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Risk.twin-Projekt 16.12.2022, 10:29 Uhr

„Digitale Brücke“ zur Überwachung kritischer technischer Infrastruktur startet

Ein wichtiger Meilenstein bei der praktischen Erprobung digitaler Brückenzwillinge wurde erreicht. Die Standardisierung der anfallenden Sensordaten bleibt allerdings eine technologische Hürde.

An der Brücke in Schwindegg wird das Verfahren zur Erfassung und Übertragung der Daten über den Zustand des Bauwerks getestet. Foto: UniBwM/Braml

An der Brücke in Schwindegg wird das Verfahren zur Erfassung und Übertragung der Daten über den Zustand des Bauwerks getestet.

Foto: UniBwM/Braml

Im Rahmen des Projekts Risk.twin, das sich mit der Erforschung des Potenzials digitaler Zwillinge für die kritische, technische Infrastruktur der Zukunft befasst, forscht das Institut für konstruktiven Ingenieurbau der Universität der Bundeswehr München im Teilprojekt „Digitale Brücke“ an der Umsetzung eines digitalen Zwillings für Brückenbauwerke. Dabei werden in Brückenbauwerken, sogenannten Reallaboren, eine Vielzahl unterschiedlicher Sensoren eingebaut, um permanent Daten über den Zustand der Bauwerke zu erhalten.

Erste „digitale Brücke“ des Risk.twin-Projekts wurde dem Verkehr übergeben

Einen wichtigen Meilenstein erreichte das Projekt soeben in Schwindegg (Landkreis Mühldorf am Inn): Die erste so überwachte Brücke wurde am 15. Dezember 2022 dem Verkehr übergeben – das Projekt startet damit in die nächste Phase der praktischen Erprobung.

Die entscheidende technologische Hürde, die es bei der Erforschung solcher digitaler Brückenzwillinge zu überwinden gilt, ist nach Angaben der Forschenden die Standardisierung der anfallenden Daten. Dabei setzt die Universität der Bundeswehr München auf existierende Lösungen aus dem Industrie-4.0-Umfeld wie das gemeinsam mit dem Software-Unternehmen NetApp entwickelte „Industrie-4.0-Betriebssystem“ BaSys.

KI wertet Sensordaten aus

In Schwindegg führt diese Plattform unterschiedliche Datenquellen und -formate zusammen, zum Beispiel von Sensoren, die Dehnungen, Verformungen, Drücke, Vibrationen oder klimatische Bedingungen messen, und stellt sie den relevanten Anwendungen oder einem mit Methoden der Künstlichen Intelligenz (KI) arbeitenden Algorithmus bedarfsgerecht zur Verfügung. Nur durch die gemeinsame und standardisierte Bereitstellung aller Daten inklusive Metadaten in einem Daten-Pool und über eine Schnittstelle ist es den Wissenschaftlern möglich, neue KI-Systeme zu entwickeln und zu trainieren.

Das Gesamtziel sei ein intelligentes Lebenszyklusmanagement für Brückenbauwerke, basierend auf einem digitalen Zwilling der realen Brücke. Dieser digitale Zwilling soll mit Hilfe künstlicher Intelligenz Simulationen und Prognosen über den zukünftigen Bauwerkszustand ermöglichen, bis hin zu nachgeschalteten Services wie vorausschauenden Instandhaltung (Predictive Maintenance).

Intelligentes Lebenszyklusmanagement für Infrastrukturbauwerke

„Durch die intensive Zusammenarbeit und Kooperation mit NetApp ist es uns gelungen für die digitale Brücke ein optimales Datenmanagement umzusetzen“, erläutert Prof. Thomas Braml von der Universität der Bundeswehr München. „Darauf können wir unsere Forschung im Bereich eines intelligenten Lebenszyklusmanagements für Infrastrukturbauwerke aufbauen.“

„Als Spezialist für Datenmanagement sehen wir sehr deutlich, wo in der Erprobungsphase die Problempunkte von Digital-Twin-Projekten entstehen, nämlich an der Schnittstelle der IT mit der Fertigungswelt oder Sensorlandschaften“, ergänzt Jürgen Hamm, Solution Architect SAP von NetApp. Entsprechend könne man die notwendige Standardisierung in Kooperation mit Industrievereinigungen wie der Industrial Digital Twin Association (IDTA) vorantreiben.

Engere Zusammenarbeit zwischen Universität der Bundeswehr München und NetApp

Die Universität der Bundeswehr München und NetApp haben in diesem Zusammenhang einen neuen Kooperationsvertrag abgeschlossen, der die langjährige Zusammenarbeit im Rahmen des Dtec.Bw-Projekts Risk.twin fortsetzt. Risk.twin wird unter anderem vom Zentrum für Digitalisierungs- und Technologieforschung der Bundeswehr (DTec.Bw) in Neubiberg gefördert.

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Von UniBw M / Karlhorst Klotz