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Editorial der Ausgabe 5-2025 01.07.2025, 11:31 Uhr

Hochleistungsprozesse als Schlüssel zu einer resilienten und nachhaltigen Produktion

Angesichts geopolitischer Spannungen, ökologischer Transformationen und ökonomischer Unsicherheiten steht die Produktionstechnik an einem entscheidenden Wendepunkt. Steigende Energiekosten, unterbrochene Lieferketten und der zunehmende Druck zu nachhaltigem Wirtschaften erfordern von der Industrie nicht nur Effizienz, sondern auch Flexibilität, Innovationskraft sowie digitale Intelligenz. Produktionssysteme müssen daher in Zukunft hochproduktiv, ressourceneffizient und robust gegenüber Störungen gestaltet sein.

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Diese Herausforderungen bieten jedoch auch die Chance, Fertigungsprozesse neu zu denken. Hoch­leistungsprozesse, unterstützt durch Digitalisierung, Simulation und Automatisierung, bilden die Grund­lage eines innovativen Produktions­umfelds, das diesen Herausforderungen gerecht werden kann. Diese Ausgabe widmet sich dem dar­gestellten Wandel und zeigt, wie innovative Lösungen entlang ganzer Wertschöpfungsketten unterschiedlicher Branchen konkrete Fortschritte ermöglichen.

Ein grundlegender Hebel zur Verbesserung der Ressourceneffizienz und Produktivität umfasst die Reduktion von Produktionsausschuss. Besonders deutlich wird dies in der Batteriezellenproduktion, wo durch den Einsatz von Simulationen und Sensorik im Kalandrierprozess fehlerhafte Strukturen frühzeitig erkannt und vermieden werden können. Die Effizienzsteigerung in diesem für die Energiewende zentralen Industriezweig leistet damit einen bedeutenden Beitrag zur nachhaltigen Transformation unserer Energiesysteme.

Darüber hinaus eröffnet die additive Fertigung neue Möglichkeiten in der Bauteilgestaltung und Prozessintegration. Mit zunehmendem Verständnis komplexer Wirkmechanismen, wie beispielsweise beim Laser-Sintern endlosfaserverstärkter Kunststoffe oder beim pulverbett­basierten Laserstrahlschmelzen hochtemperatur­beständiger Werkstoffe, werden auch innovative Prozesse skalierbar. Moderne Nach­bearbeitungsverfahren, wie das rück­standsfreie Hochdruckstrahlen mit flüssigem CO2, sorgen dabei für die nötige Bauteilqualität und Prozesssicherheit, besonders bei pulverbasierten Verfahren.

Gleichzeitig bleibt auch die Weiterentwicklung konventioneller Verfahren essenziell: intelligente Überwachungs- und Steuerungssysteme erlauben heute eine präzise Analyse und Optimierung etablierter Prozesse wie dem Fräsen oder Gleitschleifen. Selbstlernende Modelle und simulationsgestützte Ansätze tragen hier maßgeblich zur Qualitätssteigerung und Effizienz in varianten­reichen Produktionsumgebungen bei.

Ergänzend dazu gewinnen adaptive Systeme zunehmend an Bedeutung. Insbesondere dort, wo konventionelle Technik an ihre Grenzen stößt oder spezifisches Fachwissen nicht dauerhaft verfügbar ist. In diesem Rahmen kommen vermehrt Assistenzsysteme zum Einsatz, die beispielsweise bei der Maschinen­abnahme oder Parametereinstellung unterstützen. Die gezielte Ent­lastung des Fachpersonals durch Digitalisierungs- und Automatisierungsansätze kann die Prozess­qualität steigern, den Bediener­aufwand reduzieren und damit die System­robustheit verbessern.

Es zeigt sich, dass der Einsatz interdisziplinärer Methoden sowie digitaler und intelligenter Werk­zeuge der Produktionstechnik neue Perspektiven eröffnet. Das Zusammenspiel aus tiefgreifendem Prozesswissen und der Digitalisierung und Automatisierung kann neue Standards setzen und die Produktion nachhaltig transformieren. Technologische Exzellenz wird dabei zur notwendigen Antwort auf die gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen.

Von J. Fleischer
Prof. Dr.-Ing. Jürgen Fleischer

Prof. Dr.-Ing. Jürgen Fleischer
ist Institutsleiter Maschinen, Anlagen und Prozessautomatisierung am wbk Institut für Produktionstechnik des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). Foto: wbk / KIT

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