Rekordwirkungsgrad: Grüner Wasserstoff aus Raffinerie-Abwärme
Grüner Wasserstoff direkt aus Raffinerie-Abwärme: Sunfire erreicht 84 % Wirkungsgrad und beweist die Praxistauglichkeit der Hochtemperatur-Elektrolyse.
Technik aus Dresden: Sunfire hat in Rotterdam den größten Hochtemperatur-Elektrolyseur der Welt in Betrieb genommen.
Foto: Sunfire SE
Die Neste-Raffinerie Rotterdam hat einen 2,6-MW-Elektrolyseur mit Hochtemperaturtechnologie in Betrieb genommen – laut Hersteller Sunfire die weltweit größte Anlage dieser Art. Der Elektrolyseur soll mit seinen zwölf Modulen mehr als 60 kg grünen Wasserstoff pro Stunde erzeugen. Ebenso rekordverdächtig: Der Wirkungsgrad von bis zu 84 %.
Integration in bestehende Raffinerie
Die Anlage ist nun fester Bestandteil der Prozesse der Neste-Raffinerie in Rotterdam, meldete das Projekt-Konsortium aus Neste, Sunfire, CEA und Engie. Als Teil des 2020 gestarteten Projekts MultiPLHY soll sie zeigen, dass grüner Wasserstoff eine praktikable Alternative zu fossilem Wasserstoff in der Raffinerieindustrie darstellt.
Der deutsche Elektrolysehersteller Sunfire mit Sitz in Dresden lieferte den Hochtemperatur-Elektrolyseur, während die SMS Group die Wasserstoffaufbereitungseinheit (HPU) beisteuerte. Der niederländische Neste-Konzern übernahm die Integration in die Raffinerie und betreibt die Anlage nun im Schulterschluss mit Sunfire. Für die Projektkoordination war das französische Forschungsinstitut CEA zuständig, während Engie es in der Folge techno-ökonomisch evaluieren will.
Mit Abwärme zum grünen Wasserstoff
Der Hochtemperatur- oder „Festoxid“-Elektrolyseur (Solid Oxide Electrolysis Cell, SOEC) besitzt zwölf Module. Gemeinsam erreichen sie eine Leistung von 2,6 MW. Pro Stunde sollen so mehr als 60 kg an grünem Wasserstoff produziert werden, der direkt in den Raffinerieprozessen von Neste eingesetzt wird und dabei fossilen Wasserstoff ersetzt.
Das Besondere: Die Technologie arbeitet bei einer Prozesstemperatur von 850 °C. Um sie zu erreichen, nutzt der Elektrolyseur Abwärme, die bei den industriellen Prozessen in der Raffinerie ohnehin anfällt. Dadurch benötigt er deutlich weniger elektrische Energie als konventionelle Systeme, die auf einer niedrigeren Temperaturbasis arbeiten.
Das Ergebnis ist ein sehr hoher Wirkungsgrad: Bis zu 84 % erreicht die Sunfire-Anlage laut Hersteller. Zum Vergleich: Alkalische und PEM-Systeme liegen in der Regel bei 60 % bis 80 %. Für die dritte Generation ihrer SOEC-Elektrolyseure erwarten die Dresdner sogar einen Wirkungsgrad von bis zu 89 %.
Testphase soll Leistungsdaten validieren
Im nächsten Schritt steht ein umfangreiches Testprogramm an, das die Leistung der Technologie im Dauerbetrieb validieren soll. Sunfire-CEO Nils Aldag gab sich in einer Pressemitteilung selbstbewusst: „Dank ihrer einzigartigen Effizienz werden unsere SOEC-Hochtemperatur-Elektrolyseure in vielen Anwendungen mit verfügbarer Abwärme die bevorzugte Lösung sein.“
2022 konnte Sunfire den Wirkungsgrad seiner SOEC-Elektrolyse im EU-finanzierten Projekt GrInHy2.0 nachweisen. Darin kam eine erste Produktgeneration der SOEC-Elektrolyse zum Einsatz – allerdings nicht in einer Raffinerie, sondern beim niedersächsischen Stahlkonzern Salzgitter. Die Ergebnisse von GrInHy2.0 kommen den Projektpartnern jetzt bei MultiPLHY zugute.
„Das MultiPLHY-Projekt hat Neste wertvolle Erfahrungen und Erkenntnisse in der industriellen Produktion von grünem Wasserstoff geliefert“, kommentierte Jukka Kanerva, Senior Vice President Renewable Refining bei Neste. Der Elektrolyseur sei dabei eine von mehreren Alternativen, die das Unternehmen derzeit prüfe, um fossilen Wasserstoff in den eigenen Betrieben zu ersetzen.
Förderung mit EU-Mitteln
Auch Pierre Olivier, Head of Hydrogen Lab beim französischen Energieversorger Engie, verspricht sich viel von der neuartigen Hochtemperatur-Elektrolyse: „Die Technologie hat das Potenzial, grünen Wasserstoff erschwinglicher zu machen – und gleichzeitig die globale Energieeffizienz verschiedener industrieller Prozesse zu steigern.“
Das Vorhaben profitiert von Mitteln der 2022 gestarteten Clean Hydrogen Partnership (ehemals Fuel Cells and Hydrogen 2 Joint Undertaking). Die öffentlich-private Partnerschaft setzt sich aus der EU-Kommission, Hydrogen Europe und dem Institut Hydrogen Europe Research zusammen.
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