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3 Fragen an Prof. Dr. Cornelius Preidel, Vorstandsvorsitzender von buildingSMART Deutschland 05.11.2025, 00:00 Uhr

„Bauen braucht eine neue Datenkultur“

Im Standpunkt der November-Ausgabe des Bauingenieurs fordert der Professor für Digitales Planen und Bauen an der Hochschule München und Vorstandsvorsitzender von buildingSMART Deutschland Cornelius Preidel eine neue Datenkultur, deren Weg zu bereiten ebenso wie das Bauen selbst eine Gemeinschaftsaufgabe sei. Wir haben nachgefragt, was ein solcher digitaler Wandel von allen Beteiligten erfordert und welcher Benefit sich daraus ergibt.

Herr Preidel, Sie sind Verfechter einer neuen Datenkultur. Worauf kommt es Ihnen dabei an und welche Daten sollten zwischen den verschiedenen Nutzern (Bauherr, Planende, Auszuführende, Bürger, Forschung und Entwicklung) zirkulieren? Welche Rolle spielen dabei BIM und der digitale Zwilling, welche die KI oder andere Technologien?

Preidel: Wichtig ist, dass Daten als gemeinsames Fundament begriffen werden und nicht als Nebenprodukt. Nur wenn Informationen zugänglich, verständlich und weiterverwendbar sind, entsteht Mehrwert für alle Beteiligten: Bauherren gewinnen Transparenz, Planer und Ausführende Sicherheit, Behörden schnellere Verfahren, Bürger mehr Nachvollziehbarkeit. Methoden wie BIM schaffen die strukturelle Ordnung, in der Daten verlässlich nutzbar sind. Digitale Zwillinge verknüpfen diese Informationen über den gesamten Lebenszyklus hinweg, und KI kann daraus Muster erkennen – aber nur, wenn die Basis stimmt. Entscheidend ist aber nicht die Technologie, sondern der Wille, sie sinnvoll zu nutzen und die eigene Verantwortung im Datenfluss wahrzunehmen, von der ersten Idee bis weit über das Projekt hinaus.

Die Kommunen könnten in einer solchen Datenkultur eine Schlüsselrolle übernehmen. Projekte wie Construct-X schaffen hierzu die Spielregeln. Warum sollte die öffentliche Hand dies tun und was wäre der Benefit, für die Kommunen aber auch die Planenden und Ausführenden? Wie müsste ein solcher Datenaustausch organisiert werden? Welche Kompetenzen sind auf der Seite der Umsetzenden erforderlich?

Preidel: Kommunen profitieren direkt davon, wenn Daten klug geteilt werden: Entscheidungen werden fundierter, Genehmigungsprozesse schneller, Planungsfehler seltener. Gleichzeitig behalten sie durch föderierte Datenräume mit klaren Zugriffsregeln die Kontrolle. So lassen sich relevante Informationen zielgerichtet freigeben, etwa für Bebauungsplanung, Modellprüfung oder Beteiligungsverfahren. Und so können dann auch Planende fundierter arbeiten, und Abstimmungen werden effizienter. Dafür braucht es keine Vollautomatisierung, sondern klar definierte Rollen, digitale Kompetenz in der Verwaltung und das Verständnis dafür, dass kontrolliertes Datenteilen kein Risiko ist, sondern Teil einer zukunftsfähigen Verwaltungspraxis.

Wie kann die Initiative buildingSMART Deutschland hierbei unterstützen?

buildingSMART will die verbindende Grundlage schaffen: Mit offenen Standards wie IFC, IDS und BCF ermöglichen wir den offenen Datenaustausch zwischen Software, Disziplinen und Phasen. Gleichzeitig fördern wir durch Zertifizierungen, Schulungen und Leitfäden die Kompetenzen. Besonders wichtig ist uns, dass Daten nicht einfach abgelegt, sondern nutzbar gemacht werden: für den Betrieb, das Monitoring, den Umbau oder die Forschung. Dafür braucht es strukturierte Übergaben, sinnvolle Metadaten und vertraglich geregelte Datenzugriffe. Dabei verstehen wir uns als Bindeglied: zwischen dem, was in der Praxis gebraucht wird, was verwaltet werden muss, und dem, was technologisch möglich ist.

Herr Preidel, vielen Dank für die Einblicke!

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Von Prof. Dr.-Ing. Cornelius Preidel / Melanie Schulz