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Lufthygiene in der Großküche 09.05.2023, 12:22 Uhr

Feinpartikel: Belastung höher als im Straßenverkehr

Bei der Abnahme einer Großküchenlüftung geht es häufig nur darum, ob die Lüftungsanlage die vom Leistungsverzeichnis verlangten Luftmengen erbringt? Dabei gibt es für Planer deutlich mehr zu beachten.

Messung der Luftqualität in einer Gastroküche. Foto: Reven

Messung der Luftqualität in einer Gastroküche.

Foto: Reven

Alleine die Luftleistung garantiert nicht die gebotene Lufthygiene, die Mitarbeitende in einer Küche vor gefährlichen Feinstäuben schützen soll. Es geht schließlich um ultrafeine Aerosole an Triglyceriden und Fettsäuren, die lungengängig sind und ernsthaft die Gesundheit gefährden. Außerdem ist zu vermeiden, dass Restpartikel in das Abluftsystem sickern, dort an den kalten Kanalwänden kondensieren und einen wachsenden Fettbelag bilden. Denn verfettete Abluftkanäle erhöhen die Brandgefahr und entlassen Geruchsstoffe in die Außenluft.

Hoher Abscheidegrad über das gesamte Partikelspektrum

Die Euronorm DIN EN 16282 fordert expressis verbis: „Das Lüftungssystem muss in der Lage sein, Gerüche, Fettbestandteile und auch gasförmige Produkte von der Abluft zu trennen“. Dies ist keine Frage der Luftmenge, welche die Küche durchspült, sondern hängt von der Abscheidecharakteristik der Fettfilter beziehungsweise Fettabscheider ab. So sollte der Abscheidegrad recht hoch sein und selbst bei gedrosseltem Lüftungsbetrieb konstant bleiben. Vitali Lai, Verkaufsleiter des schwäbischen Herstellers Rentschler Reven, betont: „Wichtig ist ein hoher Abscheidegrad über das gesamte Partikelspektrum. Der Küchenplaner sollte den Hersteller der Fettabscheider deshalb nach den Fraktionsabscheidegraden fragen. Denn nicht alle Partikelgrößen werden gleich gut abgeschieden. Zudem folgen die Partikel nicht unbedingt dem Strömungsverlauf der Luft.

Schadstoffkonzentration muss kontrolliert werden

In der Tat sind die Partikelbahnen nicht identisch mit der Luftströmung. Diese Erkenntnis ist relativ neu und wurde unter Einsatz des rechnergestützten Simulationsverfahrens CFD (Computational Fluid Dynamics) gewonnen. So stellte sich heraus, dass sich beispielsweise drei Mikrometer große Aerosole auf einer anderen Bahn bewegen als 0,1 Mikrometer große Partikel. Vitali Lai resümiert: „Um die Lufthygiene in der Küche objektiv beurteilen zu können, sind Kontrollen der Schadstoffkonzentration unabdingbar.“ Sein Unternehmen führe diese Messungen beispielsweise nach jeder Übergabe einer Lüftungsanlage mit einem FID (Flammenionisationsdetektor) und mit einem Streulicht-Partikelzähler durch – und zwar unter realen Küchenbedingungen. Die Ergebnisse kommen ins Abnahmeprotokoll.

Übersicht der Fraktionsabscheidegrade. Grafik: Reven

Der FID erfasst organische Verbindungen wie Kohlenwasserstoffe; der Streulicht-Partikelzähler misst die Partikelkonzentration und -größen. Als Beurteilungswerte dienen die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO: maximal 25 Mikrometer pro Kubikmeter Raumluft für die Partikelgröße PM 2,5 und maximal 40 Mikrometer pro Kubikmeter für die Partikelgröße PM 10. PM (Particulate Matter) bezeichnet die Größenordnung von Feinstäuben, zu denen auch Fettaerosole gehören. Unterschieden werden drei Klassen: PM 10 mit maximal zehn Mikrometer Durchmesser, PM 2,5 mit maximal 2,5 Mikrometer Durchmesser und PM 0,1 mit maximal 0,1 Mikrometer Durchmesser. Zum Vergleich: Ein menschliches Haar ist durchschnittlich 70 Mikrometer dick.

Belastung höher als im Straßenverkehr

„Die Luftqualitätsmessung bei vollem Kochbetrieb ist wichtiger als die Luftmengenmessung bei der Abnahme der Anlage“, erläutert Lai. Wichtig ist ferner die Messung in Kopfhöhe, damit die Köche nicht die gefährlichen Feinpartikel unter fünf Mikrometer einatmen. Sie wird in der Praxis meist unterlassen; Lüftungsplaner verfügen in der Regel gar nicht über die entsprechenden Messgeräte. Messungen in betagten Küchen zeigen indes: In der Hauptkochzeit ist die Feinstaubbelastung in einer Großküche oft viermal so groß wie im innerstädtischen Straßenverkehr. Hier liegt noch ein großes Modernisierungspotenzial für TGA-Unternehmen. Auch bei der Wartung der Lüftungsanlage muss nachgemessen werden, ob Zu- und Abluftvolumen noch den Sollwerten entsprechen. Zur Wartung gehört die Inspektion der Abluftkanäle und bei Bedarf deren Reinigung. Dafür hat der Lüftungsbauer, wenn er ordentlich gearbeitet hat, alle drei Meter eine Reinigungsöffnung vorgesehen. Die Inspektion ist mindestens einmal im Jahr geboten.

Von Dipl.-Ing. Peter Göhringer ist TGA-Fachjournalist