Rahmenvertrag steht 26.11.2025, 10:31 Uhr

Wasserstoff-Import: Uniper und Thyssenkrupp planen sechs Ammoniak-Cracker

Uniper und Thyssenkrupp Uhde planen die Infrastruktur für Wasserstoffimporte nach Europa. Ein neuer Rahmenvertrag sichert Lizenzen für bis zu sechs Großanlagen mit einer Gesamtkapazität von 7.200 t Ammoniak pro Tag.

So könnte ein kommerzieller Ammoniak-Cracker aussehen: Rendering einer Großanlage von Uniper und Thyssenkrupp Uhde. Foto: Uniper SE

So könnte ein kommerzieller Ammoniak-Cracker aussehen: Rendering einer Großanlage von Uniper und Thyssenkrupp Uhde.

Foto: Uniper SE

Ohne Ammoniak-Cracker kein Wasserstoffimport im großen Stil– das gilt in der Branche als Konsens. Doch bislang existieren sie fast nur im Pilotmaßstab. Das könnte sich nun ändern: Uniper und Thyssenkrupp Uhde haben einen Rahmenvertrag über bis zu sechs kommerzielle Großanlagen geschlossen.

Was Uniper und Thyssenkrupp planen

Die Vereinbarung umfasst Lizenzen für bis zu sechs kommerzielle Cracker-Anlagen, meldeten die Unternehmen am Mittwoch (26. November). Dazu zählen auch die Engineering- und Serviceleistungen sowie die Lieferung von Hauptausrüstungen und Katalysatoren. Insgesamt könnten die Anlagen bis zu 7.200 t Ammoniak pro Tag umsetzen. Zum Vergleich: Unipers Demonstrationsanlage für das Ammoniak-Cracking in Gelsenkirchen ist auf 28 t täglich ausgelegt.

Erster Einsatzort der Cracker soll das geplante Wasserstoff-Importterminal in der Nähe des LNG-Terminals von Uniper in Wilhelmshaven werden. Der Düsseldorfer Konzern treibt dort aktuell eine Pre-FEED-Studie voran. Die eigentliche Planungsphase (FEED) soll Ende 2026 starten.

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„Um den künftigen Wasserstoffbedarf zu decken, reicht die heimische Produktion allein nicht aus“, betonte Holger Kreetz, COO von Uniper. „Wir werden auf Importe von Wasserstoffderivaten angewiesen sein.“ Ammoniak-Cracker seien daher ein Schlüssel für die internationale Wasserstofflogistik – die Zusammenarbeit mit Uhde schaffe „die wesentlichen Voraussetzungen für die Infrastruktur, die Europa für seine Energiezukunft braucht.“

Das schwimmende LNG-Terminal in Wilhelmshaven: Links die ‚Höegh Esperanza‘ (FSRU), rechts ein Tanker bei der Anlieferung. In unmittelbarer Nähe plant Uniper sein Wasserstoff-Importterminal. Foto: picture alliance / Hauke-Christian Dittrich

Das schwimmende LNG-Terminal in Wilhelmshaven: Links die ‚Höegh Esperanza‘ (FSRU), rechts ein Tanker bei der Anlieferung. In unmittelbarer Nähe plant Uniper sein Wasserstoff-Importterminal.

Foto: picture alliance / Hauke-Christian Dittrich

Warum Ammoniak-Cracker für den Wasserstoff-Import?

Deutschland wird einen großen Teil seines Wasserstoffbedarfs importieren müssen. Schätzungen gehen von bis zu 80 % aus. Der direkte Transport des Moleküls ist jedoch teuer und technisch anspruchsvoll. Als Alternative gilt Ammoniak (NH₃): Es lässt sich leichter verflüssigen, besitzt eine hohe Energiedichte und nutzt eine bestehende Infrastruktur: Rund 20 Mio. t werden jährlich weltweit verschifft.

Die Idee: Wasserstoff wird dort produziert, wo grüne Energie günstig ist, zu Ammoniak umgewandelt und per Schiff transportiert. Am Zielort spalten Cracker die Chemikalie wieder in Wasserstoff und Stickstoff.

Wie Uniper sich auf Ammoniak-Cracker vorbereitet

Unipers Sprungbrett in die Cracker-Technologie bildet eine Demonstrationsanlage an seinem Standort Gelsenkirchen-Scholven, einem ehemaligen Kohlekraftwerk. Die Bauarbeiten begannen hier im April 2025, Ende 2026 soll der Regelbetrieb starten. Mit einer Tageskapazität von 28 t Ammoniak – das entspricht etwa 4 t Wasserstoff – wäre er Deutschlands größter Cracker und eine der größten Anlagen, die bislang weltweit in den Bau gegangen sind.

Das Projekt wird vom NRW-Wirtschaftsministerium gefördert. „Mithilfe der Ammoniak-Cracking-Technologie erschließen wir uns die Möglichkeit, grüne Energie aus zahlreichen Regionen dieser Welt zu beziehen“, erklärte Ministerin Mona Neubaur anlässlich des Baustarts.

So funktioniert das Cracking

Beim Ammoniak-Cracking wird das NH₃-Molekül bei rund 600 °C katalytisch in Wasserstoff und Stickstoff zerlegt. Der Prozess ist endotherm, benötigt also zusätzliche Energie. Thyssenkrupp Uhde setzt dabei auf ein selbsterhaltendes Verfahren: 15 bis 20 % des zugeführten Ammoniaks werden verbrannt, um die Prozesswärme für die Spaltung des restlichen Ammoniaks zu erzeugen.

Fossile Brennstoffe sind daher nicht erforderlich – das Cracking verläuft CO2-frei. Allerdings bilden sich Stickoxide, die laut Uhde aber mit dem firmeneigenen EnviNOx-Verfahren zu über 99,9 % gereinigt werden können. Rund 80 % des Wasserstoffs lassen sich laut Uhde durch das Cracking zurückgewinnen. Die Umsatzquote liegt bei etwa 99 %, der verbleibende Ammoniakrest wird in die Verbrennung zurückgeführt.

„Die gesamte Kette von der Stromherstellung bis zum Wasserstoffprodukt erreicht einen Wirkungsgrad von 50 bis 60 % „, erklärte Ralph Kleinschmidt, Head of Technology bei Thyssenkrupp Uhde, gegenüber dem Fachportal H2News. Ab einer Transportdistanz von 3.000 bis 5.000 km sei die Ammoniak-Route mit dem Wasserstofftransport via Pipeline in puncto Kosten und Effizienz gleichauf.

Ammoniak-Markt vor dem Boom

Die Thyssenkrupp-Tochter baut seit den 1950er Jahren Anlagen für die Produktion von „grünem“ Ammoniak, etwa am ägyptischen Assuan-Staudamm. Weltweit hat der Dortmunder Anlagenbauer nach eigenen Angaben schon über 130 Ammoniakanlagen errichtet.

Der Markt steht vor einem massiven Wachstum: Eine Studie des Wuppertal-Instituts vom Dezember 2024 prognostizierte bis 2050 eine Verdrei- bis Vervierfachung der globalen Ammoniakproduktion auf bis zu 688 Mio t. Ein Grund dafür ist seine neue Rolle als Energieträger. Dieses Potenzial wollen Uniper und Uhde offenbar möglichst früh ausschöpfen.

Ein Beitrag von:

  • Magnus Schwarz

    Magnus Schwarz schreibt zu den Themen Wasserstoff, Energie und Industrie. Nach dem Studium in Aachen absolvierte er ein Volontariat und war mehrere Jahre als Fachredakteur in der Energiebranche tätig. Seit Oktober 2025 ist er beim VDI Verlag.

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