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Weltraumforschung 09.11.2022, 09:40 Uhr

High-Performance-Keramik für „New Space“-Anwendungen

Der Weltraum stellt extreme Anforderungen an Präzision und Zuverlässigkeit – dies betrifft auch die Werkstofftechnik. Ein weltweit führender High-Performance-Keramik-Spezialist präsentiert seine Werkstoffe und Produkte für diesen anspruchsvollen Bereich in Bremen auf der „Space Tech Expo“.

Keramik im Weltraum: Aufgrund ihrer besonderen Eigenschaftskombination eignen sich Bauteile aus diesem Werkstoff besonders für den Einsatz unter extremen Bedingungen. Grafik: Kyocera

Keramik im Weltraum: Aufgrund ihrer besonderen Eigenschaftskombination eignen sich Bauteile aus diesem Werkstoff besonders für den Einsatz unter extremen Bedingungen. Grafik: Kyocera

Die Space Tech Expo 2022 findet vom 15. bis zum 17. November 2022 statt. Zum fünften Mal in Folge ist die Messe Bremen Gastgeberin für dieses dreitägige Branchenevent. Die Veranstaltung gilt als wichtigste europäische B2B-Ausstellung und Konferenz der Raumfahrtbranche. Vorgestellt werden die neuesten Entwicklungen aus den Bereichen Systeme, Komponenten und Fertigungslösungen rund um die Raumfahrt. Erwartet werden mehrere Tausend Fachbesucher:innen aus Industrie und Forschung. Die Liste der Referierenden des begleitenden Kongresses ist ein „Who‘s who“ internationaler Raumfahrtunternehmen.

High-Performance-Materialien – effizient und vielfältig

Der Multitechnologiekonzern Kyocera aus Kyoto/J und mit deutschem Stammsitz in Neuss setzt den Fokus bei seinem Messeauftritt auf Keramik-Technologien für Anwendungen im Bereich „New Space“. Es handelt sich dabei um den besonders innovativen Sektor der Luftfahrtindustrie, der extreme Herausforderungen an bestehende Materialien und industrielle Lieferketten stellt. Anwendungen in diesem Bereich erfordern besonders kompakte Lösungen, die gleichzeitig verbesserte Eigenschaften und Funktionalitäten bieten.

Kameragehäuse aus „F99.7“ für die Luft- und Raumfahrtindustrie: Die eigene 5-achsige und durch Ultraschallverfahren unterstützte CNC-Bearbeitung ermöglicht die Herstellung komplexer Komponenten (links). Rechts ist ein Isolator für Ionenstrahltriebwerke aus dem gleichen Aluminiumoxidmaterial zu sehen.

Foto: Kyocera

Beispielsweise machen diese Entwicklungen die nächste Generation von Satelliten, Antriebssystemen und weiteren Komponenten und Systemen für den Einsatz im Weltraum überhaupt erst möglich. Geringes Gewicht und hohe Korrosionsbeständigkeit in Verbindung mit hoher mechanischer Festigkeit machen Keramikwerkstoffe perfekt geeignet für Weltraumanwendungen – somit lassen sich spezifische Lösungen entwickeln.

Extrem dehnungsarme Keramikvariante

Einschlägige keramische Materialien wie „Cordierit“ sind ideal geeignet für Einsätze in Raumfahrt sowie Astronomie und sorgen für kleinere, kompaktere und leichtere Elemente. Cordierit ist ein Keramikmaterial mit besonders niedriger Wärmeausdehnung, das vor über zwei Jahrzehnten entwickelt wurde und dessen Eigenschaften seitdem ständig verbessert wurden. Zu den wichtigsten Merkmalen gehören:

  • Minimale Temperaturverformung durch die einzigartige Materialzusammensetzung mit extrem niedriger Wärmeausdehnung.
  • Circa 70 Prozent Gewichtsreduktion im Vergleich zu Glas und anderen konkurrierenden Materialien.
  • Besonders niedriger Wärmeausdehnungskoeffizienten (WAK) bei einer schlanken und hochsteifen Rippenstruktur.
  • Kurze Verarbeitungszeit auch bei komplexen Konstruktionen durch gute Zerspanbarkeit.

Das Bild zeigt als Anwendung Konstruktionsteile aus Keramik für Satelliten.

Konstruktionsteile aus Keramik werden beispielsweise für den Einsatz in Satelliten verwendet. Grafik: Kyocera

Siliziuminfiltriertes Siliziumkarbid

Das patentierte Silizium-infiltrierte Siliziumkarbid (SiSiC) wiederum bietet überzeugende Festigkeit für Konstruktionen mit Hohlraum-Strukturen, wie etwa Kühlkanäle oder andere hochbelastete Komponenten. Die firmeneigene Füge- und Fertigungstechnologie in Kombination mit den speziellen „StarCeram“-Werkstoffen ermöglicht somit hochpräzise Bauteile, die sich durch ihre einzigartigen Konstruktionsmerkmale auszeichnen:

  • verborgene Innenhohlräume (z. B. Kühlkanäle),
  • komplexe und fein detaillierte Strukturen unter einem Millimeter,
  • monolithische großformatige Teile bis zu 950 mm x 950 mm x 650 mm und größer mithilfe von eigenen Fügetechnologien,
  • hochfeste, extrem steife und zuverlässige Komponenten mit minimalem Gewicht,
  • Fügebereiche mit identischen Materialeigenschaften wie E-Modul und Festigkeit

Zu den besonderen Eigenschaften zählen geschlossene Poren für Anforderungen an die Wasser- und Gasdichtigkeit, eine hochgradige Reinheit durch Verwendung von Ausgangsstoffen in Halbleiterqualität sowie das extrem homogene Material auch bei großformatigen Teilen.

Zudem verfügt der japanische Spezialist über umfangreiche Expertise im Bereich von Oxidkeramiken. Diese werden beispielsweise in Triebwerken eingesetzt. Außerdem liegt viel Know-how für die Kombination von Keramik- und Metall-Baugruppen, zum Beispiel für Ultravakuum-Anwendungen, vor.

Perfekte Eigenschaften für die anspruchsvolle Umgebung Weltraum

Gerade in der extremen Umgebung des Weltraums, die höchste Präzision und Zuverlässigkeit erfordert, stellen die angebotenen High-Performance-Keramikprodukte ihre einzigartigen Eigenschaften unter Beweis. Verglichen mit anderen Materialien wie Metall oder Glas bewährt sich Keramik beispielsweise durch hohe elektrische Isolationsfähigkeit, hohe Toleranz gegen extreme Temperaturen und schnelle Temperaturwechsel, chemische Widerstandsfähigkeit, geringe Abnutzung sowie hohe mechanische Stabilität.

Ein Anwendungsbeispiel ist das „Subaru-Teleskop“ – ein 8,2 Meter langes optisches Infrarot-Teleskop, das vom National Astronomical Observatory of Japan (NAOJ) betrieben wird und sich auf dem Mauna Kea Observatorium auf Hawaii befindet. Als die Einrichtung in 2012 die neue „Hyper Suprime-Cam (HSC)“-Super-Weitwinkelkamera in das Teleskop einbaute, gab es zwei Konstruktionsanforderungen an die adaptive Optik. Eine bestand darin, eine größere Objektivblende zu realisieren und die andere, das Objektiv leichter zu machen.

Das Cordierit der Sorte „CO720“ von Kyocera wurde als das Material ausgewählt, das die beiden an die Objektivstütze gestellten Konstruktionsanforderungen am besten erfüllt. Die überlegenen Eigenschaften erlaubten eine schlanke Konstruktion mit ausreichender Materialstärke und Steifigkeit, um die Objektivstütze zu tragen, und gewährleisten eine minimale Verformung durch Temperaturschwankungen. Die Feinkeramik-Technologie unterstützt somit die Weltraumbeobachtung in 13 Milliarden Lichtjahren Entfernung.

Allround-Materialien für alle Bereiche

Kyocera ist weltweit in vielen Bereichen aktiv. Mit den hoch entwickelten Werkstoffen entstehen zuverlässige Produkte sowohl für die wichtigsten globalen Industrien als auch für Endverbraucher.

Eine Sonderanfertigung ist diese Komponente zur Überwachung der Strahlposition.

Foto: Kyocera

Die Keramik-Komponenten lassen sich in vielen Einsatzbereichen nutzen – dazu zählen Anwendungen in der Luftfahrtbranche, Lösungen für die industrielle Produktion, medizintechnische Geräte sowie Komponenten für die Automobilindustrie. Dazu bietet das Unternehmen über 200 verschiedene Zusammensetzungen von Keramiken wie Aluminiumoxid, Zirkonoxid, Cordierit, Aluminiumnitrid, Cermet, Mullit, Saphir, Siliziumkarbide, Siliziumnitrid, Aluminiumtitanat, Yttriumoxid und viele weitere an.

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Von Kyocera / Birgit Etmanski