Hochleistungsprozesse als Schlüssel zu einer resilienten und nachhaltigen Produktion
Angesichts geopolitischer Spannungen, ökologischer Transformationen und ökonomischer Unsicherheiten steht die Produktionstechnik an einem entscheidenden Wendepunkt. Steigende Energiekosten, unterbrochene Lieferketten und der zunehmende Druck zu nachhaltigem Wirtschaften erfordern von der Industrie nicht nur Effizienz, sondern auch Flexibilität, Innovationskraft sowie digitale Intelligenz. Produktionssysteme müssen daher in Zukunft hochproduktiv, ressourceneffizient und robust gegenüber Störungen gestaltet sein.

Diese Herausforderungen bieten jedoch auch die Chance, Fertigungsprozesse neu zu denken. Hochleistungsprozesse, unterstützt durch Digitalisierung, Simulation und Automatisierung, bilden die Grundlage eines innovativen Produktionsumfelds, das diesen Herausforderungen gerecht werden kann. Diese Ausgabe widmet sich dem dargestellten Wandel und zeigt, wie innovative Lösungen entlang ganzer Wertschöpfungsketten unterschiedlicher Branchen konkrete Fortschritte ermöglichen.
Ein grundlegender Hebel zur Verbesserung der Ressourceneffizienz und Produktivität umfasst die Reduktion von Produktionsausschuss. Besonders deutlich wird dies in der Batteriezellenproduktion, wo durch den Einsatz von Simulationen und Sensorik im Kalandrierprozess fehlerhafte Strukturen frühzeitig erkannt und vermieden werden können. Die Effizienzsteigerung in diesem für die Energiewende zentralen Industriezweig leistet damit einen bedeutenden Beitrag zur nachhaltigen Transformation unserer Energiesysteme.
Darüber hinaus eröffnet die additive Fertigung neue Möglichkeiten in der Bauteilgestaltung und Prozessintegration. Mit zunehmendem Verständnis komplexer Wirkmechanismen, wie beispielsweise beim Laser-Sintern endlosfaserverstärkter Kunststoffe oder beim pulverbettbasierten Laserstrahlschmelzen hochtemperaturbeständiger Werkstoffe, werden auch innovative Prozesse skalierbar. Moderne Nachbearbeitungsverfahren, wie das rückstandsfreie Hochdruckstrahlen mit flüssigem CO2, sorgen dabei für die nötige Bauteilqualität und Prozesssicherheit, besonders bei pulverbasierten Verfahren.
Gleichzeitig bleibt auch die Weiterentwicklung konventioneller Verfahren essenziell: intelligente Überwachungs- und Steuerungssysteme erlauben heute eine präzise Analyse und Optimierung etablierter Prozesse wie dem Fräsen oder Gleitschleifen. Selbstlernende Modelle und simulationsgestützte Ansätze tragen hier maßgeblich zur Qualitätssteigerung und Effizienz in variantenreichen Produktionsumgebungen bei.
Ergänzend dazu gewinnen adaptive Systeme zunehmend an Bedeutung. Insbesondere dort, wo konventionelle Technik an ihre Grenzen stößt oder spezifisches Fachwissen nicht dauerhaft verfügbar ist. In diesem Rahmen kommen vermehrt Assistenzsysteme zum Einsatz, die beispielsweise bei der Maschinenabnahme oder Parametereinstellung unterstützen. Die gezielte Entlastung des Fachpersonals durch Digitalisierungs- und Automatisierungsansätze kann die Prozessqualität steigern, den Bedieneraufwand reduzieren und damit die Systemrobustheit verbessern.
Es zeigt sich, dass der Einsatz interdisziplinärer Methoden sowie digitaler und intelligenter Werkzeuge der Produktionstechnik neue Perspektiven eröffnet. Das Zusammenspiel aus tiefgreifendem Prozesswissen und der Digitalisierung und Automatisierung kann neue Standards setzen und die Produktion nachhaltig transformieren. Technologische Exzellenz wird dabei zur notwendigen Antwort auf die gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen.

Prof. Dr.-Ing. Jürgen Fleischer
ist Institutsleiter Maschinen, Anlagen und Prozessautomatisierung am wbk Institut für Produktionstechnik des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). Foto: wbk / KIT