Gesundheitsdaten direkt aus dem Darm 28.06.2025, 14:38 Uhr

Darmgesundheit – neue Kapsel deckt Entzündungen und Stress auf

Neue Messkapsel PillTrek liefert in Echtzeit Gesundheitsdaten direkt aus dem Darm – ganz ohne Biopsie oder Stuhlprobe.

Kapsel Darmgesundheit

Ein 3D-gedrucktes Biosensor-Array bildet das Herzstück der elektrochemischen Workstation in der intelligenten Kapsel PillTrek von Caltech.

Foto: Jihong Min and Wei Gao

Forschende am Caltech haben eine intelligente, schluckbare Kapsel entwickelt, die wichtige Gesundheitsdaten direkt im Magen-Darm-Trakt erfasst. Die nur daumennagelgroße Pille misst unter anderem Temperatur, pH-Wert sowie Biomarker wie Serotonin. Ziel ist eine bessere Diagnose von Entzündungen, Stressreaktionen und chronischen Erkrankungen – ganz ohne invasive Eingriffe.

Der Darm als Spiegel unserer Gesundheit

Der menschliche Magen-Darm-Trakt übernimmt nicht nur die Verdauung. Er spielt auch eine zentrale Rolle für die Immunabwehr, die Hormonproduktion und sogar die psychische Gesundheit. In seinem Inneren zirkulieren eine Vielzahl biologischer Marker – sogenannte Biomarker –, die Hinweise auf Krankheiten, Entzündungen oder Stoffwechselstörungen geben können. Doch bislang gibt es kaum Möglichkeiten, diese direkt im Körper zu messen.

Konventionelle Verfahren setzen auf Stuhlproben oder Gewebeentnahmen durch Biopsie. Beide Methoden liefern nur punktuelle Informationen und sind entweder ungenau oder invasiv. Eine kontinuierliche Überwachung im gesamten Verdauungstrakt – vom Magen bis zum Dickdarm – war bisher kaum realisierbar.

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Miniatur-Sensoren statt chirurgischer Eingriffe

Ein Team von Ingenieur*innen am California Institute of Technology (Caltech) hat nun eine neue Technologie vorgestellt: PillTrek, eine schluckbare Kapsel, die direkt im Darm Messdaten aufzeichnet. Das Besondere: Die Kapsel arbeitet wie ein kleines Labor, misst elektrochemisch wichtige Substanzen und sendet die Daten drahtlos nach außen.

Die Pille ist nur 7 Millimeter dick und 25 Millimeter lang – damit kleiner als viele der heute üblichen Endoskopiekapseln. Im Inneren steckt jedoch ein hochkomplexes System: eine elektrochemische Workstation, verschiedene Sensoren, energiesparende Elektronik und ein Funksystem zur Datenübertragung.

„Wir haben diese Pille als sehr vielseitige Plattform konzipiert“, erklärt Wei Gao, Professor für Medizintechnik am Caltech. „Sie kann Metaboliten, Ionen, Hormone wie Serotonin und Dopamin und möglicherweise sogar Proteine messen. Und das alles im Darm, einer komplexen Umgebung.“

Technische Daten: PillTrek-Kapsel

  • Größe: 7 mm Durchmesser, 25 mm Länge
  • Funktionen: Messung von pH-Wert, Temperatur, Glukose, Serotonin u. a.
  • Sensortechnik: Miniaturisierte elektrochemische Workstation
  • Kommunikation: Drahtlose Datenübertragung
  • Energieversorgung: Stromsparende Elektronik, zukünftige drahtlose Energieübertragung geplant
  • Herstellung: 3D-Druck von Sensoren auf Kunststoffsubstraten
  • Anwendungen: Darmdiagnostik, Entzündungsüberwachung, neurochemische Analyse

 

Was PillTrek messen kann – und warum das relevant ist

PillTrek wurde zunächst in Tierversuchen eingesetzt. Dabei konnte die Kapsel den pH-Wert und die Temperatur im Darm präzise bestimmen. Darüber hinaus erfasste sie die Konzentration von Glukose sowie den Neurotransmitter Serotonin. Letzterer spielt eine wichtige Rolle bei der Regulierung von Stimmung, Schlaf und Appetit – und steht im Verdacht, mit psychischen Belastungen und entzündlichen Erkrankungen zusammenzuhängen.

Die Messung solcher Biomarker liefert nicht nur wertvolle Einblicke in den aktuellen Gesundheitszustand. Sie kann auch dabei helfen, chronische Erkrankungen wie das Reizdarmsyndrom, entzündliche Darmerkrankungen oder Stoffwechselstörungen frühzeitig zu erkennen oder besser zu überwachen.

Ein weiterer Vorteil: Die Plattform lässt sich flexibel anpassen. „Die elektrochemische Workstation ist rekonfigurierbar“, sagt Gao. Sensoren können je nach Bedarf ausgetauscht werden, um andere Substanzen zu messen. Möglich wird das durch eine spezielle Drucktechnik, die sein Team zuvor entwickelt hat: Sensoren lassen sich per 3D-Druck auf kostengünstige Kunststofffolien aufbringen. Das vereinfacht die Serienfertigung.

Entwicklung mit Ausblick

Die Technologie steht noch am Anfang. Erste Tests liefern jedoch vielversprechende Ergebnisse. Nun arbeiten die Forschenden daran, PillTrek noch kleiner und energieeffizienter zu machen. Dazu soll unter anderem die drahtlose Energieübertragung weiterentwickelt werden. Mit an Bord ist Elektrotechnik-Professorin Azita Emami, die ebenfalls am Caltech lehrt. Sie betont: „Diese Arbeit ist ein wichtiger Schritt in Richtung Geräten, die Patienten und Ärzten aussagekräftige medizinische Informationen liefern können.“

Die Forschung an PillTrek wird unter anderem von der US-amerikanischen National Science Foundation, dem Army Research Office und mehreren medizinischen Institutionen gefördert. Auch das Kavli Nanoscience Institute stellt Infrastruktur bereit.

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Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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