Abbaubares Implantat lässt Knochen schneller heilen
Neues Implantat kombiniert Citrat, Magnesium und Glutamin. Es beschleunigt Knochenheilung und könnte Operationen künftig verändern.
Röntgenaufnahme eines Splitterbruchs: Komplexe Verletzungen könnten künftig mit abbaubaren Implantaten schneller und gezielter heilen.
Foto: Smarterpix / stockdevil_666
Ein Bruch am Oberschenkel, eine komplizierte Fraktur am Schädel oder ein Splitterbruch nach einem Unfall: Oft reicht ein Gipsverband. Knochenzellen sind erstaunlich selbstständig – sie bauen den beschädigten Knochen Stück für Stück wieder auf.
Doch manchmal braucht es zusätzliche Hilfe. Chirurgen greifen dann zu Metallplatten, Schrauben oder künstlichen Knochengerüsten. Ein Team der Penn State University hat nun ein neuartiges Implantat entwickelt, das die Heilung nicht nur mechanisch stützt, sondern auch auf zellulärer Ebene antreibt.
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Citrat als Schlüssel
Das Implantat trägt den Namen CitraBoneQMg. Entwickelt wurde es in enger Zusammenarbeit von Biomedizintechniker und orthopädischen Chirurgen. Im Zentrum steht ein Molekül, das oft unscheinbar wirkt: Citrat. Es macht fast 90 % des organischen Zitratpools im Körper aus und ist entscheidend für die Stabilität der Knochen.
Bisher nutzten Implantate Citrat vor allem als stabiles Grundgerüst. Doch das Molekül kann mehr: Es wirkt als Signalgeber, aktiviert Osteoblasten, die Knochen bilden, und hemmt Osteoklasten, die Knochen abbauen. Damit sorgt es für ein gesundes Gleichgewicht.
Energie für die Zellen
Die Forschenden kombinierten Citrat zusätzlich mit Magnesium und Glutamin. Magnesium ist ein wichtiger Mineralstoff, Glutamin eine Aminosäure – beide sind natürlicherweise im Körper vorhanden.
„Durch die Integration von Magnesium und Glutamin – zwei kleinen Molekülen, die im Körper und in Lebensmitteln vorkommen – mit Zitronensäure haben wir festgestellt, dass die Moleküle zusammenwirken, um das Knochenwachstum zu fördern, indem sie den intrazellulären Energiestoffwechsel anregen“, erklärt Hui Xu, Erstautor der Studie.
Vereinfacht gesagt: Die Kombination liefert Knochenzellen zusätzliche Energie – die Grundlage, um neue Knochensubstanz aufzubauen.
Zwei Signalwege gleichzeitig
In den Zellen gibt es Kontrollsysteme, die bestimmen, wie Energie genutzt wird. Zwei zentrale Signalwege heißen AMPK und mTORC1. Normalerweise wirken sie wie eine Wippe: Wird der eine beschleunigt, bremst der andere.
„Die Moleküle regulieren gleichzeitig beide Energiepfade, was sonst nicht vorkommt“, sagt Xu. „Das Gerüst versorgt Knochenzellen mit Energie: Beide Nährstoffe wirken synergistisch mit der Zitronensäure, sodass Stammzellen mehr Energie für Wachstum und Differenzierung zu Knochenzellen erhalten. Das führt zu verbessertem Knochenwachstum.“
Das Implantat ist also nicht nur ein Gerüst, sondern auch ein Energiespender.
Tierversuche mit deutlichen Ergebnissen
Getestet wurde CitraBoneQMg an Ratten. Den Tieren wurde ein kleiner Defekt im Schädelknochen gesetzt. Anschließend erhielten sie unterschiedliche Implantate: eines nur mit Citrat, eines mit herkömmlichem Knochenmaterial und eines mit der neuen Kombination aus Citrat, Magnesium und Glutamin.
Das Ergebnis nach zwölf Wochen: Das neue Implantat beschleunigte das Knochenwachstum um 56 % im Vergleich zum Citrat-Gerüst und sogar um 185 % im Vergleich zu traditionellem Knochenmaterial.
Mehr als nur Knochen
Das Implantat wirkte noch in anderer Hinsicht. „Neben dem schnellen Knochenwachstum beobachteten wir auch Nervenregeneration und entzündungshemmende Eigenschaften an der Stelle des Gerüsts – zwei Faktoren, die für die langfristige Heilung wichtig sind“, sagt Su Yan, Assistenzprofessorin für Biomedizintechnik.
Dass auch Nerven mitheilen, könnte für Patientinnen und Patienten mit schweren Verletzungen entscheidend sein. Entzündungshemmende Effekte erleichtern zudem den Heilungsverlauf.
Ein weiterer Vorteil: Das Implantat gibt die Nährstoffe direkt an der Bruchstelle ab. Bei Tabletten oder Infusionen erreicht nur ein Bruchteil die Verletzung, hier dagegen ist die Konzentration hoch und wirkt genau dort, wo sie gebraucht wird.
Sichtbar im Körper
Das Material hat noch eine besondere Eigenschaft: Es besitzt photoakustische Merkmale. Ärzt*innen können es nach der Implantation per Ultraschall sichtbar machen.
„Mit seinen photoakustischen Eigenschaften hat CitraBoneQMg großes Potenzial für die In-vivo-Verfolgung. Es kann mit Ultraschall auch unter tiefem Gewebe erkannt werden“, so Xu.
Damit ließe sich die Heilung in Echtzeit beobachten – schonend und ohne zusätzliche Belastung für den Körper.
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