Baustoffe der Zukunft: Der Betonbau im Wandel
Anlässlich ihres 100-jährigen Jubiläums hat die Fachzeitschrift Bauingenieur im Juni 2025 ein WebPanel zum Thema: „Baustoffe der Zukunft − Der Betonbau im Wandel“ durchgeführt. Es diskutierte VDI-Fachmedien-Redaktionsleiter Udo Schnell mit seinen Gästen: Prof. Dr.-Ing. Christian Glock, Fachgebiet Massivbau und Baukonstruktion, RPTU Kaiserslautern-Landau, Prof. Dr.-Ing. Michael Haist, Fachgebiet Baustoffe, Leibniz Universität Hannover, Prof. Dr.-Ing. Christoph Müller, Geschäftsführer/Leiter Betontechnik, VDZ Technology gGmbH.

Das Bauen ist für mehr als 40 % der weltweiten Treibhausgas-Emissionen, für mehr als 50 % des weltweiten Abfallaufkommens und für mehr als 60 % des weltweiten Ressourcenverbrauchs – bei den mineralischen Ressourcen sind es sogar 80 % – verantwortlich. Zeit zu handeln! Denn: Dass die Transformation der Baubranche hin zu mehr Nachhaltigkeit gelingen muss, fordern schon allein die internationalen Verträge mit entsprechender Gesetzgebung, allen voran das Pariser Klimaabkommen, aber auch das EU-Klimagesetz und der europäische Green Deal, die Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie sowie das Bundes-Klimaschutzgesetz. Ohne einen Paradigmenwechsel in der Branche können die hierin formulierten Ziele allerdings nicht erreicht werden.
Werden wir auch in Zukunft mit Beton bauen?
Der Bauingenieur widmete sich jetzt in einem WebPanel den Baustoffen der Zukunft und fragte, ob speziell der Baustoff Beton noch Teil dieser Zukunft sein wird. Denn: So beliebt der Baustoff bei den Bauschaffenden ist, so klimaschädlich ist die Zementproduktion, bei der Kalkstein (Calciumcarbonat) bei sehr hohen Temperaturen zu Zementklinker gebrannt wird – ein Vorgang, bei dem CO2 in die Atmosphäre entweicht.
Hoher CO2– und Ressourcenverbrauch
So ist die Zementproduktion allein für 5 bis 8 % der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Die Prozessemissionen aus dem Kalkstein betragen dabei etwa 2/3, die Emissionen aus den Brennstoffen etwa 1/3. Eine weitere Herausforderung ist der Ressourceneinsatz speziell von Sand und Kies, die zunehmend knapper werden.
Die Baustoffindustrie, aber auch die Ingenieurbüros reagieren
Die Baustoffindustrie und Forschende reduzieren den CO2-Ausstoß und den Ressourcenverbrauch deshalb kontinuierlich: Sie entwickeln neue Zementtypen, die sich in ihren Hauptbestandteilen wie Portlandzementklinker, Hüttensand, Flugasche und anderen Zugabestoffen unterscheiden, sie entwickeln Betone, die mit weniger Zement auskommen, sie integrieren CO2-Speichertechnologien und sie fördern die Kreislaufwirtschaft. Die Planenden wiederum führen Lebenszyklusanalysen durch und streben eine effizientere Nutzung und die Wiederverwendung von Beton an. Hierzu zählen eine schlankere Bauweise mit hochfesten Betonen, die Einsparung von Beton durch die Verwendung von Leichtbeton oder Carbonbeton, das Bauen mit Recyclingbeton, Urban-Mining-Strategien, sowie der Einsatz von Betonfertigteilen mit Blick auf einen zukünftigen Rückbau.
Impulse von Seiten der Bauherren dringend benötigt
Prof. Christian Glock, der auch Sprecher der Herausgeber der Fachzeitschrift Bauingenieur ist und an der Diskussion teilnehmen wird, äußerte sich am 20. März dieses Jahres auf dem Deutschen Bautechnik-Tag in Stuttgart wie folgt: „Wir sind schon sehr weit mit dem, was wir wollen und können, nur die Marktmechanismen unterstützen das noch nicht. Dabei brauchen wir jetzt dringend Impulse von Arbeitgeberseite aus.“ Generell müssten aber auch die Ausführenden in den Modus kommen, Nachhaltigkeit als Geschäftsmodell zu sehen und die dafür notwendigen digitalen Werkzeuge nutzen, um den Wandel voranzutreiben. Und: Zwar wird der Zement laut dem Experten nachhaltiger, aber nicht neutral werden. Es werde also künftig nicht die eine Lösung geben, vielmehr werde das Thema Nachhaltigkeit eine Aufgabe für alle mit vielen verschiedenen Lösungsansätzen sein. Auch KI werde dabei eine Rolle spielen.
Moderation und unsere Gäste:
Über diese verschiedenen Herausforderungen und Lösungsansätze den Baustoff Beton betreffend, diskutierte Udo Schnell, Redaktionsleiter der VDI Fachmedien GmbH, mit seinen Gästen:
- Prof. Dr.-Ing. Christian Glock ist seit Oktober 2017 Universitätsprofessor für Massivbau im Fachgebiet Massivbau und Baukonstruktion des Fachbereiches Bauingenieurwesen der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU). Daneben ist er freiberuflich tätig, unter anderem für Beratung, Gremien und Start-up-Betreuung. Davor war er ab dem Jahr 1999 für das Bauunternehmen Bilfinger tätig, zunächst als Bauleiter und Tragwerksplaner, später dann als Projektleiter, Mitglied der Geschäftsführung und Executive Vice President der Division Building. Daneben war er von 2001 bis 2003 Lehrbeauftragter für Technische Mechanik an der Berufsakademie Mannheim (heute Duale Hochschule Baden-Württemberg Mannheim) und von 2001 bis 2004 wissenschaftlicher Mitarbeiter mit Forschungs- und Lehrauftrag am Institut für Massivbau der Technischen Universität Darmstadt. Glock ist in zahlreichen Gremien engagiert, seit 1. Januar 2025 ist er Sprecher der Herausgeber der Fachzeitschrift Bauingenieur, die bei den VDI Fachmedien erscheint.
- Prof. Dr.-Ing. Michael Haist ist seit 2019 Universitätsprofessor (W3) für Baustoffe an der Leibniz Universität Hannover. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Rheologie zementgebundener Systeme, das Kriech- und Schwindverhalten von Beton, die Charakterisierung und Modellierung von Zementstein von der Nano- bis zur Makroebene, die Ermüdung von Beton und die Entwicklung nachhaltiger Baustoffe. Nach seinem Studium des Bauingenieurwesens an der Universität (TH) Karlsruhe war er von 2001 bis 2009 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Massivbau und Baustofftechnologie derselben Universität. Hiernach und bis 2018 war er Oberingenieur am Institut für Massivbau und Baustofftechnologie, Abteilung Baustoffe und Betonbau, des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und Leiter der Abteilung Betonbau und Bauphysik der Materialprüfungs- und Forschungsanstalt, MPA Karlsruhe, des KIT und von 2016 bis 2017 Visiting Scientist am Concrete Sustainability HUB des Massachusetts Institute of Technology (MIT).
- Prof. Dr.-Ing. Christoph Müller ist seit 2012 Geschäftsführer der VDZ Technology gGmbH und Abteilungsleiter Betontechnik. Daneben ist er seit 2014 als Honorarprofessor an der Ruhr-Universität Bochum (RUB) tätig. Nach Abschluss seines Bauingenieur Studiums an der RWTH Aachen war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Bauforschung derselben Hochschule. Seit seiner Promotion im Jahr 2000 betreut er im Forschungsinstitut der Zementindustrie in Düsseldorf den Themenschwerpunkt Betontechnologie und hier insbesondere das Thema Dauerhaftigkeit von Beton. Müller ist Mitglied in zahlreichen nationalen und internationalen Gremien des Betonbaus.
Das WebPanel nachschauen
Das Panel kann unter folgendem Link aufgerufen werden: https://www.youtube.com/watch?v=ckbImhF39-Q
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