Entgelttransparenzgesetz: Was hat es gebracht, was ändert sich 2026?
Warum verdienen manche bei gleicher Arbeit weniger? Gehaltstransparenz schafft mehr Klarheit und Fairness – doch wie gut funktioniert das Entgelttransparenzgesetz wirklich?
Entgelttransparenzgesetz: Mehr Durchblick bei Gehältern – gleiche Bezahlung für Frauen und Männer im Fokus.
Foto: PantherMedia / Randolf Berold
Unmut, Frust und fehlende Motivation – das sind häufige Folgen, wenn Menschen für die gleiche Arbeit unterschiedlich bezahlt werden. Viele Beschäftigte kennen das Gefühl, unfair behandelt zu werden, wenn Kolleginnen oder Kollegen bei vergleichbarer Leistung deutlich mehr verdienen. Solche Ungerechtigkeiten können das Betriebsklima belasten und das Vertrauen in den Arbeitgeber erschüttern. Genau hier setzt das Thema Gehaltstransparenz an: Offenheit über Gehälter soll helfen, solche Ungleichheiten sichtbar zu machen und faire Bezahlung für alle zu gewährleisten. Doch wie funktioniert das genau?
Inhaltsverzeichnis
- Was besagt das Entgelttransparenzgesetz (EntTranspG)?
- Entgelttransparenzgesetz 2026: Mehr Klarheit und Fairness bei der Bezahlung
- Warum ist das Gehaltstransparenz wichtig?
- Für wen gilt das Entgelttransparenzgesetz?
- Was sind Vergleichsgruppen im Entgelttransparenzgesetz?
- Was ist der Median im Entgelttransparenzgesetz?
- Tabuthema Gehalt: Jüngere reden mehr
- Entgelttransparenz vor der Beschäftigung
- Welche Kritik gibt es am Entgelttransparenzgesetz?
- Es gibt auch Erfolge
- So denken Beschäftigte über Gehaltstransparenz
- Führungskräfte im Fokus: Gehaltsfragen als Herausforderung
Seit das Gesetz zur Entgelttransparenz am 6. Juli 2017 gestartet ist, sind mittlerweile fast acht Jahre vergangen. Doch wie sieht es eigentlich heute damit aus? Die Bundesregierung legt regelmäßig Berichte vor, um zu prüfen, ob das Gesetz wirklich Wirkung zeigt.
Mit der neuen EU-Richtlinie, die bis Juni 2026 auch in Deutschland umgesetzt werden muss und noch strengere Regeln mitbringt, wird klar: Hier gibt es noch einiges zu verbessern.
Was besagt das Entgelttransparenzgesetz (EntTranspG)?
Das Entgelttransparenzgesetz (EntTranspG) wurde, wie bereits erwähnt, 2017 in Deutschland eingeführt, um mehr Klarheit bei den Gehältern zu schaffen und vor allem Frauen zu helfen, für gleiche Arbeit gleich bezahlt zu werden. Ziel ist es, die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen abzubauen.
Entgelttransparenzgesetz 2026: Mehr Klarheit und Fairness bei der Bezahlung
Ab Juni 2026 wird das Entgelttransparenzgesetz weiterentwickelt und an eine neue EU-Richtlinie angepasst. Auch wenn das aktuelle Gesetz in Deutschland schon viele Anforderungen erfüllt, kommen einige wichtige Änderungen hinzu:
- Mehr Transparenz vor dem Arbeitsbeginn: Arbeitgeber müssen schon im Bewerbungsprozess das Anfangsgehalt oder eine Gehaltsspanne offenlegen.
- Jährliche Informationen: Arbeitgeber müssen ihre Mitarbeitenden einmal im Jahr aktiv darüber informieren, nach welchen Kriterien und Regeln die Gehälter festgelegt werden.
- Gemeinsame Prüfung der Bezahlung: Wenn Ungleichheiten entdeckt werden, sollen Verfahren gestartet werden, um die Gehälter gemeinsam zu bewerten und anzupassen.
- Beweislast beim Arbeitgeber: Bei Verdacht auf Lohndiskriminierung muss der Arbeitgeber künftig beweisen, dass keine Diskriminierung stattgefunden hat.
Warum ist das Gehaltstransparenz wichtig?
Gehaltstransparenz heißt, dass Unternehmen offen zeigen, wie viel sie ihren Mitarbeitenden und Bewerbern zahlen – also zum Beispiel Gehaltsspannen, individuelle Bezahlungen und warum jemand mehr oder weniger bekommt (zum Beispiel wegen Erfahrung oder Leistung). Wenn Gehälter klar sind, schaffen Firmen mehr Vertrauen und können verhindern, dass Frauen und Männer unterschiedlich bezahlt werden.
Ohne diese Offenheit verdienen Frauen in der EU im Durchschnitt weniger als Männer. Deshalb sind Begriffe wie Equal Pay Day und Pay Gap so wichtig: Sie machen das Problem sichtbar, zeigen, wo Ungerechtigkeit besteht, und helfen, den Handlungsbedarf klar zu benennen.
Was ist der Equal Pay Day?
Der Equal Pay Day ist ein Tag, an dem daran erinnert wird, wie lange Frauen im Jahr praktisch „gratis“ arbeiten, weil sie weniger verdienen als Männer. In 12 EU-Ländern wird dieser Tag jedes Jahr gefeiert und zeigt, ab wann Frauen rechnerisch kein Gehalt mehr bekommen – meistens Mitte Oktober.
Was bedeutet Pay Gap?
Der Pay Gap ist der Unterschied im Verdienst zwischen Frauen und Männern. Er zeigt, wie groß die Lohnlücke ist, die es noch zu schließen gilt. Je kleiner der Pay Gap, desto fairer die Bezahlung. Eine Auswertung von mehr als 2,4 Millionen Gehaltsangaben auf kununu zeigt: Der Gender Pay Gap in Deutschland liegt derzeit bei 15 %.
Lesen sie auch: Gender Pay Gap: Weniger Gehaltserhöhungen für Frauen im Vergleich zu Männern
Für wen gilt das Entgelttransparenzgesetz?
Doch zurück zum Entgelttransparenzgesetz. Das Gehaltstransparenzgesetz gilt vor allem für Unternehmen ab einer bestimmten Größe. In Deutschland betrifft das vor allem Betriebe mit mindestens 200 Beschäftigten. In diesen Unternehmen haben Mitarbeitende besondere Rechte auf Informationen über die Gehaltsstrukturen. Je größer das Unternehmen ist, desto umfangreicher sind die Pflichten zur Offenlegung der Entgeltstrukturen.
Wer hat den Auskunftsanspruch?
Beschäftigte in betroffenen Unternehmen haben das Recht, Auskunft über das durchschnittliche Gehalt von Kolleginnen oder Kollegen des anderen Geschlechts zu erhalten, wenn diese eine vergleichbare Tätigkeit ausüben. Das soll helfen, mögliche Ungleichheiten bei der Bezahlung zu erkennen und zu hinterfragen. Der Auskunftsanspruch ermöglicht es Mitarbeitenden, besser zu verstehen, wie ihre Bezahlung zustande kommt.
Pflichten der Arbeitgeber (Berichtspflichten)
Unternehmen ab einer bestimmten Größe müssen regelmäßig über ihre Gehaltsstrukturen berichten. Das heißt, sie sind verpflichtet, Informationen über die Entlohnung innerhalb des Betriebs zusammenzustellen und auf Anfrage zugänglich zu machen. Diese Berichtspflichten dienen dazu, mehr Transparenz zu schaffen und Lohndiskriminierung frühzeitig aufzudecken. So sollen Arbeitgeber aktiv dazu beitragen, gleiche Bezahlung für alle zu gewährleisten.
Was sind Vergleichsgruppen im Entgelttransparenzgesetz?
Wer in einem Unternehmen mit mindestens 200 Beschäftigten arbeitet, hat nach dem Gesetz ein Recht auf Gehaltstransparenz. Dieses Recht gilt aber nur für Personen, die eine vergleichbare Position im gleichen Unternehmen haben. So soll verhindert werden, dass Gehälter von völlig unterschiedlichen Jobs miteinander verglichen werden.
Vergleichbar sind zum Beispiel Kolleginnen und Kollegen, die sich gegenseitig vertreten oder ersetzen könnten. Damit man Auskunft bekommen kann, muss es mindestens sechs Personen in so einer vergleichbaren Gruppe geben, die jeweils dem anderen Geschlecht angehören und ähnliche Arbeit leisten.
Das bedeutet aber auch, dass der Anspruch auf Auskunft manchmal nicht gilt, weil die Gruppe zu klein ist. Besonders in höheren Positionen wird die Vergleichsgruppe oft sehr klein, sodass dort kaum Auskunft verlangt werden kann.
Was ist der Median im Entgelttransparenzgesetz?
Im Entgelttransparenzgesetz wird nicht der Durchschnitt, sondern der Median als Vergleichswert genutzt. Das heißt: Wenn man alle Gehälter einer bestimmten Gruppe sortiert, ist der Median genau der Wert in der Mitte – die Hälfte verdient also mehr, die andere Hälfte weniger. Der Vorteil daran ist, dass der Median nicht durch einzelne besonders hohe oder niedrige Gehälter verfälscht wird und deshalb ein realistisches Bild der Gehaltslage zeigt. Arbeitgeber müssen auf Wunsch den Median des Bruttogehalts der passenden Vergleichsgruppe mitteilen.
Tabuthema Gehalt: Jüngere reden mehr
Jüngere Menschen sprechen viel offener über ihr Gehalt als ältere – zeigen aber weniger Selbstvertrauen beim Verhandeln. Das zeigt eine Studie von Stepstone, für die insgesamt 8600 Personen befragt wurden. Knapp 74 % der unter 30-Jährigen geben an, offen über ihr Gehalt zu sprechen. Bei den über 30-Jährigen ist es dagegen weniger als die Hälfte (48 %).
„Lange Zeit galt: Über Geld spricht man nicht. Das ist gerade bei Jüngeren nicht mehr so“, wird Lena Ludwig, Karriereexpertin bei Stepstone, in einer Pressemitteilung zitiert. „Die GenZ und Millenials sind immer besser darüber informiert, welches Gehalt sie fordern können, da sie sich offener darüber austauschen als ältere Menschen.“
Entgelttransparenz vor der Beschäftigung
Gehaltsangaben in Stellenanzeigen werden auch immer wichtiger – für Arbeitgeber und Bewerbende. Sie helfen Bewerbenden, realistisch einzuschätzen, ob die Stelle zu ihren Gehaltsvorstellungen passt. So vermeiden beide Seiten unnötige Bewerbungen und Gespräche.
Außerdem fördern offene Gehaltsinformationen faire Bezahlung und reduzieren Lohnunterschiede zwischen Geschlechtern. Sie schaffen Vertrauen und zeigen, dass das Unternehmen transparent und gerecht ist.
Eine Umfrage der Königsteiner Gruppe aus dem Jahr 2023 mit 1026 Bewerbenden bestätigt: Die meisten wünschen sich klare Gehaltsangaben auch in Stellenanzeigen. Arbeitgeber sollten daher Gehälter schon bei der Ausschreibung offenlegen.
Welche Kritik gibt es am Entgelttransparenzgesetz?
Seit seiner Einführung 2017 steht das Entgelttransparenzgesetz in der Kritik. Es gilt nur für Unternehmen mit mindestens 200 Beschäftigten und setzt voraus, dass es mindestens sechs vergleichbare Personen des anderen Geschlechts gibt – was vor allem in Führungspositionen selten der Fall ist. Viele Beschäftigte nutzen den Auskunftsanspruch nicht, da das Verfahren als aufwendig gilt oder sie Konflikte fürchten. Auch die Wirkung auf den Gender Pay Gap bleibt gering, da die Auskünfte oft zu allgemein sind und bei Verstößen keine klaren Sanktionen drohen. Arbeitgeber bemängeln zudem den hohen bürokratischen Aufwand.
Auf der Webseite der Hans-Böckler-Stiftung wurde das Entgelttransparenzgesetz sogar als „zahnloser Tiger“ bezeichnet.
Der am 23. August 2023 veröffentlichte zweiter Bericht der Bundesregierung zur Wirksamkeit des Gesetzes zur Förderung der Entgelttransparenz zwischen Frauen und Männern zeigte: Nur 4 % der Befragten haben bisher ihr Recht auf Auskunft über das Gehalt genutzt.
Es gibt auch Erfolge
Interessant in dieser Hinsicht war ein Medienbericht: Die frühere Bürgermeisterin des Schwarzwald-Kurorts Todtmoos konnte vor Gericht einen wichtigen Erfolg im Kampf um gleiche Bezahlung erzielen. Das Verwaltungsgericht Freiburg entschied, dass die Gemeinde ihr über 36.500 Euro Schadenersatz sowie 7.000 Euro Entschädigung zahlen muss. Der Fall zeigt die Bedeutung von objektiven Eingruppierungen im öffentlichen Dienst und unterstreicht, wie das Entgelttransparenzgesetz Frauen dabei unterstützt, ungleiche Bezahlung aufzudecken und einzufordern. In diesem Fall wurden sowohl ihre Vorgänger als auch ihr Nachfolger von Anfang an in die jeweils höhere Besoldungsstufe eingestuft.
So denken Beschäftigte über Gehaltstransparenz
Der Gehaltsreport 2026 von Michael Page zeigt: 58 % der Beschäftigten in Deutschland empfinden ihr Gehalt als zu wenig transparent. Das bestätigt auch die aktuelle Talent-Trends-Studie der PageGroup. Gleichzeitig wächst das Bedürfnis nach mehr Klarheit. Die Auswertung von über 120 Jobprofilen bietet Arbeitgebern und Fachkräften eine wertvolle Orientierung – über verschiedene Branchen hinweg, von Banking & Financial Services über IT und Engineering bis zu Healthcare sowie Sales & Marketing.
„Transparenz wird zum neuen Maßstab für Fairness und Wertschätzung am Arbeitsplatz. Für Unternehmen ist es die Chance, Vertrauen aufzubauen und eine Kultur zu fördern, in der Gehalt kein Reizthema mehr ist, sondern ein selbstverständlicher Bestandteil der Karriereplanung“, erklärt Michael Baier, Senior Managing Director Germany & Austria bei Michael Page.
Führungskräfte im Fokus: Gehaltsfragen als Herausforderung
Für Führungskräfte, besonders im mittleren Management, bringt die Gesetzesänderung neue Herausforderungen. Mitarbeitende fragen immer häufiger kritisch nach: Welche Gehaltsspannen gelten für die jeweilige Position? Warum verdienen Kollegen unterschiedlich? Und wie klar und nachvollziehbar sind Beförderungen und Karrierewege? Unternehmen, die hier frühzeitig Transparenz schaffen, gewinnen das Vertrauen und die Loyalität ihrer Teams.
„Die neue Transparenz ist mehr als eine regulatorische Pflicht – sie verändert die Unternehmenskultur. Mehr als die Hälfte der Deutschen fordert mehr Offenheit beim Entgelt, wie unsere Talent Trends-Studie zeigt. Wer Gehalt offen thematisiert, schafft Vertrauen und positioniert sich im Wettbewerb um Talente klar im Vorteil“, sagt Michael Baier.
Ein Beitrag von: