Früherkennung auf dem Prüfstand 26.11.2025, 17:20 Uhr

KI sagt Brustkrebsrisiko voraus

Forschende haben ein Bildanalyseverfahren mit Künstlicher Intelligenz (KI) kombiniert. Sie trainierten es mit mehr als 230.000 Mammografieaufnahmen. Unter Berücksichtigung weiterer relevanter Faktoren lieferte die KI exakte Ergebnisse und könnte die Diagnostik im Bereich Brustkrebs deutlich verbessern.

Blick auf einen Monitor, auf dem das Mammografiebild einer Brust zu sehen ist und im Hintergrund steht das Mammografiegerät.

Forschende haben KI eingesetzt, um Frauen genauer über ihr mögliches Brustkrebsrisiko aufzuklären.

Foto: smarterPix / orion_production

Lange galten Alter, genetische Faktoren, familiäre Vorgeschichten und die Dichte der Brust als ausschlaggebend für die Risikoabschätzung. Constance D. Lehman, Professorin für Radiologie an der Harvard Medical School unterstreicht jedoch, dass diese Methoden in der modernen Diagnostik oft nicht mehr ausreichen.

Insbesondere die Brustdichte gilt als Risikofaktor mit einer eher schwachen Aussagekraft, während der Einsatz von KI eine deutlich stärkere Prognose ermögliche. Genau damit hat Lehman sich gemeinsam mit anderen Forschenden im Rahmen einer Studie beschäftigt. Sie nutzten KI, die ausschließlich Bilder auswertete. Damit gelang es den Forschenden, das Brustkrebsrisiko für einen Zeitraum von fünf Jahren deutlich zuverlässiger vorauszusagen.

KI soll helfen: Millionen Diagnosen und viele offene Fragen

Jedes Jahr erhalten weltweit mehr als zwei Millionen Frauen die Diagnose Brustkrebs. Für die meisten Betroffenen ist dies unerwartet und sehr belastend. „Nur fünf bis zehn Prozent der Fälle sind erblich bedingt“, betont die Studienleiterin. Anders gesagt: In den meisten Fällen kommt die Diagnose überraschend. Früherkennung ist jedoch entscheidend, weil sie die Heilungschancen deutlich verbessert. Das neue KI-gestützte Verfahren könnte dazu beitragen.

Datenbasis für KI-Modell, das Brustkrebsrisiko voraussagt

Das Modell heißt „Clairity Breast“. Es ist das erste, das von der US-Gesundheitsbehörde Food and Drug Administration (FDA) zugelassen wurde. Für das Training setzten die Forschenden mehr als 420.000 Mammografieaufnahmen aus 27 Einrichtungen in Europa, Südamerika und den USA ein.

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Das System bewertete sowohl Bilder von Patientinnen mit bestätigtem Krebs als auch von Personen ohne Erkrankung. Auf diese Art und Weise sollte das KI-Modell lernen, Muster und Unterschiede im Brustgewebe zu erkennen.

KI nimmt jede Veränderung wahr

„Das Modell erkennt Veränderungen im Brustgewebe, die dem menschlichen Auge verborgen bleiben“, erklärt Lehman. „Radiologen können das nicht leisten. Im Grunde handelt es sich um ein eigenständiges Aufgabengebiet, das unabhängig von der Diagnose zu sehen ist. Hier entsteht ein völlig neues Gebiet der Medizin, indem sie die Möglichkeiten der KI und bisher ungenutzte Informationen im Bild nutzt.“

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In einer klinischen Studie wurden mehr als 236.000 Mammografien ausgewertet. Die Aufnahmen stammten aus amerikanischen und europäischen Zentren und entstanden im Zeitraum zwischen 2011 und 2017. Auch die von Radiologinnen und Radiologen beurteilte Brustdichte sowie die von ihnen erstellten Fünfjahres-Krebsraten flossen in die Studie mit ein.

KI lieferte bei der Risikobewertung für Brustkrebs höhere Werte

Die Studienergebnisse ermöglichen eine Einteilung in durchschnittliches (unter 1,7 Prozent), mittleres (1,7 bis 3,0 Prozent) oder hohes Risiko (über 3,0 Prozent). Diese Daten stützen sich auf Schwellenwerte des National Comprehensive Cancer Network (NCCN).

Frauen der Hochrisikogruppe wurde durch das kombinierte Verfahren KI mit Brustdichte ein vierfach höheres Krebsrisiko zugesprochen im Vergleich zu Frauen der Durchschnittsrisikogruppe. Die Bewertung der Brustdichte allein lieferte dagegen nur einen leichten Unterschied. KI sagt das Brustkrebsrisiko also mit höherer Präzision voraus.

KI könnte die Bildanalyse routinemäßig ergänzen

„Die Ergebnisse dieser groß angelegten Analysen zeigen, dass KI-Risikomodelle eine deutlich stärkere und präzisere Risikostratifizierung für die Fünfjahresprognose von Brustkrebs ermöglichen als die alleinige Berücksichtigung der Brustdichte“, fasst Christiane Kuhl, Direktorin der Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am Universitätsklinikum RWTH Aachen, die Ergebnisse zusammen.

Die Forschenden sind sich einig, mit ihrer Studie entscheidend dazu beitragen zu können, den Einsatz von KI-gestützter Bildanalyse als Ergänzung zu fördern.

Forschende wünschen sich mehr Transparenz

Die US-amerikanische Krebsgesellschaft empfiehlt derzeit Frauen ab 40 Jahren mit einem durchschnittlichen Risiko ein jährliches Mammographie-Screening. Fallzahlen zeigen jedoch, dass Erkrankungen vor allem in jüngeren Altersgruppen zunehmen. Und genau bei diesen Patientinnen kann ein KI-gestützter, bildbasierter Risikoscore helfen, die Erkrankung möglichst frühzeitig zu erkennen.

Ein erster Schritt ist bereits erfolgt: In den USA haben 32 Bundesstaaten die Gesundheitsdienstleister per Gesetz dazu verpflichtet, Frauen im Rahmen einer Mammographie auch über ihre Brustdichte zu informieren. Nun wünschen sich die Forschenden den nächsten Schritt, nämlich dass Frauen dazu noch ihren KI-gestützten, bildbasierten Risikoscore erhalten.

Ein Beitrag von:

  • Nina Draese

    Nina Draese hat unter anderem für die dpa gearbeitet, die Presseabteilung von BMW, für die Autozeitung und den MAV-Verlag. Sie ist selbstständige Journalistin und gehört zum Team von Content Qualitäten. Ihre Themen: Automobil, Energie, Klima, KI, Technik, Umwelt.

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