Porträt 27.05.2025, 11:00 Uhr

Jung, innovativ, nachhaltig: Mit PAPE denkt Franziska Kerber Elektronik neu

Wie kann Papier helfen, Elektroschrott zu reduzieren? Die österreichische Designerin Franziska Kerber zeigt mit ihrer Erfindung, wie ein einfaches Material zum Schlüssel für nachhaltige Elektronik werden kann – und überzeugt damit auch international.

Franziska Kerber und PAPE

Gestalterin von morgen: Papier als Lösung für ein globales Abfallproblem?

Foto: EPA

Elektroschrott gehört zu den am schnellsten wachsenden Abfallarten weltweit. Vor allem kleine Elektrogeräte sind schwer zu recyceln, was ihre Wiederverwertung erschwert.

Franziska Kerber aus Österreich hat deshalb PAPE entwickelt – ein papierbasiertes Material, das Kunststoff- und Glasfaserteile in kleinen Elektrogeräten ersetzen kann. Mit ihrer Erfindung schaffte sie es beim Young Inventors Prize 2025 unter die zehn besten jungen Erfinderinnen und Erfinder weltweit. Eine unabhängige Jury wählte sie aus 450 Bewerbungen aus und zählt sie zu den „Gestaltern von morgen“. Der Preis wird am 18. Juni 2025 vom Europäischen Patentamt (EPA) verliehen.

Die meisten kleinen Elektrogeräte bestehen aus Kunststoffgehäusen. Wird dieser Kunststoff mit anderen Materialien kombiniert, lässt er sich nur schwer recyceln. Das Problem liegt weniger im Material selbst, sondern darin, dass es keine guten Lösungen für die saubere Trennung und Wiederverwertung gibt.

PAPE – Gehäuse-Alternative auf Papierbasis

Genau hier setzt Franziska Kerber mit ihrer Erfindung an. Sie hat PAPE entwickelt – eine Gehäuse-Alternative auf Papierbasis, die speziell für umweltfreundliches Recycling gedacht ist. Anders als beim herkömmlichen Schreddern, bei dem viele wertvolle Materialien verloren gehen, kann PAPE gezielt aufgelöst werden. So lassen sich Platinen und – wenn recycelbare Leiterplatten verwendet werden – sogar elektronische Bauteile als Ganzes zurückgewinnen und wiederverwenden.

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PAPE besteht aus ungenutzten Papierfasern, ist stabil, wasserlöslich und erleichtert dadurch die Demontage und das Recycling der einzelnen Teile deutlich.

„Das war tatsächlich eine Kombination aus Studium und persönlichem Umfeld“, sagt Franziska Kerber über ihre Motivation, sich mit nachhaltigem Produktdesign zu beschäftigen. „Mein Vater ist Physiker und beschäftigt sich auch privat mit Themen wie nachhaltiger Technologie.“ Durch ihn wurde sie auf „recyclingfähige Elektronikprodukte“ aufmerksam und auf die Frage, welche Entwicklungen es in diesem Bereich bereits gibt.

Gleichzeitig habe sie sich im Studium „intensiv mit recyclingfähigen Materialien auseinandergesetzt“. Daraus ergab sich für sie „eine spannende Verbindung: durch gezielte Materialwahl die Entwicklung nachhaltiger Elektronikprodukte zu fördern – mit dem Ziel, langfristig geschlossene Stoffkreisläufe zu schaffen“. Ihr Vater habe ihr „nicht direkt die Idee selbst“ gegeben, aber sie „auf Entwicklungen im Bereich recyclingfähiger Leiterplatten aufmerksam gemacht“. Das habe sie für die Problematik sensibilisiert und sie dazu gebracht, „ein umfassenderes System für recyclingfähige Elektronikprodukte zu entwickeln“.

Aus Rückschlägen wächst Innovation

Rückschläge waren für Franziska Kerber ein fester Bestandteil ihres Entwicklungsprozesses – besonders bei der ungewöhnlichen Idee, Papier mit Elektronik zu verbinden. „Natürlich ist es immer frustrierend, wenn man an etwas arbeitet, das auf den ersten Blick nicht die naheliegendste Kombination ist – wie etwa Papier mit Elektronik zu verbinden. Wenn die ersten Versuche dann nicht gelingen, ist das im ersten Moment enttäuschend.“ Doch genau in diesen Momenten habe sie viel gelernt: „Aber gerade daraus lernt man enorm viel und erkennt genau, wo man Verbesserungen vornehmen muss.“ Und wenn es dann endlich klappt, sei das Gefühl umso schöner.

Auch Kritik spielt für sie eine zentrale Rolle: „Ich habe gelernt, dass Kritik nie schadet, sondern immer nur dazu beiträgt, sich weiterzuentwickeln und das Projekt zu verbessern.“ Im Laufe ihrer Arbeit sei sie immer wieder auf die Notwendigkeit gestoßen, auch einmal Abstand zu nehmen: „Oft braucht man auch einen Schritt zurück, um das Gesamtbild wieder zu sehen und vielleicht einen leicht anderen Weg einzuschlagen.“ Besonders nach Misserfolgen helfe es, die Perspektive zu wechseln: „Wenn man dann scheitert oder negatives Feedback bekommt, hilft es, das Ganze noch einmal aus einer größeren Perspektive zu betrachten.“

PAPE: Eine papierbasierte Gehäuselösung für nachhaltige Elektronik. Foto: EPA

PAPE: Eine papierbasierte Gehäuselösung für nachhaltige Elektronik.

Foto: EPA

Papier statt Plastik: Warum WLAN-Router der Anfang sind

„Papier als Material hat natürlich auch einige Nachteile“, erklärt Franziska Kerber. „Es nimmt beispielsweise Fette und Öle von der Haut auf, wenn man es häufig anfasst, was die Recyclingfähigkeit beeinträchtigen kann.“ Auch die mangelnde Wasserresistenz war eine Herausforderung: „Papier ist nicht besonders wasserresistent, was seine Widerstandsfähigkeit einschränkt.“ Deshalb war „die größte Herausforderung, das passende Produkt zu finden, an dem wir das Projekt umsetzen konnten“. Die Entscheidung fiel auf WLAN-Router und Rauchmelder – Geräte, „die nicht täglich von Personen berührt werden“. Gleichzeitig erwies sich genau diese Materialeigenschaft im Recyclingprozess als Vorteil: „Beim Recycling am Lebensende des Produkts ermöglicht das Material durch seine Auflösung eine schnelle Demontage und erleichtert so die Rückgewinnung der verbauten Materialien.“ So wurde aus einer Schwäche ein Vorteil – und durch die „gezielte Produktauswahl konnten wir die Nachteile minimieren und gleichzeitig im Recyclingprozess sogar einen großen Vorteil erzielen“.

Für Franziska Kerber ist klar: Bis ihr papierbasiertes Elektronikgehäuse marktreif ist, braucht es noch Zeit und Zusammenarbeit. „Das ist natürlich schwer genau einzuschätzen, aber es wird sicherlich noch einige Jahre dauern. Wichtig ist dabei vor allem, die Kooperationen mit Industriepartnern zu finalisieren.“ Rückenwind bekommt sie dabei durch den Young Inventor Award des Europäischen Patentamts: „Ich freue mich sehr, dass wir durch den Young Inventor Award des Europäischen Patentamts zusätzliche Aufmerksamkeit und Unterstützung erhalten haben, was die Suche nach passenden Partnern erleichtert.“

Kooperationen und Industriepartner finden

Auch für die nächsten Jahre hat sie eine klare Vision: „Ich hoffe, dass das Thema durch den Young Inventor Award noch mehr Aufmerksamkeit bekommt und zu einem größeren Gesprächsthema wird.“ Ihr Ziel ist es, „passende Kooperationen und Industriepartner zu finden, um den Prototyp weiterzuentwickeln und schließlich ein marktreifes Produkt zu realisieren. Das wäre ein großer Schritt.“

Franziska Kerber

Die österreichische Designerin Franziska Kerber gehört zu den Finalistinnen des Young Inventors Prize 2025.

Foto: EPA

Der Young Inventors Prize

Der Young Inventors Prize richtet sich an junge Menschen unter 30 Jahren, die mit ihren Ideen zu einer nachhaltigeren Zukunft beitragen. Der Preis zeigt, wie viel junge Erfinderinnen und Erfinder bewegen können, und würdigt ihre besonderen Leistungen.

Er wurde 2022 ins Leben gerufen. Anfangs wurde er im Rahmen des Europäischen Erfinderpreises vergeben, ab 2025 findet eine eigene Preisverleihung statt.

Jedes Jahr werden zehn „Tomorrow Shapers“ ausgewählt. Drei von ihnen erhalten besondere Auszeichnungen – als World Builder, Community Healer oder Nature Guardian. Zusätzlich gibt es einen Publikumspreis, den „People’s Choice“, über den online abgestimmt wird.
Alle zehn Finalistinnen und Finalisten erhalten 5000 €. Die drei Sonderpreisträger bekommen jeweils 15.000 € extra. Der Publikumssieger erhält zusätzlich 5000 €.

Ein Beitrag von:

  • Alexandra Ilina

    Redakteurin beim VDI Verlag. Nach einem Journalistik-Studium an der TU-Dortmund und Volontariat ist sie seit mehreren Jahren als Social Media Managerin, Redakteurin und Buchautorin unterwegs.  Sie schreibt über Karriere und Technik.

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