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Bereits 2020 mit Wärmepumpe geplant 05.08.2023, 10:29 Uhr

Erfahrungsbericht: Die Wärmepumpe im Geschosswohnungsbau

Bis heute kommen Wärmepumpen als Wärmeerzeuger im Mehrfamilien-Geschosswohnungsbau nur selten zum Einsatz. Im niedersächsischen Westerstede hat man sich hingegen bereits im Jahr 2020 entschieden, die Wärmeversorgung eines 16-Parteienhauses durch den Einsatz von Wärmepumpen zu sichern. Ein Erfahrungsbericht.

Das Mehrfamilienhaus wurde nach KfW-40-plus-Standard gebaut, um eine optimale Energiebilanz zu erreichen. Foto: August Brötje GmbH

Das Mehrfamilienhaus wurde nach KfW-40-plus-Standard gebaut, um eine optimale Energiebilanz zu erreichen.

Foto: August Brötje GmbH

Für die Bauherren eines in Westerstede geplanten Mehrfamilienhauses mit zwei mal 16 Wohneinheiten, Alexander Mohr und Witalij Saitz, kam nur moderner, bezahlbarer Wohnraum nach höchsten energetischen Standards in Betracht. Einen Schlüssel dazu sahen sie in einer zukunftsorientierten, regenerativen Wärmeversorgung. Der monatliche Energieaufwand für die späteren Bewohner sollte dauerhaft niedrig bleiben, was nicht nur dem Umweltschutz dienen, sondern auch zur nachhaltigen Mieterzufriedenheit beitragen würde. Im weiteren Verlauf wurde das Objekt von der ausführenden Mohr Immobilien GmbH aus Oldenburg als KfW 40 plus-Haus geplant – auch um entsprechende Förderungen der KfW sowie der BAFA in Anspruch nehmen zu können. Auf die Einreichung des Bauantrags Mitte 2020 erfolgte im vierten Quartal die Genehmigung, der Baubeginn folgte Anfang 2021.

Konzept: Wärmepumpen und Energie aus Eigenstrom

Im Vorfeld wurden verschiedene Heizungslösungen diskutiert und ausgeschrieben. Da im Baugebiet keine Gasversorgung verfügbar war, erarbeitete man zusammen mit dem Heizungshersteller Brötje ein Versorgungskonzept, bei dem die wesentliche Säule der Wärmeversorgung durch Wärmepumpen gewährleistet werden sollte.

Eine der beiden Außeneinheiten der kompakten und geräuscharm arbeitenden Wärmepumpen.

Foto: August Brötje GmbH

Ein großer Teil der dafür benötigten Energie sollte als Eigenstrom gewonnen werden. Dafür plante man eine in drei Himmelsrichtungen ausgerichtete Photovoltaikanlage mit 14,88 kWp. Zur Effizienzsteigerung wurde ein BYD-Batteriespeicher mit zwei mal 10 kWh vorgesehen, der nachts und an sonnenarmen Tagen auftretenden Strommangel zumindest teilweise kompensiert.

Im Elektroraum sind Wechselrichter und Batteriespeicher untergebracht.

Foto: August Brötje GmbH

Das heutiger Sicht visionäre Konzept hat den Investor Mohr und Saitz dazu bewogen, mit Brötje zu arbeiten. Bestärkt wurde der Bauherr auch durch die Empfehlung der Firma Simon Heizung & Sanitär aus Westerstede, die in vorherigen Bauvorhaben gute Erfahrungen mit Produkten des Unternehmens und auch dem technischen Außendienst gesammelt hatte.

Wärmepumpen für Heizung und Basistemperierung des Brauchwarmwassers

Die Heizlast für den geplanten Neubau in der Süderstraße wurde nach DIN 12831 mit 34 kW ermittelt. Um sie abzudecken, installierte man zwei Luft-Wasser-Wärmepumpen vom Typ BLW NEO 18 in Kaskadenschaltung. Die Luft-Wasser-Wärmepumpen sind in Ausführungen 8, 12, 18 und 25 erhältlich. Das entspricht Nennwärmeleistungen bei Niedertemperaturanwendung (35 °C) von 10, 12, 16 und 25 kW, bei Mitteltemperaturanwendung (55 °C) von 9, 10, 16 und 25 kW. Das System mit zwei im Verbund arbeitenden Wärmetauschern gewinnt aus dem Kreislauf weitere Energie hinzu. Gleichzeitig sind die Geräte vollmodulierend, das heißt, Kompressor und Rotor passen ihre Leistung dem tatsächlich benötigten Bedarf an. Durch die kompakte Bauweise benötigen sie wenig Platz, sowohl außerhalb des Hauses als auch im Haustechnikraum. Ein besonders leiser Eulenflügelventilator in Verbindung mit einer schalloptimierten Gehäusekonstruktion hält die Betriebsgeräusche gering.

Hinter dem bodenstehenden Ausgleichsgefäß ist der 2 000 l-Pufferspeicher zu sehen.

Foto: August Brötje GmbH

Die vier Wärmepumpen beladen einen Cosmo Pufferspeicher mit einem Volumen von 2 000 Litern. Dieser wiederum versorgt die einzelnen mit Fußbodenheizung ausgestatteten Wohneinheiten.

Im Westerstede-Objekt sind die Wärmepumpen nicht nur für die zentrale Heizwärmeversorgung zuständig, sie übernehmen überdies die Basistemperierung des Brauchwarmwassers. Für höhere Temperaturanforderungen wählte man hier eine geschickte Lösung: In jeder Wohneinheit wurde ein dezentrales Nacherwärmungssystem mittels Nachlauferhitzer installiert.

Im Dezember 2022 war der gesamte Gebäudekomplex fertiggestellt. Je nach Baufortschritt waren einige Wohneinheiten zu diesem Zeitpunkt bereits bezogen, im ersten Quartal 2023 hatte man sämtliche Wohnungen an Mieterinnen und Mieter vergeben. Die hohe Mieterzufriedenheit wurde auch in Gesprächen anlässlich dieser Reportage vor Ort bestätigt.

Fazit

Bei der Neubauplanung des 32 Wohneinheiten umfassenden Mehrfamilienhäuser in Westerstede setzte der Investor bereits im Jahr 2020 – lange vor einer entsprechenden politisch-gesetzlichen Rahmenvorgabe – auf regenerative Wärmepumpentechnik. Einen wesentlichen Anteil des Energieverbrauchs können dabei eine hauseigene Photovoltaikanlage und ein Batteriespeicher decken. Zwei kaskadierte Wärmepumpen mit jeweils 18 kW Nennwärmeleistung je Gebäude liefern über je einen 2 000 Liter fassenden Pufferspeicher Heizwärme und übernehmen die Basistemperierung des Brauchwassers an Wohnungsstationen in jeder Wohnung. Höhere Temperaturanforderungen beim Brauchwasser werden dezentral über elektrische Nachlauferhitzer bedient.

Von Martin Henze, Journalist mit Redaktionsbüro in Embsen.