Exoplanet K2-18b: Spuren des Lebens – oder nur Ethan?
Dimethylsulfid oder doch nur Ethan? Hinweise auf außerirdisches Leben relativieren sich bei genauerer Analyse.

Diese künstlerische Darstellung zeigt, wie der weit entfernte Planet K2-18b, sein Mutterstern und ein Begleitplanet in diesem System aussehen könnten. Eine neue Analyse der University of Chicago hat Zweifel an einer früheren Erkenntnis aufkommen lassen, wonach Daten Hinweise auf Leben auf dem Planeten lieferten.
Foto: ESA/Hubble, M. Kornmesser
Ein vermeintliches Lebenszeichen vom Exoplaneten K2-18b entpuppt sich wohl als Fehlinterpretation. Forschende identifizieren statt Dimethylsulfid womöglich nur Ethan – ein einfaches Molekül ohne Bezug zu Leben.
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Ein Signal sorgt für Aufregung
Im April 2025 rückte ein entfernter Planet namens K2-18b in den Fokus der Astronomie. Forschende der Universität Cambridge berichteten, dass sie mithilfe des James-Webb-Weltraumteleskops Hinweise auf Dimethylsulfid (DMS) oder Dimethyldisulfid gefunden hätten – Moleküle, die auf der Erde nur durch lebende Organismen entstehen. Ein spektakulärer Fund, denn es wäre ein möglicher Beleg für außerirdisches Leben.
Doch nun folgt die wissenschaftliche Rückmeldung: Ein Team der University of Chicago widerspricht der ursprünglichen Interpretation. Ihre neue Analyse der Messdaten legt nahe, dass das Signal auch durch harmloses Ethan verursacht worden sein könnte – ein Molekül, das regelmäßig in der Atmosphäre von Gasriesen wie Neptun vorkommt.
Zweifel an der Deutung
„Wir haben festgestellt, dass die uns bisher vorliegenden Daten viel zu ungenau sind, um diese Behauptung zu belegen“, erklärt Rafael Luque, Postdoktorand an der University of Chicago und Erstautor der neuen Untersuchung. Die Publikation wurde bei Astronomy and Astrophysics Letters eingereicht.
Die Forschenden argumentieren, dass spektakuläre Behauptungen auch besonders robuste Belege erfordern. Doch genau die fehlen bislang. Die Hinweise auf DMS beruhen auf einem sehr schwachen Signal – und lassen sich auch durch andere Moleküle erklären, die keine biologische Herkunft haben.
Molekülsuche aus dem Licht
Die Schwierigkeit beginnt bereits bei der Methodik. K2-18b liegt 124 Lichtjahre von der Erde entfernt. Direkte Beobachtungen des Planeten sind nicht möglich. Stattdessen werten Wissenschaftler:innen das Licht ihres Zentralsterns aus, das durch die Atmosphäre des Planeten gefiltert wird, wenn dieser ihn auf seiner Umlaufbahn passiert. Je nach Zusammensetzung der Atmosphäre blockieren bestimmte Moleküle bestimmte Wellenlängen des Lichts.
Doch diese „Fingerabdrücke“ sind nicht eindeutig. Michael Zhang, Mitautor der neuen Studie, beschreibt es so: „Alles, was Kohlenstoff mit drei Wasserstoffatomen enthält, zeigt sich bei einer bestimmten Wellenlänge. Das ist bei Dimethylsulfid der Fall. Aber es gibt unzählige andere Verbindungen, die ähnliche Merkmale in den Daten zeigen würden.“
Warum Ethan wahrscheinlicher ist
Die neue Analyse geht davon aus, dass die gemessenen Werte nicht exklusiv auf DMS oder Dimethyldisulfid zurückgehen müssen. Auch Ethan, ein einfaches Molekül ohne Verbindung zu Leben, passt zu den beobachteten Spektraldaten. Und Ethan ist bekannt aus atmosphärischen Untersuchungen von Planeten wie Uranus oder Neptun.
Die Mitautorin Caroline Piaulet-Ghorayeb bringt es auf den Punkt: „Wir sollten exotische Moleküle erst dann in die Interpretation einbeziehen, wenn wir Moleküle ausgeschlossen haben, die wir in der Atmosphäre erwarten würden.“ Mit anderen Worten: Solange eine einfache Erklärung plausibel ist, sollte man nicht auf die spektakulärste Möglichkeit setzen.
Ein unvollständiges Bild
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Datenbasis. Die ursprüngliche DMS-Interpretation stützt sich auf eine einzige Beobachtungsreihe. Doch es existieren mehrere Datensätze – auch vom Hubble-Teleskop. Die Forschenden aus Chicago bezogen all diese in ihre Analyse ein. Ihr Fazit: Je mehr Beobachtungen berücksichtigt werden, desto schwächer wird das Signal, das für DMS spricht.
Luque betont: „Es gibt einfach nicht genug Gewissheit, um eine Aussage in die eine oder andere Richtung zu treffen.“
Warum die Debatte wichtig ist
Auch wenn das aktuelle Ergebnis ernüchternd wirkt: Der wissenschaftliche Diskurs selbst ist ein Erfolg. Denn er zeigt, wie komplex die Suche nach Leben außerhalb der Erde ist – und wie wichtig es ist, vorschnelle Schlussfolgerungen zu vermeiden.
„Die Frage, ob es Leben außerhalb des Sonnensystems gibt, ist die wichtigste Frage in unserem Forschungsgebiet. Deshalb untersuchen wir alle diese Planeten“, so Luque. „Wir machen große Fortschritte auf diesem Gebiet und möchten nicht, dass diese durch voreilige Aussagen überschattet werden.“
Die Studie soll daher nicht entmutigen, sondern zu einem realistischeren Umgang mit Daten aus der Tiefenbeobachtung des Alls beitragen. Neue Missionen und genauere Teleskope werden künftig bessere Grundlagen schaffen, um molekulare Signaturen eindeutig zuzuordnen – und vielleicht doch irgendwann ein belastbares Signal für Leben im All liefern.
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