Revolution im Batterierecycling dank selbstzersetzendem Material
Forschende des MIT haben einen speziellen Elektrolyten entwickelt, der sich am Ende der Lebensdauer einer Batterie selbstständig wieder in seine Basiselemente zerlegt. Dadurch könnten Batterien künftig deutlich einfacher recycelt und wertvolle Rohstoffe in eine Kreislaufwirtschaft überführt werden.
Forschende haben ein neues Batteriedesign entwickelt, das ein Recycling ermöglicht.
Foto: Mit freundlicher Genehmigung der Forscher, bearbeitet von MIT News
Der weltweite Anstieg der Elektrofahrzeuge wird oft als Meilenstein für klimafreundliche Mobilität gefeiert. Doch zur Wahrheit gehört ebenso, dass irgendwann Millionen an Batterien entsorgt werden müssen. Bisherige Recyclingmethoden stoßen dabei an ihre Grenzen. Trotz intensiver Forschung landen zahlreiche Batterien nach ihrem Einsatz immer noch auf Deponien.
Ein Forschungsteam des MIT hat nun ein Material vorgestellt, das sich nach dem Gebrauch auflöst, sobald es in eine einfache organische Flüssigkeit getaucht wird. In ihrer jüngst veröffentlichten Studie beschreiben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, wie dieser neuartige Elektrolyt zunächst als leitendes Bindeglied in einer Festkörperzelle arbeitet und sich anschließend innerhalb kürzester Zeit in seine molekularen Bausteine zurückwandeln lässt. Das soll eine Alternative zum bisherigen Verfahren darstellen, bei dem Batterien zerkleinert und dabei zu schwer trennbaren Mischungen verarbeitet werden.
Mit Selbstorganisation Batterien von E-Autos recyceln
Die Grundidee unterscheidet sich radikal von bisherigen Strategien. Anstatt nur auf Leistungsfähigkeit und Stabilität zu setzen und sich erst danach um die Wiederverwertung zu kümmern, verfolgen die MIT-Forschenden den Ansatz, Materialien von Beginn an recyclingfähig auszulegen. „Bisher haben wir uns in der Batterieindustrie auf leistungsstarke Materialien und Designs konzentriert und erst später versucht, herauszufinden, wie man Batterien mit komplexen Strukturen und schwer recycelbaren Materialien recyceln kann. Unser Ansatz besteht darin, mit leicht recycelbaren Materialien zu beginnen und herauszufinden, wie man sie batteriekompatibel macht“, erläutert Yukio Cho, Hauptautor und Absolvent des Instituts, die Idee. Neben Cho waren unter anderem Cole Fincher, Ty Christoff-Tempesta, Yet-Ming Chiang sowie Julia Ortony an der Arbeit beteiligt. Das Besondere an diesem neuen Material ist seine Fähigkeit, durch äußere Einflüsse wie Wasser oder Lösungsmittel in seine ursprünglichen Bestandteile zurückzukehren.
Als Inspiration diente Cho eine Filmszene aus „Harry Potter“, die er seit Kindheitstagen in Erinnerung behalten hat. Darin lässt eine magische Geste mühelos ein schmutziges Haus erstrahlen. Diese Idee der „Reinigung auf Knopfdruck“ regte ihn dazu an, über Materialien nachzudenken, die ähnlich funktionieren könnten. Mit Unterstützung eines Teams nahm er die sogenannte Klasse der Aramid-Amphiphile genauer unter die Lupe. Diese Moleküle ordnen sich eigenständig neu an und erinnern durch ihre Struktur an Kevlar. Ergänzt durch Polyethylenglykol am Molekülende, das die Leitung der Lithiumionen übernehmen kann, entstand schließlich ein funktionsfähiger Elektrolyt. Werden die Moleküle in Wasser gegeben, entstehen unzählige Nanobänder, die stark vernetzte Strukturen bilden. Diese lassen sich durch Hitzeeinwirkung zu einem stabilen Festkörper zusammensetzen. Damit entsteht ein Material, das Belastungen in Betrieb und Herstellung standhält – gleichzeitig aber löslich bleibt, sobald es wieder mit Flüssigkeiten in Kontakt kommt.
Forschung für die Zukunft: E-Auto-Batterien einfach recyceln
Das neue Material weist bemerkenswerte Eigenschaften auf: Es ist mechanisch stabil und transportiert Lithiumionen zuverlässig zwischen den Elektroden. In ersten Testzellen mit gängigen Batteriekomponenten stellte sich jedoch ein Problem ein: Bei schnellen Ladezyklen kam es zu sogenannter Polarisation, was die Leistung beeinträchtigte. Dennoch betonen die Forschenden den Vorteil des einfachen Recyclings. Wird die fertige Batterie in ein geeignetes Lösungsmittel gelegt, löst sich der Elektrolyt genauso schnell auf wie Zuckerwatte in Wasser. Das ermöglicht es, die Verbindungsschicht vom Rest zu trennen, sodass Kathode und Anode unkompliziert wiedergewonnen werden können. Auf diese Weise würde der aufwendige Einsatz von hohen Temperaturen und aggressiven Chemikalien, wie sie heute üblich sind, weitgehend entfallen. Somit könnte das Konzept ein Schlüsselfaktor dabei sein, wie man E-Auto-Batterien recyceln und gleichzeitig wertvolle Rohstoffe in den Kreislauf zurückführen kann.
Cho und sein Team sehen ihr Material als Nachweis dafür, was künftig möglich sein wird, nicht als fertige Lösung. Die Energiespeicherkapazität sei im Vergleich zu heutigen Standards zwar noch eingeschränkt, doch könnte das Konzept in Kombination mit anderen Substanzen interessante neue Wege eröffnen. Denkbar ist beispielsweise der gezielte Einsatz als eine von mehreren Schichten im Batterieaufbau, um die Demontage wesentlich zu erleichtern. „Wir wollen nicht behaupten, dass wir mit diesem Material alle Probleme gelöst haben“, erklärt Cho. Aber die Grundidee, dass sich Batterien nach Lebensende durch den Zerfall einer Schlüsselschicht nahezu selbst in Bestandteile zerlegen, könnte den Weg zu einer ganz neuen Generation von Akkus ebnen. Weitere experimentelle Anpassungen sollen nun zeigen, wie Stabilität und Leitfähigkeit gleichzeitig weiter erhöht werden können.
Recycling von E-Auto-Batterien als Standortfaktor
Darüber hinaus verfolgt die Gruppe einen weiteren, strategischen Gedanken: Das Konzept könnte helfen, die Lithiumversorgung innerhalb den Vereinigten Staaten von Amerika zu sichern, indem Materialien aus Altbatterien direkt wieder in neuen Zellen eingesetzt werden. Cho weist auf die wirtschaftliche Dimension hin: Eine breite Möglichkeit, Lithium-Ionen-Akkus in großem Maßstab zurückzugewinnen, hätte positive Auswirkungen. Angesichts der rasant wachsenden Nachfrage nach Fahrzeugbatterien wäre dies ein entscheidender Vorteil, um sowohl Preisspitzen als auch Abhängigkeiten von internationalen Lieferketten zu vermeiden.
Ein Beitrag von: