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Wohnanlage in Lemförde 07.03.2024, 12:42 Uhr

Altersgerechtes Wohnen mit zukunftsgerechter Wärmeversorgung

Die Verantwortlichen im niedersächsischen Lemförde möchten die Energiewende gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern aktiv gestalten. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, bemühen sich örtliche Architekturschaffende, TGA-Fachplaner und SHK-Handwerker um energieeffiziente Gebäudelösungen im Ortsbild.

Groß dimensioniert: Zwei Photovoltaikanlagen mit einer gemeinsamen Leistung von 38,8 kWpeak sorgen für regenerativen Strom. Foto: Brötje

Groß dimensioniert: Zwei Photovoltaikanlagen mit einer gemeinsamen Leistung von 38,8 kWpeak sorgen für regenerativen Strom.

Foto: Brötje

Jüngster Baustein bei der aktuellen Neugestaltung des Ortszentrums ist eine zweigeteilte Wohnanlage mit einer Brutto-Grundfläche von etwa 1 957 Quadratmetern. Der Gebäudekomplex entspricht dem Standard KfW 40 EE und wurde zu altersgerechten Wohnzwecken konzipiert. Investor Sebastian Wiegmann hatte bereits in der Konzeptphase klare Vorstellungen: „Die Wohnungen wurden durchgehend barrierearm ausgestattet. Zudem müssen in dieser Region die Mieten bezahlbar bleiben und die Wohneinheiten energieeffizient in der Nutzung sein. Es sollte deshalb auf jeden Fall ein Effizienzhaus gemäß KfW 40 EE werden.“ Die 18 Mietwohnungen verfügen jeweils über eine Terrasse oder einen großzügigen Balkon. Ein Fahrstuhl je Gebäudeteil verbindet die drei Wohngeschosse, Technikräume befinden sich im Erdgeschoss, während die Wohnungen über innenliegende Abstellräume verfügen.

Markante Architektur: Die Wohnanlage an der Hauptstraße von Lemförde, vorne die Wärmepumpen.

Foto: Brötje

Die Beheizung der 1.422 Quadratmeter umfassenden Wohnfläche erfolgt mit einer zukunftsträchtigen Lösung: Dipl.-Ing. (FH) Kai Hensel vom Ingenieurbüro für Bauwesen & Energieberatung setzte gemeinsam mit dem Investor auf eine Anlagentechnik mit Wärmepumpen, kontrollierte Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung und eine großzügig dimensionierte Photovoltaikanlage auf dem Dach. In diesem Zusammenhang einigte man sich mit dem beauftragten Heizungs- und Lüftungsbau-Meister, Serhat Gören, auf zwei Monoblock-Wärmepumpen vom Typ BLW Neo 18.

Wärmeerzeugung passend zur Gebäudestruktur

Die Monoblock-Geräte arbeiten modulierend, Kompressor und Ventilator passen ihre Leistung den Wärmeanforderungen des Gebäudes an. Spezielle Ventilatorblätter im Eulenflügel-­Design erzeugen einen niedrigen Schallleistungspegel von nur 58 dB(A). Ein weiterer Vorzug ist die aufeinander abgestimmte Technik der Wärmepumpe (Leistungsspektrum bis 18 kW). Ein bislang einzigartiges System mit zwei im Verbund arbeitenden Wärmetauschern gewinnt aus dem Kältekreislauf je nach Modulation drei bis fünf Prozent zusätzliche Energie und sorgt damit für optimale Leistungszahlen. Dadurch erreicht das Gerät nach Herstellerangaben einen COP über 4,25 bei A2/W35 gemäß EN 14511.

Ein großzügig dimensionierter Verdampfer mit intelligenter Abtaufunktion sorgt für einen einfriersicheren Betrieb im Winter. Das Expansionsventil wird mithilfe der innovativen DSI-Technologie immer dem Optimum angepasst. Die Einsatzgrenzen liegen zwischen –25 und + 45 °C.

Die Wärmeverteilung erfolgt über je einen Heizkreis, der über einen 1 000 Liter-Pufferspeicher gespeist wird.

Foto: Brötje

Wärmeverteilung und Hydraulik

Die Wärmeverteilung erfolgt über je einen Heizkreis an die acht beziehungsweise zehn Wohnungen je Gebäudeabschnitt, die durchgehend mit Fußbodenheizungen ausgestattet sind. Um die Verteilung bestmöglich umzusetzen und häufige Anlaufphasen zu umgehen, wurden zwei Pufferspeicher mit einem Volumen von je 1 000 Litern eingesetzt, die eine geringere Vorlauftemperatur von 38 °C bereithalten sollen. Die Wärmepumpen sind über je eine Hydro- und eine Powerbox angeschlossen. In der Hydrobox alle hydraulischen Komponenten zusammen. Die Powerbox ist das Pendant dazu und beinhaltet alle steuertechnischen Anschlüsse. Dadurch wird die Einbindung der Geräte in ein System deutlich vereinfacht. Schlammabscheider sorgen darüber hinaus für eine DIN-gerechte Systemwasseraufbereitung.

Die Hydraulikboxen befinden sich in einem ­passend dimensionierten Technikraum.

Foto: Brötje

In den Mieteinheiten sind Wohnungsübergabestationen vom Typ Regudis W-HTE mit integriertem Durchlauferhitzer sowie werksseitig vormontierter elektronischer Regelung und kupfergelötetem Edelstahl-Plattenwärmetauscher installiert worden. Sie ermöglichen die energieeffiziente und hygienische Versorgung der Wohnungen mit heißem und kaltem Trinkwasser sowie der benötigen Heizungsenergie für die Flächenheizung. Eine optionale Wärmedämmung reduziert die Wärmeabgabe und verhindert durch eine getrennte Anordnung der warmführenden von den kaltführenden Leitungen eine Erwärmung des Kaltwassers. Der beste Weg, um die nötige Effizienz und die Abrechenbarkeit für die Bewohner kostengünstig umzusetzen. In den einzelnen Stationen sind alle Komponenten verbaut, wie Zähler, Wärmeübertrager, Pumpen und Co. Die Heizlasten der Wohnungen liegen zwischen 1,1 und 1,4 kW. Die Vorlauftemperatur liegt an den Übergabestationen bei etwa 38 °C.

Die Warmwasserversorgung gelingt im Durchlaufprinzip. In der Objektgröße kann diese Lösung als optimal bezeichnet werden. Das warme Brauchwasser wird dann effizient erzeugt, wenn es vor Ort benötigt wird. Das wirkt letztlich auch der Legionellenproblematik entgegen.

Photovoltaik auf dem Dach

Zwei Photovoltaikanlagen mit einer gemeinsamen Leistung von 38,8 kWpeak erzeugen mit 96 Hochleistungsmodulen (Südausrichtung, Dachneigung 30 Grad) genügend regenerativen Strom, um die beiden Wärmepumpen ganzjährig betreiben zu können. Leider konnte sich der Bauherr mit der derzeitigen Gesetzeslage zur Umsetzung eines entsprechenden Mieterstrom-Modells bisher nicht anfreunden, sodass diese Energie derzeit komplett ins öffentliche Stromnetz eingespeist wird. Investor Sebastian Wiegmann will aber die Entwicklung abwarten: „Leider ist die aktuelle Lage zu den abrechnungstechnischen und steuerrechtlichen Modalitäten derart kompliziert, dass sich ein Mieterstrom-Modell zurzeit nicht sinnhaft darstellen lässt. Wir behalten dazu aber die weiteren Entwicklungen im Blick und können hier zukünftig wechseln, falls sich die Rahmenbedingungen verbessern.“

Von Brötje / Marc Daniel Schmelzer