von Salzen die Nährstoffbasis entzogen. Inhibitoren und Restkonzentrationen an Glykol ohne ausreichende Bioziddosierung dienen ebenfalls als Nährstoffgrundlage für Keime. Die am stärksten betroffenen Systeme, die in der Feldstudie vorgefunden wurden, enthielten häufig ein Umlaufwasser mit Inhibitor- oder Glykolrückständen aus vorangegangen Behandlungen.

Das folgende Bild zeigt das wasserchemische Verhalten in einer Test-Anlage im Labormaßstab (Systemvolumen 3 L) nach Inbetriebnahme.

Gute Alkalisierung mit späterem mikrobiologischem Wachstum. Bild: Zagari

Gute Alkalisierung mit späterem mikrobiologischem Wachstum. Bild: Zagari

Der pH-Wert steigt innerhalb von zwei Monaten von 7,5 auf 9,2, während der Sauerstoffgehalt aufgrund von Zehrung durch die anfänglichen Korrosionsvorgänge leicht von ursprünglich gesättigten Verhältnissen auf 50 µg/L fällt. In den folgenden drei Monaten kommt es durch Temperaturabsenkung zu einer entsprechenden Erhöhung der Sauerstoffkonzentration von 50 auf 68 µg/L innerhalb von 1,5 Monaten. Nach ca. einem Monat beginnt der pH-Wert zu sinken und fällt nach zwei weiteren Monaten unter pH 9,0. Die mikrobiologische Profilanalyse zeigt neben der stickstofffixierenden Gattung Azospira unter anderem den nitratabhängigen Eisenoxidierer Acidovorax. Beide kommen im Boden und Grundwasser vor und sind an Temperaturen von 10-18 °C angepasst [3]2).

Schlechte Alkalisierung (Sauerstoffeintritt und Verkeimung). Bild: Zagari

Schlechte Alkalisierung (Sauerstoffeintritt und Verkeimung). Bild: Zagari

Das Bild oben zeigt das wasserchemische Verhalten in einer Anlage bei stetigem Sauerstoffeintritt und Verkeimung. Der pH-Wert steigt innerhalb kurzer Zeit auf pH 9,3 und fällt dann stetig auf pH 8,4. Die mikrobiologische Analyse zeigt als dominierende Gattungen den aeroben Biofilmbildner Pseudomonas und den Stickstofffixierer Bradyrhizobium [6].

Bewertung des Korrosionszustandes

Der überwiegende Anteil der vorgefundenen Systeme befindet sich aus korrosionstechnischer Sicht mindestens in einem kritischen Zustand, so dass dort die Wahrscheinlichkeit von Korrosionsschäden deutlich erhöht ist. Die Anteile der gut, kritisch und schlecht bewerteten Systeme sind in etwa gleich verteilt, wobei die Kühlsysteme seltener in einem guten Zustand sind als die Heizsysteme.

Bewertung der untersuchten Systeme. Bild: Zagari

Bewertung der untersuchten Systeme. Bild: Zagari

Neben der Bewertung des Systemzustandes wird auf Basis wasserchemischer Parameter die vorangegangene Behandlung des Füllwassers in die Bewertung mit einbezogen. Dabei fällt auf, dass die Hälfte der Kühlsysteme mit enthärtetem Wasser befüllt wurden. Ein kleiner Teil der Füllwässer ist voll-entsalzt.

Behandlung der Füllwässer Bild: Zagari

Behandlung der Füllwässer Bild: Zagari

Es kann kein offensichtlicher Zusammenhang zwischen der Art der Wasserbehandlung und dem Systemzustand ermittelt werden. Es hat sich lediglich gezeigt, dass sich die Systeme mit voll-entsalztem Wasser ausnahmslos in einem guten Zustand befinden, was jedoch aufgrund der geringen Fallzahlen (n=4) nicht als signifikant gelten kann.

Schlussfolgerung und Ausblick

Kühlsysteme sind aufgrund der Befüllung mit ungeeigneten Wässern häufiger betroffen als Heizsysteme. Ursache sind – bis vor kurzem – unklare oder fehlende Regeln für die Befüllung von Kühlsystemen. Der Chlorid-Gehalt des Füllwassers hat sich als maßgeblicher Einflussfaktor auf die Korrosionsneigung herausgestellt. Ein zu niedriger pH-Wert bedingt durch sulfatreduzierende oder stickstofffixierende Bakterien in Kombination mit einem zu hohen Chlorid-Gehalt verstärkt die Korrosionsneigung weiter. Zur wirksamen Begrenzung des Chlorid-Gehaltes und anderer Salze als Nährstoffgrundlage für Keime empfiehlt sich sowohl für Heiz- als auch Kühlanlagen die Befüllung und Nachspeisung mit VE-Wasser. Alternativ können salzarme unbehandelte oder mit VE-Wasser verschnittene Standortwässer verwendet werden. Dementsprechende Anforderungen an das Füllwasser enthält die BTGA-Regel 3.003, in die neben der Begrenzung des Chlorid-Gehaltes unter 15 mg/l weitere Forschungsergebnisse eingegangen sind. Neben einem geeigneten Füllwasser stellt die kontinuierliche wasserchemische Überwachung des Umlaufwassers ein wirksames Mittel zur Vermeidung von Schäden durch Korrosion dar.

Die Überwachung des Umlaufwassers ist die am geeignetste Methode, um Korrosionsrisiken aufzudecken bevor Schäden entstehen. Die Kontrolle des pH-Wertes, wie sie auch durch die VDI 2035 und die BTGA–Regel 3.003 empfohlen wird, stellt die einfachste Methode dar. Statt einer wie in den Regeln empfohlenen jährlichen Kontrolle ist eine kontinuierliche Kontrolle wünschenswert, da nachteilige Veränderungen früher erkannt werden und eine Ursachenerkennung und -beseitigung eher möglich ist als bei einer jährlichen Kontrolle.

Erste Erfahrungen mit dem FeQuan-Sensor im Praxistest sind positiv. Die Sensorwerte sowie die berechnete Korrosionsrate eignen sich gut zur Beurteilung eines Systems insbesondere im Zusammenhang mit Änderungen der Betriebsrandbedingungen oder der Überwachung von Maßnahmen zur Vermeidung von Korrosion, wie zum Beispiel Spülungen oder Neubefüllungen.

1) Energie- und Qualitätsmanagement – Korrosion in hydraulischen Systemen, Förderkennzeichen 03ET1270B, http://siz-energie-plus.de/projekte/eqm-korrosion-in-hydraulischen-systemen/

2) Die Leitfähigkeitserhöhung liegt hier zum Teil am Versuchsaufbau: beim geringen Anlagenvolumen macht sich die geringfügige Freisetzung von KCl aus den pH- und Redoxsensoren – je nach Ionenstärke des Wassers ca. 10 mg pro Monat – bemerkbar. Selbst in kleineren Gebäudeanlagen ist dies kaum messbar.

 

 

Literatur:

[1] (VDI), Verein Deutscher Ingenieure. VDI 2035, Blatt 2: Vermeidung von Schäden in Warmwasseranlagen. Berlin: Beuth Verlag, 2009.

[2] (DIN), Deutsches Institut für Normung. DIN EN 14868 (2005): Korrosionsschutz metallischer Werkstoffe – Leitfaden für die Ermittlung der Korrosions-wahrscheinlichkeit in geschlossenen Wasser-Zirkulationssystemen. Berlin: Beuth Verlag, 2005.

[3] (BTGA), Bundesindustrieverband Technische Gebäudeausrüstung e. V. Geschlossene BTGA-Regel 3.003: Geschlossene wassergeführte Kalt-/bzw. Kühlwassserkreisläufe in Gebäuden. Zuverlässiger Betrieb unter wassertechnischen Aspekten. Bonn: s.n., 2017.

[4] (VDI), Verein Deutscher Ingenieure. VDI 2035, Blatt 1: Steinbildung in Trinkwassererwärmungs- und Warmwasser-Heizungsanlagen. Berlin: Beuth Verlag, 2005.

[5] Opel, Oliver. Detektion von Verockerungsprozessen, Korrosion und Belagbildung – Monitoring der Eisenoxidation in Brunnen, Gebäuden, Leitungen und technischen Anlagen mithilfe des Redoxpotentials. Saarbrücken: SVH Südwestdeutscher Verlag für Hochschulschriften, 2013.

[6] Wiegand, Marlies. Untersuchungen zum Korrosionsverhalten geschlossener hydraulischer Anlagen moderner Installationssysteme mithilfe von wasser- und elektrochemischer Analytik freigesetzter Metallionen. Lüneburg: Unveröffentliche Hochschulschrift, 2017.

[7] Fritsche, Olaf. Mikrobiologie. Berlin Heidelberg: Springer-Verlag, 2016.

Von Prof. Dr. Oliver Opel, Dr. Stefan Plesser, Marlies Wiegand und Dipl.-Ing. Mani Zagari

Prof. Dr. Oliver Opel, FH Westküste, forscht seit 15 Jahren im Bereich Korrosions- und Verockerungsprozesse in wasserführenden Anlagen zur Kälte- und Wärmebereitstellung.Dr. Stefan Plesser, stellvertretender Geschäftsführer SIZenergie+ und Abteilungsleiter Energie- und Qualitätsmanagement, SIZenergie+, Energie- und Qualitätsmanagement, Braunschweig. MSc. Marlies Wiegand, Leuphana Universität Lüneburg, Fakultät Nachhaltigkeit. Arbeitet im Forschungsprojekt EQM.Hydraulik, Schwerpunkt Wasserchemie und Mikrobiologie.Dipl.-Ing. Mani Zargari, SIZenergie+, Energie- und Qualitätsmanagement, Braunschweig. Leitet das Forschungsprojekt EQM:Hydraulik mit dem Arbeitsschwerpunkt Betriebsrandbedingungen.