Zum E-Paper
Sektorkopplung 24.01.2024, 12:28 Uhr

KIT-Projekt unterstützt Kommunen bei der Energiewende

Sie sollen als Vorbilder vorangehen: Das Karlsruher Institut für Technologie hat im Rahmen des Forschungsvorhabens „ZuSkE“ zahlreiche Maßnahmen erarbeitet, die Städten und Gemeinden Anstöße für eine Energiewende liefern.

Solarpark KIT Campus Nord

Wie sich Strom-, Wärme- und Verkehrsinfrastrukturen in Kommunen koppeln lassen, haben Forschende des KIT untersucht. Das Foto zeigt unterschiedliche Energiesystemkomponenten am Campus Nord des KIT.

Foto: Markus Breig / KIT

Der Grundgedanke des Karlsruher Forschungsteams: Als kleinste Verwaltungseinheiten können Kommunen wesentlich zur Umsetzung der Energiewende beitragen. Etwa, indem sie Bürgerinnen und Bürger dabei unterstützen, die Wärme aus Abwässern besser zu nutzen. Oder indem sie mit einer „Solarpflicht bei Neubauten“ den Ausbau erneuerbarer Energien ankurbeln. Fachleute für Technikfolgenabschätzung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben im Projekt „ZuSkE: Die Zukunft der Sektorkopplung auf kommunaler Ebene“ nach Wegen gesucht, wie die Kopplung von Strom-, Wärme- und Verkehrsinfrastrukturen konzipiert und umgesetzt werden kann.

Sektorenkopplung – die ganzheitliche Sichtweise

„Die Energiewende wird von Menschen gemacht, und sie leben und arbeiten in Städten und Gemeinden. Es ist deshalb naheliegend, die Energiewende von der lokalen Ebene aus zu denken“, erläutert Dr. Dirk Scheer. Er forscht am Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) des KIT und hat das Projekt „ZuSkE“, das das KIT gemeinsam mit der Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE) und der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VdW) als Partner realisiert hat, geleitet. „Da wir fast überall vor der Herausforderung stehen, fossile Energieträger durch Strom zu ersetzen, können wir einzelne Sektoren nicht länger isoliert voneinander betrachten“, so Scheer. Im Rahmen des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz beauftragten Vorhabens sollten deshalb Ansätze entwickelt werden, wie Kommunen Verkehr sowie Wärme- und Stromproduktion miteinander so verzahnen können, dass sich alle Bereiche schnell und effizient dekarbonisieren lassen.

Stadtwerke als Vorbild für die Energiewende

Wie dies funktionieren kann, haben die Forschenden mit Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, von Stadtwerken, aus der Verwaltung und Unternehmen untersucht. Ebenfalls eingebunden wurden Bürgerinnen und Bürger aus Berlin, Freilassing und Walldorf, die zuvor als Referenzkommunen ausgesucht worden waren. Das Ergebnis: Kommunen haben eine Vielzahl an Möglichkeiten, die Sektorkopplung voranzutreiben. „Als Energieversorger können Stadtwerke beispielsweise verstärkt auf Geothermie setzen, ihre Fernwärme ausbauen oder überschüssigen Strom aus Wind- oder Solaranlagen mit „Power-to-Gas-Anlagen“ für die Wärmeversorgung nutzen“, so Ines Jendritzki, die für das ITAS ebenfalls im ZuSkE-Projekt tätig war.

Städtischen Gebäudebestand ertüchtigen

Zudem könnten Kommunen als Eigentümer und Betreiber großer Liegenschaften mit gutem Beispiel vorangehen, so die Forschenden. Etwa, indem sie bei ihren Gebäuden auf Solarenergie setzen und diese mit Ladestationen für ihre elektrisch betriebenen Fahrzeugflotten verbinden. Gemeinderäte hätten zudem die Möglichkeit, einen regulatorischen Rahmen zu schaffen, beispielsweise, indem sie die Anschaffung von Lastenrädern fördern oder eine kommunale Wärmeplanung ausarbeiten. „Nicht zuletzt liegt das große Potenzial von Städten und Gemeinden darin, alle relevanten Akteure an einen Tisch bekommen zu können und so überhaupt erst die Basis für Veränderungen zu schaffen“, sagt Jendritzki.

Hilfsmittel für das Gelingen der Sektorkopplung entwickelt

Zentral sei es, dass jede Kommune maßgeschneiderte, auf die jeweiligen Gegebenheiten vor Ort zugeschnittene und aufeinander abgestimmte Maßnahmenpakete entwickele, so die Forschenden. Um dies in der Praxis zu erleichtern, haben sie mehrere Hilfsmittel entwickelt, mit denen Kommunen die sektorübergreifende Wende in Angriff nehmen können. Dazu zählt beispielsweise ein Katalog mit 100 bereits durchgeführten Sektorkopplungsmaßnahmen, der Orientierung bieten soll. Außerdem haben die Forschenden mit der „Strategiebox“ ein didaktisches Werkzeug für kommunale Akteure entworfen, um Strategien für die Energiewende zu entwickeln. Außerdem steht ein „10-Punkte-Plan“ zur Verfügung, der die zentralen Schritte zur kommunalen Sektorkopplung von der Erhebung des Ist-Zustands über die Entwicklung eines Transformationspfads bis hin zur passenden Kommunikationsstrategie darstellt.

Eine detaillierte Beschreibung des Projektes und seiner Ergebnisse bietet ein in der Fachzeitschrift „Energy Research & Social Science“ erschienener Fachaufsatz: Lisa Schmieder, Dirk Scheer, Johannes Gaiser, Ines Jendritzki, Benjamin Kraus: Municipalities as change agents? Reconsidering roles and policies in local energy sector-coupling.

Von KIT / Marc Daniel Schmelzer