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Lagerverwaltung 02.05.2023, 19:09 Uhr

So wird das Warenlager zum wertvollen Part der Supply Chain

Wie lässt sich ein Lager vom notwendigen Kostenfaktor zu einem proaktiven oder sogar wertschöpfenden Glied der Supply Chain umgestalten? Indem Lagerverwaltungsplattformen auf Basis von Vernetzung und IoT die Komplexität einfangen und Transparenz schaffen. Doch dafür ist ein neues Mindset nötig.

Je besser das Lager organisiert ist, desto eher sind Unternehmen in der Lage, Aufträge und Transporte kostensparend zusammenzufassen und können so Ladefenster, Verladekapazitäten und Transportaufwendungen einsparen. Foto: PantherMedia / Wei Zhang

Je besser das Lager organisiert ist, desto eher sind Unternehmen in der Lage, Aufträge und Transporte kostensparend zusammenzufassen und können so Ladefenster, Verladekapazitäten und Transportaufwendungen einsparen.

Foto: PantherMedia / Wei Zhang

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Ein Lager bewegt sich immer in einem Spannungsfeld zwischen einem dynamischen Prozess mit vielen Prozessvarianten und vielen Bedürfnissen, um die Waren zum jeweils richtigen Zeitpunkt bereitzustellen. Verzögerungen wirken sich im Folgeprozess aus und je stärker eine Supply Chain verzahnt sein soll, desto wichtiger ist es, dass die benötigten Komponenten für die einzelnen Schritte im Lager wie geplant zur Verfügung stehen. Die Prozesse müssen also einerseits robust bleiben. Andererseits muss die dafür genutzte IT-Lösung für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen einfach bedienbar sein.

Eine Lagerverwaltungsplattform muss also hochkomplexe, durchgängige Abläufe abbilden. Darüber hinaus sollten auch die Unterstützungsprozesse integriert werden, um bedarfsgerecht das Sortiment über Einkauf und Zulauf zu steuern. Dazu gehören auch Inventur und Nachschubsteuerung. Im Optimalfall haben diese Prozesse keinen Einfluss auf das operative Business: Das Inventarisieren passiert also im Betrieb und Nachschübe werden so kalkuliert, dass der Durchlauf gesichert ist.

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Im Warenlager gilt: Zeit ist Geld

Ebenso kommt es auf die strukturierte Einlagerung an, um bei der Kommissionierung das Optimum zu erreichen. Sind schnelldrehende Waren zum Beispiel falsch eingelagert, braucht es bei jedem Pick deutlich mehr Zeit. Um einen möglichst effizienten Pick-Prozess zu erreichen, helfen klassische statische Kriterien, Vergleichswerte aus der Vergangenheit, aber auch zunehmend intelligente Algorithmen, die auf Machine Learning basieren, dabei festzulegen, wo welches Material eingelagert wird.

Besonders wichtig sind die Einbindung von Materialflusssystemen und komplexen Hochregallagersystemen in durchgängige Prozesse. Durch eine direkte Integration gelingt die Vernetzung bis hinunter auf die Antriebs- und Prozessebene. So kann deutlich flexibler auf veränderte Auftragslagen, Ausnahmen und neue Strategien reagiert werden – beispielsweise, indem in betriebsschwachen Zeiten Lageroptimierungen vorgenommen werden. Darüber hinaus ermöglicht die direkte Integration eine Verschlankung der Systemlandschaft, indem zwischengelagerte Systeme entfallen.

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IoT und RFID setzen im Warenlager neue Transparenzstandards

Wenn das Lager einen höheren Wertbeitrag leisten soll, ist Kostensenkung durch Optimierung von Platz und Durchlaufzeiten das Gebot der Stunde. Dafür ist die Integration von Live- und Zulaufdaten entscheidend: Wo befindet sich der LKW, der Ware bringen oder abholen soll, aktuell? Wo sind die Kisten, die verladen werden sollen, ohne dass der LKW warten muss? Jede Bewegung, die zu langsam funktioniert, kostet Geld. IoT-Technologie ermöglicht heute Echtzeittransparenz. Durch eine bessere Lagerplanung lassen sich Einsparungen im Bereich von 30 bis 50 % bei der Ausführung erzielen, abhängig vom jeweiligen Szenario.

Vernetzung ist grundsätzlich ein wichtiger Aspekt für die Lageroptimierung: Besonders eignet sich dafür RFID-Technologie, da die Transponder mittlerweile deutlich günstiger geworden sind. Wird die Technologie durchgängig und sauber genutzt, dann lässt sich das Arbeitsmanagement erheblich flexibilisieren. Aufträge werden dann automatisiert an verschiedenste Handhelds verteilt, sodass die Mitarbeitenden gleich loslegen können, statt auf Papierunterlagen zu warten. RFID macht manuelle Eingriffe obsolet, sorgt für mehr Effizienz und durch das lückenlose Tracking gehen weniger Waren verloren. Zugleich kann das System mit den Echtzeitdaten auf bestimmte Zustände sehr rasch automatisiert reagieren – schneller als ein Mensch: So lässt sich beispielsweise erkennen, dass eine sehr hohe Auslastung in einem Teil des Lagers herrscht, um dafür Personal aus einem anderen Bereich herüberzuziehen.

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Nachhaltigkeit und neue Mehrwert-Services im Warenlager

Je besser das Lager organisiert ist, desto eher sind Unternehmen in der Lage, Aufträge und Transporte kostensparend zusammenzufassen und können so Ladefenster, Verladekapazitäten und Transportaufwendungen einsparen. Indem Aufträge so zusammengefasst werden, dass der LKW geschickt aufgefüllt wird (Tendering), kann eine Ersparnis von 30 bis 40 % der Frachtkosten erzielt werden. Vor allem aber lässt sich hier ein Schritt zu deutlich mehr Nachhaltigkeit gehen – ein Thema, das in den nächsten Jahren weiter an Relevanz gewinnen wird.

Durch die Digitalisierung gelingt es zudem, das Lagermanagement zum Enabler für Folgeprozesse weiterzuentwickeln und Mehrwerte zu bieten. Typische Value Added Services sind zum Beispiel Veredelungs- und Montagetätigkeiten auf dem Werksgelände oder direkt im Lager. Einige Unternehmen nutzen Cobots, um einfache Assemblierungsaufgaben im Logistikumfeld vorzunehmen. Auch die exakte Dokumentation von Packvorschriften oder Rückverfolgbarkeit, deren Bedeutung in den letzten Jahren massiv zugenommen hat, helfen Unternehmen dabei, ihr Service-Level gegenüber ihren Kunden zu erhöhen – eine klassische Win-Win-Situation.

Von Matthias Kraus, Consulting Director SAP EWM bei der leogistics GmbH