Medizintechnik 06.05.2025, 13:30 Uhr

Aachener Ingenieurpreis 2025 für den Erfinder der kleinsten Herzpumpe der Welt

Der diesjährige Aachener Ingenieurpreis geht an Thorsten Sieß. Der CTO von Abiomed hat mit einer winzigen Herzpumpe lebenswichtige Technik entwickelt.

Er hat eine winzige Herzpumpe entwickelt, ein Unternehmen gegründet - und erhält nun dafür den Aachener Ingenieurpreis: Thorsten Sieß, CTO von Abiomed in Aachen. Foto: Heike Lachmann

Er hat eine winzige Herzpumpe entwickelt, ein Unternehmen gegründet - und erhält nun dafür den Aachener Ingenieurpreis: Thorsten Sieß, CTO von Abiomed in Aachen.

Foto: Heike Lachmann

Bei einem Herzinfarkt zählt jede Minute. Denn wenn ein Herzgefäß verstopft, vernarbt das dahinterliegende Gewebe. Und dann kann sich der Herzmuskel dort nie wieder kontrahieren. Wird das Herz nicht unterstützt, kann man daran sterben. Solch eine Unterstützung bietet eine Herzpumpe, wie sie Thorsten Sieß entwickelt hat. Für seine Arbeit wird er mit dem Aachener Ingenieurpreis 2025 ausgezeichnet.

„Es ist die kleinste Herzpumpe der Welt, die wir hier fertigen“, erzählt Sieß. Heute ist er CTO beim Medizintechnikhersteller Abiomed in Aachen, der seit 2022 zum Konzern Johnson & Johnson gehört. Dort werden die lebenswichtigen Pumpen erforscht, entwickelt und auch gebaut. Doch angefangen hatte alles mit der Impella Cardiotechnik GmbH.

Aachener Ingenieurpreis 2025: Thorsten Sieß entwickelte die kleinste Herzpumpe der Welt und gründete die Impella Cardiotechnik GmbH

1992 legte der Maschinenbauingenieur der RWTH Aachen nebenan am Aachener Helmholtz-Institut für Biomedizinische Technik den Grundstein für das Unternehmen. Noch als Student hatte er an einem internen Motor für eine minimalinvasiv nutzbare Blutpumpe geforscht – ein Projekt, das den damaligen Stand der Technik in den Schatten stellte. Dabei herausgekommen ist die Herzpumpe Impella, benannt nach dem innen liegenden Propeller, der den lebenswichtigen Saft durch den Körper befördern soll. Mit diesem Produkt also machte sich Sieß 1997 selbstständig. Bereits zwei Jahre später erhielt eine Frau im belgischen Leuven die erste Herzpumpe aus Aachen.

„Die Patientenschicksale gehen einem besonders nahe“, gesteht Sieß. Beispielsweise eine junge Frau mit einer eigentlich ganz normalen Erkältung. Doch plötzlich verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand dramatisch. Die Mutter einer kleinen Tochter hatte sich eine Herzmuskelentzündung eingefangen. Ohne technische Unterstützung hätte sie wahrscheinlich nicht überlebt. Am Herzzentrum Berlin kam bei ihr eine solche Pumpe von Abiomed zum Einsatz, die so lange das Blut durch den Körper transportierte, bis sich ihr Herz, mit Antibiotika und anderen Medikamenten behandelt, allmählich wieder erholt hatte. „Sie ist dem Tod noch mal von der Schippe gesprungen“, bringt es Sieß auf den Punkt.

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Die nächste Generation von Herzpumpen könnte zusammenklappbar sein

Nun arbeitet sein Forschungsteam an den Pumpen der Zukunft, an einer zusammenklappbaren Version, die sich erst im Körper zu ihrer wahren Größe ausbreitet. „Wir wollen mit neuen Technologien noch kleiner und noch besser verträglich werden“, sagt Sieß. Dafür ist sein Labor mit Hightech vom Feinsten ausgestattet: Highspeedkameras kontrollieren den Rotorlauf, im 3D-Drucker entstehen Prototypen mit völlig neuen Geometrien, per CT-Scan erfolgt die Suche nach Fehlstellen im Bauteil. Erprobt wird jede Neuentwicklung, wo nötig, im Tierversuch. Im hauseigenen Blutlabor zirkuliert zudem Schweineblut bis zu sechs Stunden lang durch die Pumpen, bevor es unterm Mikroskop auf veränderte oder geschädigte Blutplättchen untersucht wird. Auch das gehört zur Qualitätssicherung, für die im Hause ein hoher Aufwand betrieben wird.

In 1100 medizinischen Zentren rund um den Globus ist die Impella-Herzpumpe heute erhältlich. Sie wird bei Patientinnen und Patienten nach einem Herzinfarkt eingesetzt, um den unterbrochenen Blutfluss zu regulieren und den Druck aus dem System zu nehmen. „Wie bei einem Staudamm, der plötzlich geöffnet wird, sollte das Auflösen des Pfropfs im Herzkranzgefäß behutsam erfolgen“, warnt Thorsten Sieß. Sonst würde das gestaute und mit toxischen Abbauprodukten angereicherte Blut selbst das Herzgewebe schädigen. Mittlerweile wurde die Impella-Herzpumpe weltweit rund 350.000-mal erfolgreich eingesetzt, damit sich Erkrankte nach Infarkten mit kardiologischem Schock erholen können.

Aachener Ingenieurpreis 2025 für unermüdlichen unternehmerischen und ingenieurwissenschaftlichen Einsatz

Thorsten Sieß stehe für einen unermüdlichen unternehmerischen und ingenieurwissenschaftlichen Einsatz, mit dem er seine Idee – Pumpe und Motor gemeinsam in einem Herzkatheter unterzubringen – umgesetzt habe, sagt Ulrich Rüdiger, Rektor der RWTH Aachen. „Mit seinem Einsatz hat er eindeutig einen maßgeblichen Beitrag zur positiven Wahrnehmung und Weiterentwicklung des Ingenieurwesens geleistet“, erklärt er die Entscheidung, dem Erfinder der kleinsten Herzpumpe der Welt den Aachener Ingenieurpreis zu verleihen. Am 6. September erhält der Gründer die Auszeichnung im Aachener Rathaus.

Ein Beitrag von:

  • Bettina Reckter

    Bettina-Reckter

    Redakteurin VDI nachrichten
    Fachthemen: Forschung, Biotechnologie, Chemie/Verfahrenstechnik, Lebensmitteltechnologie, Medizintechnik, Umwelt, Reportagen

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