Seltene Krebsformen mit KI schneller identifizieren
Wer als Patientin oder Patient die Diagnose Krebs bekommt, hat meist automatisch die Frage nach Leben oder Tod vor Augen. Handelt es sich um eine seltene Blutkrebs-Form ist diese Frage mehr als berechtigt. Forschende haben nun eine neue Form der Prognose entwickelt. Sie soll die Überlebenschancen erhöhen.
Eine neue Methode soll Krebspatientinnen und -patienten bessere Behandlungen und höhere Überlebenschancen ermöglichen.
Foto: smarterPix / nd3000
Das T-Zell-Lymphom ist nicht nur eine seltene, sondern auch eine besonders aggressive Form des Blutkrebses. Schon die erste Behandlung ist nicht einfach. Erschwerend hinzu kommt, dass häufig Rückfälle auftreten, auch wenn die erste Therapie zunächst erfolgreich war. Das bedeutet: Die Fünf-Jahres-Überlebensrate ist bei dieser Krebsform besonders niedrig.
Deshalb haben sich Forschende vom MIT in Zusammenarbeit mit einem Team des PETAL-Konsortiums am Massachusetts General Hospital genau diese Krebsform genauer angeschaut und nach alternativen Prognosemöglichkeiten gesucht. Gefunden haben sie einen aus ihrer Sicht aussagekräftigen Marker. Der könnte helfen, die Krankheit bei Hochrisikopatienten frühzeitig zu erkennen und Behandlungen individuell abzustimmen.
Krebs schneller identifizieren mithilfe einer Kausalanalyse
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben im Rahmen einer Studie Daten von Tausenden Patientinnen und Patienten weltweit analysiert. Dazu setzten sie eine neue Kausalanalyse namens „Synthetic Survival Control (SSC) ein, die eine MIT-Absolventin jüngst in einer Dissertation entwickelt hatte. Mit diesem Modell lassen sich „Wann-wenn“-Fragen beantworten.
Diese Methode soll nach Angeben der Forschenden dabei helfen, eine bessere Einschätzung zu ermöglichen, wie sich der Zeitpunkt von Ergebnissen durch bestimmte Konstellationen verändern würde. Man nennt diese Methode auch kausale Interferenz.
Neue Methode, um Krebs zu erkennen soll bei der Therapie helfen
Vor allem bei der Identifizierung neuer Risikogruppen sowie der Auswahl der Therapien sehen die Forschenden ein passendes Einsatzgebiet für diese Methode.
„Oft interessiert uns nicht nur, was passieren wird, sondern auch der Zeitpunkt, wann das Ereignis eintritt. Diese Wann-Wenn-Probleme blieben lange unbeachtet, sind aber in vielen Bereichen verbreitet. Wir haben hier gezeigt, dass man zur Beantwortung dieser Fragen mithilfe von Daten Fachleute benötigt, die Einblicke liefern, sowie geeignete Methoden zur Kausalanalyse, um den Zusammenhang zu verstehen“, sagt Devavrat Shah, Professor an der Fakultät für Elektrotechnik und Informatik am MIT und Mitautor der Studie.
Der Zeitpunkt ist bei aggressiven Krebsformen häufig entscheidend
Im Rahmen der Studie haben die Forschenden ein Rahmenwerk zur kausalen Interferenz mittels synthetischer Überlebenskontrolle entwickelt. Dieses dient als Basis, um die „Wann-wenn“-Fragen beantworten zu können. Damit soll es ihnen gelingen, das Eintreten eines Ereignisses abzuschätzen, sobald eine bestimmte Intervention angewendet wird.
Bei ihrer Untersuchung stand das T-Zell-Lymphom im Mittelpunkt. Als Marker nutzten sie TTR12, der einen Rückfall innerhalb von zwölf Monaten nach Therapiebeginn anzeigt. Zeigt eine Patientin oder ein Patient TTR12, stellt sich die Frage, wie sich der Überlebensverlauf verändern würde, wenn dieser prognostische Marker nicht aufgetaucht wäre. Da es keinen Test gibt, mit dem sich ein Ergebnis herbeiführen lässt, mussten die Forschenden dies bislang auf Basis von Patientendaten hypothetisch abschätzen.
Die neue Methode soll die Überlebenschancen bei Krebs erhöhen
Doch diese Methode birgt verschiedene Herausforderungen: es gibt Verzerrungen in den Beobachtungsdaten oder auch unvollständige Aufzeichnungen. Darüber hinaus kann sich eine bestimmte Behandlung auf die Überlebenszeit einer Patientin oder eines Patienten auswirken. Das macht die Daten zusätzlich komplex.
Mit ihrem neuen Synthetic Survival Control-Modell wollen die Forschenden diese Herausforderungen überwinden. Denn die Methode verknüpfe Informationen von mehreren Patientinnen und Patienten so miteinander, dass sich Überlebenswahrscheinlichkeiten abschätzen lassen.
Ein spezieller Marker gibt konkrete Hinweise für die bessere Krebstherapie
Die Forschenden fanden heraus, dass Menschen mit TTR12 innerhalb von fünf Jahren nach Beginn der Therapie ein deutlich höheres Sterberisiko aufwiesen als Patientinnen und Patienten, die diesen Marker nicht aufwiesen. „Das zeigt uns, dass ein frühes Rezidiv ein sehr wichtiger Prognosefaktor ist. Es dient den Ärzten als Signal, über eine maßgeschneiderte Therapie für diese Patienten nachzudenken, die Resistenzen in der Zweit. Oder Drittlinientherapie überwinden können“, erklärt Xinyi Han, die das Modell zur Kausalanalyse entwickelt hat.
Im nächsten Schritt wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Analyse auf hochdimensionale Genomdaten ausweiten. Ihr Ziel ist es, maßgeschneiderte Therapien zu entwickeln, mit denen sich ein Rückfall innerhalb von zwölf Monaten verhindern lässt
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