Die IFA erfindet sich neu
Die IFA als Internationale Funkausstellung ist passé. Was 1971 so getauft wurde, kommt heute als Innovations- und Unterhaltungsmesse neuen Stils daher. Als „Innovation for all“ wird das alte Kürzel seit einem Jahr neu interpretiert.
Berlin steht ab dem 5. September ganz im Zeichen der IFA. Das Kürzel steht jetzt für „Innovation for all“. Die Messeleitung spricht von nahezu 1900 Ausstellern und erwartet über 200.000 Besucher.
Foto: Tony Haupt/IFA Management GmbH
Wenn vom 5. bis zum 9. September die Tore zu den Messehallen unter dem Berliner Funkturm zur IFA 2025 öffnen, dürften sich viele Besucherinnen und Besucher die Augen reiben, wird doch keine klassische Funk-, sondern eine zukunftsorientierte Innovationsschau betreten. Für Leif Lindner, CEO der IFA Management GmbH, ist die neue IFA „ein Gesamterlebnis“, zu dem Technik, Kultur und Natur verschmelzen.
So heißt denn das Motto der diesjährigen Superschau: „Imagine the Future“. Und das soll für Offenheit, Mut, Zusammenarbeit und letztendlich auch echte Erlebnisse in einer digitalen Welt stehen. Das dürfte zudem wörtlich zu nehmen sein, denn die IFA verstehe sich als globale Plattform. Das habe übrigens im vergangenen Jahr schon gut funktioniert, erklärte Lindner während der Auftaktpressekonferenz im Berliner EUREF Campus. So seien bereits da „über 65 % der 215.000 Besucher nicht aus Deutschland, sondern aus 138 weiteren Ländern“ gekommen.
Künstliche Intelligenz als IFA-Hauptthema
IFA-Management und Aussteller setzen einmal mehr auf Künstliche Intelligenz (KI) als Hauptthema. „Im Prinzip ist KI in diesem Jahr das unsichtbare Betriebssystem der IFA, und wird dort überall erlebbar sein“, ist der IFA-Chef zuversichtlich. So sind auch Miele und Tuya ausstellungsmäßig als KI-Protagonisten dabei, während Microsoft, Nvidia und AMD sich nur in Panels beteiligen.
„Wir reden über Themen, die morgen passieren, und wenn man sich dafür interessiert, dann muss man auf die IFA kommen“, so Lindners Statement. Auch die Verbindung von KI und Robotics dürfte neue Zielgruppen erschließen. Aussteller wie Alpha-, Neura- und Unitree-Robotics oder Realbotix zeigen Zukunftsperspektiven, weisen Wege zur „Vermenschlichung“ mit Interaktionen, die menschlichen Fähig- und Möglichkeiten schon sehr nahekommen. Und die sich perspektivisch auch anfühlen sollen wie Menschen.
Nachhaltigkeit – weiteres Leitthema der IFA
„Kaum eine Firma, die in ihren Präsentationen das Thema Nachhaltigkeit nicht in irgendeiner Art und Weise fokussiert“, ist Lindner vor Messebeginn sicher. Und nicht etwa, weil es ein Trend, sondern Teil eines neuen Systemdenkens sei. Stichworte sind da Kreislaufwirtschaft, Carbon Intelligence und Klimaschutz, mitgetragen von der NGO Cradle to Cradle, von Wiege zu Wiege.
1900 Aussteller – zehn Bereiche
In zehn Bereichen spielt auf der IFA die technische Zukunft. Das sind Home & Entertainment, Home Appliances, Smart Home, Communication & Connectivity, Audio, Computing & Gaming, Photo, Video & Content Creation, Fitness & Digital Health, Mobility und IFA Next.
Den Überblick zu bekommen dürfte schwierig werden. Wer jeden der nahezu 1900 Aussteller besuchen möchte, muss sich sputen – nur 72 Sekunden bleiben dann für jeden Stand, ohne Wege- und Pausenzeiten. Auch gibt es Stände, die nur Fachbesuchern offenstehen, wie zum Beispiel Sony.
Dabei hat das Unternehmen etwas Besonderes zu bieten, nämlich eine neue Displaytechnik, die Rot-Grün-Blau-LEDs zur Hintergrundbeleuchtung der bilderzeugenden Flüssigkristalle nutzt. Allerdings ist diese Technik vor allem in ganz großen Displays mit ca. 2,50 m Diagonale sinnvoll. Dann soll die Qualität sogar der Qualität „bestehender OLED-Panels überlegen“ sein.
Es gibt sie also noch, die klassische Unterhaltungselektronik. Auch wenn schon viele mit Stolz erzählen, keinen Fernseher mehr zu haben – geschweige denn zu nutzen. Dennoch sind die Absatzzahlen für Fernseher im ersten Halbjahr 2025 gegenüber Vorjahr mit 1,64 Mio. ganz leicht um 0,1 % gestiegen. Der Umsatz jedoch ist um 6,8 % zurückgegangen, was an den Preiskämpfen im Markt liegen dürfte.
Mit der IFA läutet der Handel auch das Weihnachtsgeschäft ein – und das bringt meistens ein Umsatzplus. Die IFA-Besucher werden jedenfalls spannende Innovationen auch im TV-Bereich sehen, selbst wenn die Zeit der großen Fernsehwände vorbei sein dürfte. So hilft KI das Fernsehbild besser, die Sprache verständlicher zu machen.
35 Prozent der IFA-Aussteller sind neu
Bei Messen geht es nicht ohne gewisse Ausstellerfluktuationen, man könnte auch von messemäßigen Diskontinuitäten sprechen. „Die IFA hat mit 65 % eine überdurchschnittliche Quote an rückkehrenden Unternehmen“, so Sara Warneke, Geschäftsführerin der GFU Consumer & Home Electronics zu VDI nachrichten. „Von der Medienwirksamkeit ist es ein Mega-Fehler, nicht hier zu sein“, ist die Chefin der Gesellschaft, der die Marke IFA gehört, überzeugt.
Podcaster und Influencer
Neben Podcastern tummeln sich auch beliebig viele Influencer auf der Messe. Für sie gibt es mit dem Creator Hub im Palais am Funkturm einen eigenen Bereich. Während große Firmen wie Bosch, Miele, Liebherr, Samsung und LG wichtige Influencer an sich gebunden haben, geht die IFA jetzt ähnliche Wege und hat fünf Botschafter bestellt. Daneben gibt es für Micro- oder Nano-Influencer weitere Gestaltungsmöglichkeiten im sogenannten Influencer Club.
Spiele wieder wichtiger
Unter dem Slogan „Find your next Tech“ gibt es zusammen mit Webedia in der Computing & Gaming Show Area in Halle 5.2a ein Bühnenprogramm, wo Panel Talks, Produktpräsentationen, Produkt-Reviews, Gewinnspiele stattfinden – und zusätzlich live gestreamt werden.
Im Beauty Hub zeigen sechs Unternehmen „Produkte, die das Wohlbefinden verbessern, sich um das Aussehen kümmern“, so der IFA-Chef. Von KI-gesteuerten Haar-, Haut- und Zahnpflegeprodukten bis zu Womanizern – das meiste dürfte sich öffentlich ausprobieren lassen, anderes bleibt Theorie.
Zurück zur Praxis. Im Mobility Track laden verschiedene Mikromobilitätsprodukte wie E-Scooter und andere Gefährte auf einem gesichteten Parcours zum Test.
Wer sich viel draußen bewegt, möchte dort auch kochen und essen. So haben es die Themen Outdoor Cooking nebst Gardening auch auf die IFA-Agenda geschafft und sich ein recht ansehnliches Plätzchen im Berliner Sommergarten erobert, unterstützt durch Marken wie Miele, Ecoflow, Mammotion, Terramow, Yarbo, Airseeker & Anthobot. Zu hoffen, dass permanent arbeitende Mähroboter auch ein Herz für Wildpflanzen, Insekten und Vögel entwickeln – oder zumindest an die Schönheit wilder Natur erinnern. Wild dürfte es an manchen Abenden auch im Sommergarten werden, wenn aktuelle Bands und Gruppen vor allem junge Besucher in Schwung bringen.
Bei alledem und noch viel mehr wird die IFA ganz gewiss eines nie wieder werden – eine Internationale Funkausstellung, auch wenn dort die Funken noch so fliegen.
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