Bußgeld droht 24.09.2025, 12:30 Uhr

Mit künstlicher Intelligenz gegen Müllsünder in der Biotonne

Künstliche Intelligenz hilft in Reutlingen, den Biomüll frei von Restmüll zu halten. Die Stadt hat bereits erste Bußgelder verhängt.

Biotonne

In die Biotonne gehört Biomüll - in Reutlingen überprüfen das direkt vor Ort moderne Technik und KI. Wer sich nicht dranhält, dem drohen roten Karten und ein Bußgeld.

Foto: PantherMedia / Heinz-Jürgen Landshoeft

Seit Mai 2025 gelten in Deutschland neue Regeln für die Entsorgung von Bioabfällen. Der Anteil an sogenannten Störstoffen wie Plastik, Holz oder Metall im Biomüll darf nur noch maximal 3 % betragen. Wird dieser Wert überschritten, kann die Abfuhr die Biotonne stehen lassen. Die Stadt Reutlingen hat sich auf die neuen Vorschriften vorbereitet – mithilfe von künstlicher Intelligenz.

Kameras überwachen den Müll

Seit einigen Monaten fahren in Reutlingen Müllfahrzeuge mit integrierten Kameras und Sensoren durch die Straßen. Die Technik kommt sowohl außen als auch innen zum Einsatz. Ziel ist es, bereits beim Einsammeln zu erkennen, ob sich unerwünschte Stoffe in der Biotonne befinden. Entwickelt wurden die Systeme im Rahmen eines Projekts der Technischen Betriebsdienste Reutlingen (TBR).

„Also alles, was nicht zu Bio gehört, das erkennt die KI und macht davon auch Fotos“, erklärt TBR-Mitarbeiter Kai Petruv. Dazu zählen neben Plastik auch Holzreste oder Verpackungen. Die Aufnahmen werden analysiert und die betroffenen Haushalte erhalten entsprechende Hinweise.

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Ampelsystem mit roten, gelben und grünen Karten

Wer seine Biotonne korrekt befüllt, bekommt einen grünen Aufhänger an der Tonne. So wissen Bürgerinnen und Bürger, dass alles richtig entsorgt wurde. Gibt es Verbesserungspotenzial, wird ein gelber Hinweis angebracht. Noch werden alle Tonnen trotz Fehlwürfen geleert – doch das soll sich bald ändern.

Wer Plastik oder andere Fremdstoffe in die Biotonne wirft, riskiert dann, dass die Müllabfuhr den Behälter nicht mehr leert. Ein roter Hinweis am Tonnenrand signalisiert: Hier ist Handarbeit gefragt. Der Haushalt muss den Inhalt selbst nachsortieren oder eine kostenpflichtige Sonderleerung beauftragen. Diese liegt je nach Tonnengröße zwischen 65 und 84 Euro. Etwa 50 Biotonnen aus Mehrfamilienhäusern und Wohnanlagen sind von der Sonderleerung betroffen.

Stadt hat Bußgelder verhängt

Fällt der Fehlwurf erst während des Schüttvorgangs auf, wird die Tonne zwar geleert, jedoch ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet. In solchen Fällen droht ein Bußgeld. Nach Angaben der Stadt haben rund 120 Personen einen Bußgeldbescheid über jeweils 105 Euro erhalten – eine Handvoll von ihnen zieht dagegen vor Gericht. 

Warum ist saubere Biomülltrennung so wichtig?

Bioabfälle machen in Reutlingen fast 20 % des gesamten Hausmülls aus. Im Schnitt produziert jede Person rund 80 kg Bioabfall im Jahr. Diese Abfälle haben Potenzial: Aus ihnen lässt sich Kompost für die Landwirtschaft oder Biogas zur Energiegewinnung herstellen. Das spart Kunstdünger und fossile Energie. Doch nur, wenn der Biomüll sauber ist.

Fremdstoffe wie Kunststoff stören diesen Kreislauf erheblich. Vor allem Plastiktüten – auch biologisch abbaubare – zersetzen sich nur langsam und unvollständig. Oft bleiben Rückstände im Kompost zurück. Wird dieser auf Feldern ausgebracht, gelangt Mikroplastik direkt in die Umwelt – und am Ende auch in unsere Nahrung.

Neue Bioabfallverordnung bringt strengere Regeln

Die Bioabfallverordnung regelt, wie organische Abfälle verwertet werden dürfen. Neben Vorgaben zur Verarbeitung legt sie auch Grenzwerte für Fremdstoffe fest. Die jüngste Novelle der Verordnung hat diese Anforderungen verschärft. Bei mehr als 3 % Störstoffen kann die Entsorgungsanlage die Annahme verweigern oder Zusatzkosten verlangen.

Falsch entsorgte Materialien müssen aufwendig entfernt werden. Doch die Technik stößt an ihre Grenzen: Besonders zerkleinerter Kunststoff lässt sich kaum vollständig aussieben. Eine funktionierende Mülltrennung beginnt daher zu Hause – und genau hier setzt die KI in Reutlingen an.

Auch andere Städte in Baden-Württemberg wie Pforzheim testen bereits ähnliche Systeme. Der Druck wächst, denn ab Mai gelten die neuen Regelungen bundesweit. Wer also bislang Bioabfälle sorglos entsorgt hat, sollte spätestens jetzt umdenken.

Was darf in die Biotonne – und was nicht?

Bioabfälle sind wertvolle Rohstoffe. Doch damit aus Küchenresten und Gartenabfällen wirklich Kompost oder Biogas entstehen kann, muss der Inhalt der Biotonne sauber bleiben. Viele Fehlwürfe passieren aus Unwissenheit – deshalb lohnt sich ein genauer Blick auf das, was hineingehört und was draußen bleiben muss.

In die Biotonne gehören zum Beispiel:

  • Essensreste (auch gekochte Speisen)
  • Obst- und Gemüseschalen
  • Kaffeefilter und Teebeutel
  • Eierschalen
  • verdorbene Lebensmittel (ohne Verpackung)
  • Gartenabfälle wie Laub, Gras, Zweige und Pflanzenteile

All das sind organische Materialien, die sich gut kompostieren lassen und Nährstoffe für die Landwirtschaft liefern. Auch die Erzeugung von Biogas in speziellen Anlagen ist möglich, wenn der Bioabfall entsprechend aufbereitet ist.

Nicht in die Biotonne gehören dagegen:

  • Plastik jeder Art – auch kompostierbare Plastiktüten
  • Glas und Metall
  • Windeln und Hygieneartikel
  • Asche, Zigarettenstummel oder Staubsaugerbeutel
  • Textilien
  • beschichtetes Papier, z. B. Pizzakartons mit Fettflecken
  • Katzenstreu oder Tierkot

Besonders tückisch sind sogenannte biologisch abbaubare Plastiktüten. Diese werden zwar oft als kompostierbar beworben, zersetzen sich jedoch in der Praxis zu langsam. In industriellen Anlagen bleibt meist ein Kunststoffrest zurück, der sich nicht vollständig abbauen lässt. Daher raten Fachleute: Bioabfälle am besten in Zeitungspapier einwickeln oder spezielle Papiertüten verwenden.

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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