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200.000 Kubikmeter Frischluft pro Stunde 11.07.2023, 09:51 Uhr

Herausforderung für Planende: neue RLT-Anlage für Eventhalle

Mit der Corona-Pandemie ist das Bewusstsein für die Bedeutung von frischer Luft in Innenräumen nochmals gestiegen. Fachleute beschäftigt das Thema aber bereits seit geraumer Zeit. Großobjekte wie Veranstaltungshallen sind dabei noch immer eine besondere Herausforderung.

Zwei neue Lüftungsgeräte versorgen die Veranstaltungshalle seit 2021 mit Frischluft. Foto: Wolf GmbH

Zwei neue Lüftungsgeräte versorgen die Veranstaltungshalle seit 2021 mit Frischluft.

Foto: Wolf GmbH

Die Mitsubishi Electric Halle im Düsseldorfer Stadtteil Oberbilk ist für Events höchst flexibel einsetzbar und deshalb sehr gut ausgelastet. Die Bandbreite reicht von Sportveranstaltungen, wo rund 4 000 Zuschauer auf den Rängen Platz nehmen können, über Konzerte, mit einer Belegung von bis zu 7 500 Fans im 3 300 Quadratmeter großen Innenraum, bis hin zu bestuhlten Events auf der Innenraumfläche, wie zum Beispiel Aktionärsversammlungen für 5 450 Personen. Innen ist die Halle, die Teil des Location-Portfolios des stadteigenen Eventmanagementunternehmens D.Live ist, gut zehn Meter hoch, 74 Meter lang und 66 Meter breit.

Die Location an der Siegburger Straße (früher Philips-Halle) ist in Düsseldorf seit über 50 Jahren eine feste Institution.

Foto: Wolf GmbH

Besondere Herausforderung: Lüftungskanäle in Beton- und Ziegelbauweise

Bei ihrer Eröffnung im Jahr 1971 entsprach die Lüftungstechnik der Veranstaltungshalle natürlich dem Stand der Technik. Dabei handelte es sich – wie sich herausstellen sollte – um eine äußerst langlebige Kältetechnik, die mit dem natürlichen Kältemittel Ammoniak (6 °C/12 °C) arbeitete. Sie stellte Kälte für zwei RLT-Anlagen bereit, mit der die Zuluft für die Halle gekühlt wurde. Die Abwärme der Kältemaschine wurde über einen 800 kW-Kühlturm abgeführt. Die erste Raumlufttechnik-Generation wurde 1994 ausgetauscht. Die neuen Geräte wurden in zwei gemauerten Bestands-„Lüftungsräumen“ installiert.

Die frische Luft strömte hier durch ein durchbrochenes Mauerwerk in die Lüftungsräume und wurde von dort temperiert in die Halle gefördert. Um Energie zu sparen, wurde die Anlage mit 60 Prozent Umluft gefahren, die Umluft-Lüftungskanäle waren in Beton- und in Ziegelbauweise ausgeführt. Durch diese Anordnung und Ausführung entsprach die Technik jedoch nicht mehr den aktuellen Hygiene-Vorschriften und ebenso wenig den Anforderungen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG). Entsprechend hat das Planungs- und Ingenieurbüro Udo W. Kablitz aus Moers eine neue Kälte- und Lüftungstechnik an diese Vorgaben angepasst und dabei großen Wert sowohl auf einen energieeffizienten als auch einen hygienischen Betrieb gelegt.

In die alten, gemauerten Lüftungskanäle der Halle wurden hygienische Kanäle aus verzinktem Stahlblech eingezogen.

Foto: Wolf GmbH

Nachträglich gegossene Betondecken

Bei der Demontage der Altanlage sahen sich die an der Sanierung beteiligten Unternehmen mit der gleichen Frage konfrontiert, die sich ein Hausbesitzer stellen muss, der kellergeschweißte Öltanks in seinem Keller hat und diese entsorgen möchte: Bei den Technikräumen der Halle wurden die Decken erst gegossen, nachdem die großen Komponenten zum Heizen, Kühlen und Lüften in die jeweiligen Räume eingebracht waren. Die gesamte Technik (zum Beispiel Umluftkammer, Luftfilter, Lufterwärmer, Luftkühler, riemengetriebener Zuluftventilator (30 kW / 85 kW) Filterzellenkammer, Kulissenschalldämpfer, Umwälzpumpen etc.) war somit regelrecht eingemauert – und dies zudem ausgesprochen platzsparend. Die Leitungen und die elektrische Verkabelung waren zu einem großen Teil unter der fünf Meter hohen Decke montiert und damit nur über Scherenbühnen erreichbar, aber auch weiter unten in oft sehr verwinkelten Kabelkanälen installiert.

Umbau in einem Zug

Um den laufenden Betrieb in der Sanierungsphase zwischen Frühjahr und Herbst 2021 zu ermöglichen, wurde der Umbau der Kälte- und Lüftungstechnik in zwei Schritten geplant: Zuerst sollte eine der beiden Bestands-Lüftungsanlagen demontiert werden, während das zweite Gerät die Frischluftzufuhr der Halle komplett übernehmen musste. Im gleichen Zeitraum sollte auch die alte Kälteanlage stillgelegt und abgebaut werden. Im Rahmen des Lockdowns konnte der Umbau in einem Zug durchgeführt werden – lediglich unterbrochen von einer einwöchigen Messeveranstaltung. Damit entfiel auch die Herausforderung, den Lieferverkehr für Veranstaltungen nicht zu beeinträchtigen und damit viele Arbeiten ausschließlich an Wochenenden erledigen zu müssen. Zur Entsorgung großer Einzelteile der Lüftungsgeräte wurde in das Flachdach der Lüftungstechnikräume eine 3,20 mal 1,50 Meter große Öffnung gebrochen. So konnten große Teile per Autokran aus dem Gebäude gehoben und für den Abtransport direkt auf LKW verladen werden. Kleinere Teile entsorgten die Mitarbeiter des LüKK-Spezialisten Zimmer & Hälbig aus Köln zum Teil auch durch eine Standardtür aus dem Gebäude. Bestandsschutz beim Abbruch hatten lediglich die Verkabelung in die Halle hinein sowie die gemauerten Lüftungskanäle in der Halle.

Der luftgekühlte Verflüssiger und die beiden Lüftungsgeräte wurden auf einem Grundrahmen auf dem Dach fest verankert.

Foto: Wolf GmbH

Keine Lagermöglichkeit auf dem Gelände

Das ausgebaute Altmaterial musste sofort und für die Entsorgung bereits getrennt auf LKWs verladen werden, da es auf dem Gelände keine Lagermöglichkeit gab. Das bedeutete, dass auf der Baustelle sechs Tage die Woche gearbeitet wurde. Aus Sicherheitsgründen – um einer Explosions- und Brandgefahr aus dem Weg zu gehen – war zur Demontage der Einsatz von Winkelschleifern oder Gasbrennern in den Technikräumen untersagt. Schneid- und Demontagearbeiten an der stark verschmutzten Kälte- und Lüftungstechnik wurden daher in zeitaufwendiger Handarbeit mit Tigersägen erledigt. In die alten, gemauerten Lüftungszentralen wurden hygienische Kanäle aus verzinktem Stahlblech eingezogen und auf der Dachfläche der Technikzentrale die Grundrahmen für die neuen RLT-Geräte und die Kälteanlage aufgebaut. Zug um Zug wurden die RLT-Geräte, der neue Kaltwassererzeuger und ein 2 500 Liter großer Kaltwasser-Pufferspeicher auf dem Dach eines Technikraumes montiert. Das neue System auf dem Dach ist dank einem 34 prozentigen Wasser-Glykol-Gemisch bis minus 20 °C frostsicher.

RLT-Geräte Montage

Die RLT-Geräte vom Typ KG Top wurden im Juli 2021 per Tieflader in Modulen angeliefert und die Einzelteile per Kran auf die vorher installierten Grundrahmen transportiert. Dort fügten die Mitarbeiter von Zimmer & Hälbig das Gerät im Rahmen der Endmontage zusammen und schlossen es an die Versorgungsleitungen an. Anschließend wurden die RLT-Geräte zusammen mit der Kaltwasser-Anlage in Betrieb genommen. Die gesamte Kälte- und Lüftungstechnik ist über eine GLT-Schnittstelle mit der übergeordneten Gebäudeleittechnik verbunden und wird von dort zentral gesteuert. Die beiden Lüftungsgeräte haben eine Luftleistung von jeweils 100 000 m³/h. Sie erfüllen die ERP-Anforderungen 2018 und Eurovent zur Energieeffizienz. Sie sind bei einem Gewicht von jeweils neun Tonnen rund zehn Meter lang, 3,8 Meter breit und 2,6 Meter hoch. In der Regel arbeiten sie im effizienten Teillastbetrieb. Wie viel frische Luft in der Eventhalle benötigt wird und mit welcher Temperatur und Luftfeuchte sie bedarfsgerecht eingebracht werden muss, wird über CO2-, Temperatur- und Feuchte-Sensoren ermittelt, die in der Halle montiert sind. Die frische Luft wird über Deckenauslässe in die Halle eingeblasen.

Die gesamte neue Kälte- und Lüftungsanlage war nach einer Umbauzeit von einem halben Jahr pünktlich zum Beginn der Spielsaison 2021 „am Start“. „Durch die Installation der beiden neuen Lüftungsgeräte wurde eine enorme Verbesserung der Luftqualität in der Halle erreicht“, berichtet Dirk Eich vom Ingenieurbüro Udo W. Kablitz.

Deutliche Verbesserung der Luftqualität

Ein zusätzlicher Vorteil der neuen RLT-Geräte sei, dass durch die hohe Außenluftmenge bis zu einer Außentemperatur von 19 °C die Kühlenergie der Außenluft genutzt wird und somit bis zu diesem Zeitpunkt die Halle ohne zusätzliche Kälteenergie temperiert wird. „Oberhalb einer Außentemperatur von 19 °C wird der neue Kaltwassersatz in Betrieb genommen“, erklärt Steffen Gewing, Manager Operations bei D.Live.