Kooperationsprojekt 11.06.2025, 12:00 Uhr

Mit KI gegen den Schlaganfall – neue Chancen für Behandlung

Bei einem Schlaganfall entscheidet jede Sekunde über Leben und Gesundheit – wie kann künstliche Intelligenz dabei helfen, die richtige Therapie noch schneller zu finden? Ein neu entwickeltes KI-Modell aus Leipzig könnte die Behandlung deutlich beschleunigen.

KI gegen Schlaganfall

Forschung für den Ernstfall: Marie-Sophie von Braun, Dr. Kristin Marie Starke, Prof. Dorothee Saur und Jun.-Prof. Cindy Richter (v.l.n.r.) entwickeln gemeinsam eine KI-Lösung zur Unterstützung bei Schlaganfällen.

Foto: UKL/Rico Thumser

Je schneller gehandelt wird, desto besser sind die Chancen, dass die Betroffenen wieder vollständig gesund werden. Ein Team unter der Leitung der Leipziger Neurologin Prof. Dorothee Saur hat deshalb ein KI-Modell entwickelt, das Ärztinnen und Ärzte bei der Entscheidung für oder gegen eine invasive Behandlung unterstützt.

Die künstliche Intelligenz analysiert dabei sowohl Bildaufnahmen als auch klinische Daten und erstellt daraus eine individuelle Prognose für die Patientin oder den Patienten. Die vielversprechenden Ergebnisse wurden kürzlich in der Fachzeitschrift Brain veröffentlicht. Nun erhält das Projekt 250.000 Euro Fördermittel, um in den Klinikalltag überführt zu werden.

Wenn jemand mit einem Schlaganfall ins Krankenhaus kommt, muss schnell eine Diagnose gestellt und wichtige Entscheidungen getroffen werden: Ist ein Blutgefäß im Gehirn verstopft? Welche Bereiche sind betroffen? Wie schwer ist die Schädigung? Gibt es noch Gehirngewebe, das gerettet werden kann? Und welche Behandlung ist am besten?

Grundlage für Entscheidungen unter Zeitdruck

Für bestimmte wichtige Behandlungen wie die Thrombektomie, eine schonende Methode, bei der ein Blutgerinnsel aus dem Gefäß entfernt wird, braucht man ein spezielles Schlaganfallzentrum. Nicht jedes Krankenhaus hat solche Einrichtungen. Dann stellt sich die Frage, ob der Patient in ein spezialisiertes Zentrum verlegt werden muss. „Diese Entscheidungen werden oft unter Zeitdruck vor Ort getroffen, von Kolleg*innen, die nicht in jedem Fall Schlaganfallspezialisten sind“, beschreibt Junior-Professorin Cindy Richter aus dem Institut für Neuroradiologie am Universitätsklinikum Leipzig (UKL) die Herausforderungen des klinischen Alltags. „Nicht jeder Schlaganfallpatient muss aber automatisch die Maximalbehandlung erhalten“, erklärt die UKL-Neuroradiologin Prof. Dorothee Saur.

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Um eine zuverlässige Grundlage für Entscheidungen zu schaffen, hat Prof. Dorothee Saur, stellvertretende Direktorin der Neurologie am UKL, gemeinsam mit Partnern aus der Neuroradiologie und dem KI-Kompetenzzentrum ScaDS.AI Dresden/Leipzig an der Universität Leipzig ein sogenanntes Deep-Learning-Modell entwickelt.

Aus Algorithmen reale Lösungen schaffen

„Als Informatikerin begeistert es mich, wenn aus technisch anspruchsvollen Algorithmen reale Lösungen entstehen. Gerade die enge Zusammenarbeit mit der Medizin zeigt, wie viel gesellschaftlicher Nutzen in interdisziplinärer Forschung steckt“, sagt Marie-Sophie von Braun vom ScaDS.AI Dresden/Leipzig.

Die KI kann sehr genau vorhersagen, wie groß der Gewebeschaden im Gehirn sein wird und wie erfolgreich eine Thrombektomie wahrscheinlich ist. Die KI analysiert dazu CT-Bilder aus der Diagnose und verbindet diese mit weiteren klinischen Daten. „Auf diese Weise erhalten wir eine patientenspezifische Einschätzung, welche Schäden zu erwarten sind und ob diese mit einer Intervention verhindert werden können“, wird Prof. Saur in einer Pressemitteilung zitiert. „Unser Ziel bei einem akuten ischämischen Schlaganfall ist es, wichtige Gehirnfunktionen so weit wie möglich zu erhalten. Das neue Modell hilft uns zu erkennen, wie dies im jeweils konkreten Fall am besten gelingen kann“.

Schritt für Schritt zur klinischen Anwendung

Das Modell wurde mit etwa 400 Fällen vom UKL trainiert und anschließend mit Daten aus den Unikliniken Leipzig und Dresden getestet.
Nun möchten die Forschenden die Ergebnisse mit weiteren Daten überprüfen, um die entwickelte Anwendung zu lizenzieren und spezialisierten Teams für den klinischen Einsatz zugänglich zu machen. Am Ende des Projekts soll eine Software entstehen, die auch auf mobilen Geräten allen Beteiligten bei der Schlaganfallversorgung schnelle und sichere Entscheidungen ermöglicht. Die Forschenden hoffen, dass die KI die Abläufe in der Schlaganfallmedizin beschleunigt und gleichzeitig eine personalisierte Behandlung ermöglicht, indem individuelle Situationen und mögliche Behandlungserfolge besser eingeschätzt werden können. Sie rechnen damit, dass dies in drei bis fünf Jahren realisierbar ist.

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Ein Beitrag von:

  • Alexandra Ilina

    Redakteurin beim VDI Verlag. Nach einem Journalistik-Studium an der TU-Dortmund und Volontariat ist sie seit mehreren Jahren als Social Media Managerin, Redakteurin und Buchautorin unterwegs.  Sie schreibt über Karriere und Technik.

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