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Speicherung von Ökostrom 05.08.2021, 08:17 Uhr

Ein Klimagas soll das Klima retten

Das italienische Unternehmen Energy Dome baut eine Pilotanlage, die die Versorgungssicherheit auf der Basis von komprimiertem Kohlendioxid verbessern soll. Die Speicherkosten sollen nur halb so hoch sein wie bei Lithium-Ionen-Batterien.

So könnte eine Anlage aussehen: Ein CO2-Speicher im Gebäude rechts neben dem Solarfeld speichert überschüssigen Strom bis er benötigt wird. Foto: energy dome

So könnte eine Anlage aussehen: Ein CO2-Speicher im Gebäude rechts neben dem Solarfeld speichert überschüssigen Strom bis er benötigt wird.

Foto: energy dome

Ausgerechnet das als Klimagas in Verruf geratene Kohlenstoffdioxid soll dazu beitragen, den Klimawandel zu verlangsamen und letztlich zu stoppen. Energy Dome, ein Unternehmen aus dem italienischen Städtchen Lonate Pozzolo, will überschüssigen Solar- und Windstrom mithilfe von CO2 speichern, damit es keine Versorgungslücken gibt, wenn die beiden erneuerbaren Energie nicht oder nicht in ausreichendem Maß zu Verfügung stehen.

Mächtige Pumpen sollen CO2, das sich in einem kuppelförmigen Behälter befindet, komprimieren und in einen Druckspeicher pressen. Dort wandelt es sich in überkritisches CO2 um, einen Zwitter, der Eigenschaften eines Gases und einer Flüssigkeit hat. Ab einem bestimmten Druck verflüssigt sich das Klimagas sogar. Die Abwärme der Pumpe wird gespeichert.

Das Kohlendioxid wird im Kreis geführt

Besteht ein Mangel an Strom wird das CO2 aus dem Druckspeicher entnommen und mit der gespeicherten Abwärme in „normales“ Kohlenstoffdioxid umgewandelt. Es dehnt sich dabei gewaltig aus, sodass es einen Turbogenerator antreiben kann. Diese Stromerzeuger haben einen hohen Wirkungsgrad. Das entspannte Gas wird im Kuppelbau, den die Entwickler der Technik „Dome“ nennen, gespeichert, um bei Stromüberschuss erneut komprimiert zu werden.

In der Kuppel wird das Kohlendioxid gespeichert um dann mit Überschusstrom komprimiert zu werden.

Foto: energy dome

Ein Prototyp mit einer Leistung von 2,5 MW und einer Kapazität von 4 MWh ist auf der italienischen Insel Sardinien im Bau. 2022 soll er in Betrieb gehen. Wenn er sich bewährt will Energy Dome Anlagen mit 25 MW und 100 bis 200 MWh bauen.

Die Speicherkosten sollen halb so hoch sein wie bei Lithium-Ionen-Akkus. Möglicherweise ist das Verhältnis für die CO2-Technik sogar noch günstiger, denn Batterien schwächeln schon nach wenigen Jahren, während der Speicher der Italiener nach eigenen Angaben 30 Jahre durchhält, ohne an Leistung und Speicherkapazität zu verlieren.

Elfmal mehr Speicherkapazität als bei Druckluft

„CO2 ist die perfekte Flüssigkeit, um elektrische Energie kostengünstig zu speichern“, sagt Claudio Spadacini, Gründer und CEO des Unternehmens. Basierend auf 1 kg Kohlenstoffdioxid könnten mit seiner Technik 66,7 kW/m3 gespeichert werden. Bei komprimierter Luft seien es maximal 6 kW/m3. Mit der „Liquid Air Energy Storage“ (LAES)-Technik, bei der Luft verflüssigt wird, sodass sie eine Temperatur von – 194 °C erreicht, sei zwar auch eine hohe Energiedichte zu erreichen. Doch Kryotechnik sei sehr teuer. Das sieht das britische Unternehmen Highview Power allerdings anders. Es betreibt bereits zwei Flüssigluft-Batterien.

Die „Compressed Air Energy Storage“ (CAES)-Technik, bei der komprimierte Luft in unterirdischen Kavernen gespeichert wird, ist tatsächlich zu teuer. Bisher wurden weltweit nur drei Anlagen gebaut, darunter das Druckluft-Speicherkraftwerk Huntorf in Norddeutschland, das eine Leistung von 321 MW und bereits 51 Jahre auf dem Buckel hat.

Jetzt bekommt Lithium ernsthafte Konkurrenz

Neues Technikkonzept setzte sich nicht durch

2013 sollte in Staßfurt in Sachsen-Anhalt eine Pilot- und Testanlage mit neuer Technik errichtet werden. Das Konzept sah vor, anders als in Huntorf, die Abwärme der Pumpen zu speichern, um sie später zur Erwärmung der Luft zu nutzen, bevor diese den Turbogenerator erreicht. Die Technik hatten RWE, General Electric, Züblin und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt. Das Kraftwerk sollte eine Leistung von 90 MW und eine Speicherkapazität von etwa 360 MWh erreichen und von RWE betrieben werden. Im Frühjahr 2015 gab RWE bekannt, dass die Planung für die Pilotanlage mangels konkreter Marktperspektive eingestellt worden sei.

Großspeicher statt fossiler Kraftwerke

Klimaneutralität: Deutschland kann es bis 2045 schaffen

Großspeicher für elektrische Energie sind unumgänglich, wenn die Zahl der fossilen Kraftwerke zugunsten von Wind- und Solaranlagen immer weiter abnimmt. Während erstere planbar Strom liefern, sind die Erneuerbaren von Wetter und Tageszeit abhängig. Die Leistung der Kohlekraftwerke liegt weltweit bei etwa 2 000 GW, die kompensiert werden müssen.

Von Wolfgang Kempkens